Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1774.
August.
nes Erachtens hatten sich die Einwohner, auf den ersten Lerm, den unsre Anhe-
rokunft veranlaßte, von allen Enden und Orten hier am Haven versammlet, um
nöthigen Falls ihre Insel mit vereinten Kräften vertheidigen zu können. Ehe
sichs entschied ob wir Freunde oder Feinde wären, blieb der ganze Trupp bey-
sammen, und die von fern gekommen, mußten diese Zeit über, des Nachts, in
den Wäldern campiren. Jetzt aber, da sie von uns nichts mehr befürchten
mochten, gieng ein jeder wieder nach seiner Heimath zurück. Diese Mey-
nung war auch um deswillen wahrscheinlich, weil hier herum nirgends als
gegen die östliche Landspitze hin, und selbst dort nur einige wenige Wohnhütten
standen. Wir suchten ihrem Mistrauen gegen uns bey allen Gelegenheiten zu
steuern, und da würkte nichts augenscheinlicher, als wenn wir ihnen an den
Fingern vorzählten, daß wir uns nur eine gewisse Anzahl von Tagen allhier auf-
zuhalten gedächten. Bey ihrer heutigen zahlreichen Wanderung hatte man un-
ter andern bemerkt, daß alle die, welche Bündel trugen, Weibsleute waren,
indeß die Männer, ohne alle Bürde gemächlich neben her giengen. Aus die-
sem einzigen Umstande läßt sich schon abnehmen, daß die Tanneser noch nicht so
civilisirt sind, als die Bewohner der Societäts- und freundschaftlichen Inseln,
denn es zeigt immer eine rohe und ungebildete Nation an, wenn die Män-
ner hart mit den Weibern umgehen, und ihnen die niedrigsten und
schwersten Arbeiten auflegen. -- Daß die Eingebohrnen würklich von hier
weg, und nach andern Gegenden der Insel hingewandert seyn mußten, spürte
man auch dadurch, daß jetzt nur sehr wenige am Strande zu sehen wa-
ren. Wir glaubten daher die Ebene hinter dem Wasserplatz ganz un-
besorgt, durchstreichen zu dürfen, und fanden auf derselben mehrere große
Pfützen darinn Arum-Wurzeln angepflanzt waren; auch trafen wir
ganze Wälder von Cocos-Palmen an, in welchen man aber, des
überall verwachsenen Gesträuches wegen, fast nirgends fortkommen konnte.
Eine Menge von Vögeln machte es in diesem Gehölz sehr lebhast, vornemlich
bemerkten wir Fliegenschnapper, Spechte (creepers) und Papagoyen.
Auch gab es hier eine Art großer Nußbäume (*), die uns schon von Tahiti

aus
(*) Inocarpus von uns benannt, Siehe Forsteri nova genera plantarnm &c. &c cum 76. tabb.
an.
gr. 4. Berolini 1776. 8 thlr.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Auguſt.
nes Erachtens hatten ſich die Einwohner, auf den erſten Lerm, den unſre Anhe-
rokunft veranlaßte, von allen Enden und Orten hier am Haven verſammlet, um
noͤthigen Falls ihre Inſel mit vereinten Kraͤften vertheidigen zu koͤnnen. Ehe
ſichs entſchied ob wir Freunde oder Feinde waͤren, blieb der ganze Trupp bey-
ſammen, und die von fern gekommen, mußten dieſe Zeit uͤber, des Nachts, in
den Waͤldern campiren. Jetzt aber, da ſie von uns nichts mehr befuͤrchten
mochten, gieng ein jeder wieder nach ſeiner Heimath zuruͤck. Dieſe Mey-
nung war auch um deswillen wahrſcheinlich, weil hier herum nirgends als
gegen die oͤſtliche Landſpitze hin, und ſelbſt dort nur einige wenige Wohnhuͤtten
ſtanden. Wir ſuchten ihrem Mistrauen gegen uns bey allen Gelegenheiten zu
ſteuern, und da wuͤrkte nichts augenſcheinlicher, als wenn wir ihnen an den
Fingern vorzaͤhlten, daß wir uns nur eine gewiſſe Anzahl von Tagen allhier auf-
zuhalten gedaͤchten. Bey ihrer heutigen zahlreichen Wanderung hatte man un-
ter andern bemerkt, daß alle die, welche Buͤndel trugen, Weibsleute waren,
indeß die Maͤnner, ohne alle Buͤrde gemaͤchlich neben her giengen. Aus die-
ſem einzigen Umſtande laͤßt ſich ſchon abnehmen, daß die Tanneſer noch nicht ſo
civiliſirt ſind, als die Bewohner der Societaͤts- und freundſchaftlichen Inſeln,
denn es zeigt immer eine rohe und ungebildete Nation an, wenn die Maͤn-
ner hart mit den Weibern umgehen, und ihnen die niedrigſten und
ſchwerſten Arbeiten auflegen. — Daß die Eingebohrnen wuͤrklich von hier
weg, und nach andern Gegenden der Inſel hingewandert ſeyn mußten, ſpuͤrte
man auch dadurch, daß jetzt nur ſehr wenige am Strande zu ſehen wa-
ren. Wir glaubten daher die Ebene hinter dem Waſſerplatz ganz un-
beſorgt, durchſtreichen zu duͤrfen, und fanden auf derſelben mehrere große
Pfuͤtzen darinn Arum-Wurzeln angepflanzt waren; auch trafen wir
ganze Waͤlder von Cocos-Palmen an, in welchen man aber, des
uͤberall verwachſenen Geſtraͤuches wegen, faſt nirgends fortkommen konnte.
Eine Menge von Voͤgeln machte es in dieſem Gehoͤlz ſehr lebhaſt, vornemlich
bemerkten wir Fliegenſchnapper, Spechte (creepers) und Papagoyen.
Auch gab es hier eine Art großer Nußbaͤume (*), die uns ſchon von Tahiti

aus
(*) Inocarpus von uns benannt, Siehe Forſteri nova genera plantarnm &c. &c cum 76. tabb.
an.
gr. 4. Berolini 1776. 8 thlr.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0246" n="232"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/>
Augu&#x017F;t.</note>nes Erachtens hatten &#x017F;ich die Einwohner, auf den er&#x017F;ten Lerm, den un&#x017F;re Anhe-<lb/>
rokunft veranlaßte, von allen Enden und Orten hier am Haven ver&#x017F;ammlet, um<lb/>
no&#x0364;thigen Falls ihre In&#x017F;el mit vereinten Kra&#x0364;ften vertheidigen zu ko&#x0364;nnen. Ehe<lb/>
&#x017F;ichs ent&#x017F;chied ob wir Freunde oder Feinde wa&#x0364;ren, blieb der ganze Trupp bey-<lb/>
&#x017F;ammen, und die von fern gekommen, mußten die&#x017F;e Zeit u&#x0364;ber, des Nachts, in<lb/>
den Wa&#x0364;ldern campiren. Jetzt aber, da &#x017F;ie von uns nichts mehr befu&#x0364;rchten<lb/>
mochten, gieng ein jeder wieder nach &#x017F;einer Heimath zuru&#x0364;ck. Die&#x017F;e Mey-<lb/>
nung war auch um deswillen wahr&#x017F;cheinlich, weil hier herum nirgends als<lb/>
gegen die o&#x0364;&#x017F;tliche Land&#x017F;pitze hin, und &#x017F;elb&#x017F;t dort nur einige wenige Wohnhu&#x0364;tten<lb/>
&#x017F;tanden. Wir &#x017F;uchten ihrem Mistrauen gegen uns bey allen Gelegenheiten zu<lb/>
&#x017F;teuern, und da wu&#x0364;rkte nichts augen&#x017F;cheinlicher, als wenn wir ihnen an den<lb/>
Fingern vorza&#x0364;hlten, daß wir uns nur eine gewi&#x017F;&#x017F;e Anzahl von Tagen allhier auf-<lb/>
zuhalten geda&#x0364;chten. Bey ihrer heutigen zahlreichen Wanderung hatte man un-<lb/>
ter andern bemerkt, daß alle die, welche Bu&#x0364;ndel trugen, Weibsleute waren,<lb/>
indeß die Ma&#x0364;nner, ohne alle Bu&#x0364;rde gema&#x0364;chlich neben her giengen. Aus die-<lb/>
&#x017F;em einzigen Um&#x017F;tande la&#x0364;ßt &#x017F;ich &#x017F;chon abnehmen, daß die <hi rendition="#fr">Tanne&#x017F;er</hi> noch nicht &#x017F;o<lb/>
civili&#x017F;irt &#x017F;ind, als die Bewohner der <placeName full="abb"><hi rendition="#fr">Societa&#x0364;ts</hi>-</placeName> und <placeName><hi rendition="#fr">freund&#x017F;chaftlichen</hi> In&#x017F;eln</placeName>,<lb/>
denn es zeigt immer eine rohe und ungebildete Nation an, wenn die Ma&#x0364;n-<lb/>
ner hart mit den Weibern umgehen, und ihnen die niedrig&#x017F;ten und<lb/>
&#x017F;chwer&#x017F;ten Arbeiten auflegen. &#x2014; Daß die Eingebohrnen wu&#x0364;rklich von hier<lb/>
weg, und nach andern Gegenden der In&#x017F;el hingewandert &#x017F;eyn mußten, &#x017F;pu&#x0364;rte<lb/>
man auch dadurch, daß jetzt nur &#x017F;ehr wenige am Strande zu &#x017F;ehen wa-<lb/>
ren. Wir glaubten daher die Ebene hinter dem Wa&#x017F;&#x017F;erplatz ganz un-<lb/>
be&#x017F;orgt, durch&#x017F;treichen zu du&#x0364;rfen, und fanden auf der&#x017F;elben mehrere große<lb/>
Pfu&#x0364;tzen darinn <hi rendition="#fr">Arum</hi>-Wurzeln angepflanzt waren; auch trafen wir<lb/>
ganze Wa&#x0364;lder von <hi rendition="#fr">Cocos-Palmen</hi> an, in welchen man aber, des<lb/>
u&#x0364;berall verwach&#x017F;enen Ge&#x017F;tra&#x0364;uches wegen, fa&#x017F;t nirgends fortkommen konnte.<lb/>
Eine Menge von Vo&#x0364;geln machte es in die&#x017F;em Geho&#x0364;lz &#x017F;ehr lebha&#x017F;t, vornemlich<lb/>
bemerkten wir <hi rendition="#fr">Fliegen&#x017F;chnapper, Spechte</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">creepers</hi></hi>) und <hi rendition="#fr">Papagoyen</hi>.<lb/>
Auch gab es hier eine Art großer Nußba&#x0364;ume <note place="foot" n="(*)"><hi rendition="#aq">Inocarpus</hi> von uns benannt, Siehe <hi rendition="#aq"><persName>For&#x017F;teri</persName> nova genera plantarnm &amp;c. &amp;c <hi rendition="#i">cum 76. tabb.<lb/>
an.</hi> gr. 4. <placeName>Berolini</placeName> 1776. 8 thlr.</hi></note>, die uns &#x017F;chon von <hi rendition="#fr"><placeName>Tahiti</placeName></hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aus</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[232/0246] Forſter’s Reiſe um die Welt nes Erachtens hatten ſich die Einwohner, auf den erſten Lerm, den unſre Anhe- rokunft veranlaßte, von allen Enden und Orten hier am Haven verſammlet, um noͤthigen Falls ihre Inſel mit vereinten Kraͤften vertheidigen zu koͤnnen. Ehe ſichs entſchied ob wir Freunde oder Feinde waͤren, blieb der ganze Trupp bey- ſammen, und die von fern gekommen, mußten dieſe Zeit uͤber, des Nachts, in den Waͤldern campiren. Jetzt aber, da ſie von uns nichts mehr befuͤrchten mochten, gieng ein jeder wieder nach ſeiner Heimath zuruͤck. Dieſe Mey- nung war auch um deswillen wahrſcheinlich, weil hier herum nirgends als gegen die oͤſtliche Landſpitze hin, und ſelbſt dort nur einige wenige Wohnhuͤtten ſtanden. Wir ſuchten ihrem Mistrauen gegen uns bey allen Gelegenheiten zu ſteuern, und da wuͤrkte nichts augenſcheinlicher, als wenn wir ihnen an den Fingern vorzaͤhlten, daß wir uns nur eine gewiſſe Anzahl von Tagen allhier auf- zuhalten gedaͤchten. Bey ihrer heutigen zahlreichen Wanderung hatte man un- ter andern bemerkt, daß alle die, welche Buͤndel trugen, Weibsleute waren, indeß die Maͤnner, ohne alle Buͤrde gemaͤchlich neben her giengen. Aus die- ſem einzigen Umſtande laͤßt ſich ſchon abnehmen, daß die Tanneſer noch nicht ſo civiliſirt ſind, als die Bewohner der Societaͤts- und freundſchaftlichen Inſeln, denn es zeigt immer eine rohe und ungebildete Nation an, wenn die Maͤn- ner hart mit den Weibern umgehen, und ihnen die niedrigſten und ſchwerſten Arbeiten auflegen. — Daß die Eingebohrnen wuͤrklich von hier weg, und nach andern Gegenden der Inſel hingewandert ſeyn mußten, ſpuͤrte man auch dadurch, daß jetzt nur ſehr wenige am Strande zu ſehen wa- ren. Wir glaubten daher die Ebene hinter dem Waſſerplatz ganz un- beſorgt, durchſtreichen zu duͤrfen, und fanden auf derſelben mehrere große Pfuͤtzen darinn Arum-Wurzeln angepflanzt waren; auch trafen wir ganze Waͤlder von Cocos-Palmen an, in welchen man aber, des uͤberall verwachſenen Geſtraͤuches wegen, faſt nirgends fortkommen konnte. Eine Menge von Voͤgeln machte es in dieſem Gehoͤlz ſehr lebhaſt, vornemlich bemerkten wir Fliegenſchnapper, Spechte (creepers) und Papagoyen. Auch gab es hier eine Art großer Nußbaͤume (*), die uns ſchon von Tahiti aus 1774. Auguſt. (*) Inocarpus von uns benannt, Siehe Forſteri nova genera plantarnm &c. &c cum 76. tabb. an. gr. 4. Berolini 1776. 8 thlr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/246
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/246>, abgerufen am 21.11.2024.