Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.in den Jahren 1772 bis 1775. Die Schminken sind blos fürs Gesicht, und bestehen entweder aus rother1774.August. Ocker-Erde, oder aus weißem Kalk, oder aus einer schwarzen, wie Bley- stift glänzenden Farbe. Diese werden mit Cocos-Oehl angemacht, und in schrägen, 2 bis 3 Zoll breiten Streifen aufgetragen. Die weiße Schmin- ke ist nicht viel im Gebrauch, die rothe und die schwarze hingegen desto häu- figer, und mit jeder findet man oft das halbe Gesicht bedeckt. Das Aufri- tzen der Haut geschiehet vorzüglich am Obertheil des Arms, und auf dem Bau- che, und vertritt die Stelle des Punktirens oder Tättowirens, welches unter den Bewohnern Neu-Seelands, Oster-Eylands, der freundschaftlichen, der Societäts- und der Marquesas-Inseln, (als welche sämmtlich von helle- rer Leibesfarbe sind,) eingeführet ist. Die Tanneser nehmen ein Bamburohr oder eine scharfe Muschel zu dieser Operation; mit einem oder dem andern ma- chen sie, nach allerhand willkührlichen Zeichnungen, ziemlich tiefe Einschnitte in die haut, und legen alsdenn ein besonderes Kraut drauf, welches die Ei- genschaft hat, beym Heilen, eine erhabne Narbe zuwege zu bringen. Diese Narben, auf welche sich die guten Leute nicht wenig einbilden, stellen Blumen oder andre seltsame Figuren vor. Die Methode dergleichen mit einem spi- tzigen Instrument in die Haut zu punktiren, scheint hier gänzlich unbekannt zu seyn, wenigstens habe ich nur einen einzigen Mann angetroffen, der eine solche, nach tahitischer Manier tättowirte Figur auf der Brust hatte. Die Waffen der Tanneser, ohne welche sie sich niemals sehen lassen, E e 2
in den Jahren 1772 bis 1775. Die Schminken ſind blos fuͤrs Geſicht, und beſtehen entweder aus rother1774.Auguſt. Ocker-Erde, oder aus weißem Kalk, oder aus einer ſchwarzen, wie Bley- ſtift glaͤnzenden Farbe. Dieſe werden mit Cocos-Oehl angemacht, und in ſchraͤgen, 2 bis 3 Zoll breiten Streifen aufgetragen. Die weiße Schmin- ke iſt nicht viel im Gebrauch, die rothe und die ſchwarze hingegen deſto haͤu- figer, und mit jeder findet man oft das halbe Geſicht bedeckt. Das Aufri- tzen der Haut geſchiehet vorzuͤglich am Obertheil des Arms, und auf dem Bau- che, und vertritt die Stelle des Punktirens oder Taͤttowirens, welches unter den Bewohnern Neu-Seelands, Oſter-Eylands, der freundſchaftlichen, der Societaͤts- und der Marqueſas-Inſeln, (als welche ſaͤmmtlich von helle- rer Leibesfarbe ſind,) eingefuͤhret iſt. Die Tanneſer nehmen ein Bamburohr oder eine ſcharfe Muſchel zu dieſer Operation; mit einem oder dem andern ma- chen ſie, nach allerhand willkuͤhrlichen Zeichnungen, ziemlich tiefe Einſchnitte in die haut, und legen alsdenn ein beſonderes Kraut drauf, welches die Ei- genſchaft hat, beym Heilen, eine erhabne Narbe zuwege zu bringen. Dieſe Narben, auf welche ſich die guten Leute nicht wenig einbilden, ſtellen Blumen oder andre ſeltſame Figuren vor. Die Methode dergleichen mit einem ſpi- tzigen Inſtrument in die Haut zu punktiren, ſcheint hier gaͤnzlich unbekannt zu ſeyn, wenigſtens habe ich nur einen einzigen Mann angetroffen, der eine ſolche, nach tahitiſcher Manier taͤttowirte Figur auf der Bruſt hatte. Die Waffen der Tanneſer, ohne welche ſie ſich niemals ſehen laſſen, E e 2
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in den Jahren 1772 bis 1775.
Die Schminken ſind blos fuͤrs Geſicht, und beſtehen entweder aus rother
Ocker-Erde, oder aus weißem Kalk, oder aus einer ſchwarzen, wie Bley-
ſtift glaͤnzenden Farbe. Dieſe werden mit Cocos-Oehl angemacht, und in
ſchraͤgen, 2 bis 3 Zoll breiten Streifen aufgetragen. Die weiße Schmin-
ke iſt nicht viel im Gebrauch, die rothe und die ſchwarze hingegen deſto haͤu-
figer, und mit jeder findet man oft das halbe Geſicht bedeckt. Das Aufri-
tzen der Haut geſchiehet vorzuͤglich am Obertheil des Arms, und auf dem Bau-
che, und vertritt die Stelle des Punktirens oder Taͤttowirens, welches unter den
Bewohnern Neu-Seelands, Oſter-Eylands, der freundſchaftlichen, der
Societaͤts- und der Marqueſas-Inſeln, (als welche ſaͤmmtlich von helle-
rer Leibesfarbe ſind,) eingefuͤhret iſt. Die Tanneſer nehmen ein Bamburohr
oder eine ſcharfe Muſchel zu dieſer Operation; mit einem oder dem andern ma-
chen ſie, nach allerhand willkuͤhrlichen Zeichnungen, ziemlich tiefe Einſchnitte
in die haut, und legen alsdenn ein beſonderes Kraut drauf, welches die Ei-
genſchaft hat, beym Heilen, eine erhabne Narbe zuwege zu bringen. Dieſe
Narben, auf welche ſich die guten Leute nicht wenig einbilden, ſtellen Blumen
oder andre ſeltſame Figuren vor. Die Methode dergleichen mit einem ſpi-
tzigen Inſtrument in die Haut zu punktiren, ſcheint hier gaͤnzlich unbekannt
zu ſeyn, wenigſtens habe ich nur einen einzigen Mann angetroffen, der eine
ſolche, nach tahitiſcher Manier taͤttowirte Figur auf der Bruſt hatte.
1774.
Auguſt.
Die Waffen der Tanneſer, ohne welche ſie ſich niemals ſehen laſſen,
beſtehen in Bogen und Pfeilen, in Keulen, Wurfſpießen oder Speeren, und
in Schleudern. Auf den Bogen und die Schleuder verſtehen ſich die jungen
Leute am beſten, die Aelteren hingegen wiſſen den Speer und die Streitkolbe
vorzuͤglich gut zu fuͤhren. Die Bogen ſind ſehr ſtark, vom ſchoͤnſten elaſti-
ſchen Caſuarina-Holz gemacht und treflich geglaͤttet, werden auch vermuthlich
von Zeit zu Zeit mit Oel eingeſchmiert, damit ſie ſtets glaͤnzend und biegſam
bleiben. Die Pfeile beſtehen aus einem beynahe vier Fuß langen Rohrſtab,
und die Spitze aus eben der Art von ſchwarzem Holze, welche von den Mallico-
leſern zu gleichem Endzweck gebraucht wird. Doch ſind die Spitzen hier anders
geformt als dort, nemlich dreyeckigt, zum Theil uͤber zwoͤlf Zoll lang, und auf
zwo, oftmals auch auf allen drey Seiten eingekerbt, oder mit Widerhaken verſe-
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