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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
Septem-
ber.
tung ist, scheint heißen und dürren Ländern vorzüglich eigen zu seyn. Auf der
Malabarischen Küste, in Egypten, Palästina und Afrika ist er am häufigsten,
und eben diese Länder sind voller dürren, heißen Sandwüsten. Ich will damit
nicht behaupten, daß der Aussatz eine nothwendige Folge trokner Himmelsstriche
sey; doch aber glaub ich, daß Hitze und Dürre jene Kranckheit befördern und
den Körper dazu disponiren mögen.

Ich bemerkte jetzt immer mehr, und namentlich heut, sehr deutlich, daß
die Weiber hier zu Lande von den Männern fast noch weniger geachtet werden
als in Tanna. Sie blieben gemeiniglich in gewisser Entfernung von densel-
ben, und schienen stets besorgt, ihnen schon durch Blicke oder Mienen mißfällig
zu werden. Auf sie ruhte die Arbeit für die ganze Familie. Sie allein waren
es, die Brennholz und andre Bedürfnisse mühsam auf dem Rücken herbey schlep-
pen mußten, indeß ihre fühllosern Gatten sie kaum eines Seitenblickes würdig-
ten und auch dann, unverrückt, in starrer Unthätigkeit blieben, wenn sich die ar-
men Weiber zuweilen der gesellschaftlichen Fröhlichkeit überließen, die einen Grund-
zug ihres Geschlechts ausmacht. So sind denn also die Menschen in allen Ländern
zu herrschsüchtiger Tyranney geneigt, und selbst der ärmste Indianer, der noch kei-
ne andre als die natürlichen Bedürfnisse kennet, weiß schon wie er seine schwächere
Gehülfin zur Sclavin machen soll, blos damit er sich die Mühe erspah-
ren möge, jenen Bedürfnissen durch eigne Anstrengung abzuhelfen! Ist
diese tiefe Unterwürfigkeit der Weiber noch immer die Würkung des Fluches,
der ehmals Even traf, so dauert er, Gottlob, doch nur allein unter den wilde-
sten Nationen fort! Es ist warlich zu bewundern, daß, der erniedrigen-
den Unterdrückung des schwächern Theils der Schöpfung ohnerachtet, das
menschliche Geschlecht sich dennoch erhalten hat! Wie würde es aber damit aus-
sehen, hätte die tiefe Weisheit des Schöpfers nicht eine Fülle von Geduld
und Sanftmuth ins weibliche Herz gelegt, die alle Beleidigungen aushält, die
sie alles tragen lehrt, und sie abhält, sich der Gewalt ihrer unbilligen Ty-
rannen zu entziehn! --

Den Nachmittag brachten wir wiederum am Lande zu, und hatten das
Glück eine schöne Papagoyen Art zu bekommen, welche ganz neu und noch unbe-
kannt ist. Wir schossen diesen Vogel in einer Plantage, die alles übertraf,

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Septem-
ber.
tung iſt, ſcheint heißen und duͤrren Laͤndern vorzuͤglich eigen zu ſeyn. Auf der
Malabariſchen Kuͤſte, in Egypten, Palaͤſtina und Afrika iſt er am haͤufigſten,
und eben dieſe Laͤnder ſind voller duͤrren, heißen Sandwuͤſten. Ich will damit
nicht behaupten, daß der Ausſatz eine nothwendige Folge trokner Himmelsſtriche
ſey; doch aber glaub ich, daß Hitze und Duͤrre jene Kranckheit befoͤrdern und
den Koͤrper dazu diſponiren moͤgen.

Ich bemerkte jetzt immer mehr, und namentlich heut, ſehr deutlich, daß
die Weiber hier zu Lande von den Maͤnnern faſt noch weniger geachtet werden
als in Tanna. Sie blieben gemeiniglich in gewiſſer Entfernung von denſel-
ben, und ſchienen ſtets beſorgt, ihnen ſchon durch Blicke oder Mienen mißfaͤllig
zu werden. Auf ſie ruhte die Arbeit fuͤr die ganze Familie. Sie allein waren
es, die Brennholz und andre Beduͤrfniſſe muͤhſam auf dem Ruͤcken herbey ſchlep-
pen mußten, indeß ihre fuͤhlloſern Gatten ſie kaum eines Seitenblickes wuͤrdig-
ten und auch dann, unverruͤckt, in ſtarrer Unthaͤtigkeit blieben, wenn ſich die ar-
men Weiber zuweilen der geſellſchaftlichen Froͤhlichkeit uͤberließen, die einen Grund-
zug ihres Geſchlechts ausmacht. So ſind denn alſo die Menſchen in allen Laͤndern
zu herrſchſuͤchtiger Tyranney geneigt, und ſelbſt der aͤrmſte Indianer, der noch kei-
ne andre als die natuͤrlichen Beduͤrfniſſe kennet, weiß ſchon wie er ſeine ſchwaͤchere
Gehuͤlfin zur Sclavin machen ſoll, blos damit er ſich die Muͤhe erſpah-
ren moͤge, jenen Beduͤrfniſſen durch eigne Anſtrengung abzuhelfen! Iſt
dieſe tiefe Unterwuͤrfigkeit der Weiber noch immer die Wuͤrkung des Fluches,
der ehmals Even traf, ſo dauert er, Gottlob, doch nur allein unter den wilde-
ſten Nationen fort! Es iſt warlich zu bewundern, daß, der erniedrigen-
den Unterdruͤckung des ſchwaͤchern Theils der Schoͤpfung ohnerachtet, das
menſchliche Geſchlecht ſich dennoch erhalten hat! Wie wuͤrde es aber damit aus-
ſehen, haͤtte die tiefe Weisheit des Schoͤpfers nicht eine Fuͤlle von Geduld
und Sanftmuth ins weibliche Herz gelegt, die alle Beleidigungen aushaͤlt, die
ſie alles tragen lehrt, und ſie abhaͤlt, ſich der Gewalt ihrer unbilligen Ty-
rannen zu entziehn! —

Den Nachmittag brachten wir wiederum am Lande zu, und hatten das
Gluͤck eine ſchoͤne Papagoyen Art zu bekommen, welche ganz neu und noch unbe-
kannt iſt. Wir ſchoſſen dieſen Vogel in einer Plantage, die alles uͤbertraf,

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[326/0342] Forſter’s Reiſe um die Welt tung iſt, ſcheint heißen und duͤrren Laͤndern vorzuͤglich eigen zu ſeyn. Auf der Malabariſchen Kuͤſte, in Egypten, Palaͤſtina und Afrika iſt er am haͤufigſten, und eben dieſe Laͤnder ſind voller duͤrren, heißen Sandwuͤſten. Ich will damit nicht behaupten, daß der Ausſatz eine nothwendige Folge trokner Himmelsſtriche ſey; doch aber glaub ich, daß Hitze und Duͤrre jene Kranckheit befoͤrdern und den Koͤrper dazu diſponiren moͤgen. 1774. Septem- ber. Ich bemerkte jetzt immer mehr, und namentlich heut, ſehr deutlich, daß die Weiber hier zu Lande von den Maͤnnern faſt noch weniger geachtet werden als in Tanna. Sie blieben gemeiniglich in gewiſſer Entfernung von denſel- ben, und ſchienen ſtets beſorgt, ihnen ſchon durch Blicke oder Mienen mißfaͤllig zu werden. Auf ſie ruhte die Arbeit fuͤr die ganze Familie. Sie allein waren es, die Brennholz und andre Beduͤrfniſſe muͤhſam auf dem Ruͤcken herbey ſchlep- pen mußten, indeß ihre fuͤhlloſern Gatten ſie kaum eines Seitenblickes wuͤrdig- ten und auch dann, unverruͤckt, in ſtarrer Unthaͤtigkeit blieben, wenn ſich die ar- men Weiber zuweilen der geſellſchaftlichen Froͤhlichkeit uͤberließen, die einen Grund- zug ihres Geſchlechts ausmacht. So ſind denn alſo die Menſchen in allen Laͤndern zu herrſchſuͤchtiger Tyranney geneigt, und ſelbſt der aͤrmſte Indianer, der noch kei- ne andre als die natuͤrlichen Beduͤrfniſſe kennet, weiß ſchon wie er ſeine ſchwaͤchere Gehuͤlfin zur Sclavin machen ſoll, blos damit er ſich die Muͤhe erſpah- ren moͤge, jenen Beduͤrfniſſen durch eigne Anſtrengung abzuhelfen! Iſt dieſe tiefe Unterwuͤrfigkeit der Weiber noch immer die Wuͤrkung des Fluches, der ehmals Even traf, ſo dauert er, Gottlob, doch nur allein unter den wilde- ſten Nationen fort! Es iſt warlich zu bewundern, daß, der erniedrigen- den Unterdruͤckung des ſchwaͤchern Theils der Schoͤpfung ohnerachtet, das menſchliche Geſchlecht ſich dennoch erhalten hat! Wie wuͤrde es aber damit aus- ſehen, haͤtte die tiefe Weisheit des Schoͤpfers nicht eine Fuͤlle von Geduld und Sanftmuth ins weibliche Herz gelegt, die alle Beleidigungen aushaͤlt, die ſie alles tragen lehrt, und ſie abhaͤlt, ſich der Gewalt ihrer unbilligen Ty- rannen zu entziehn! — Den Nachmittag brachten wir wiederum am Lande zu, und hatten das Gluͤck eine ſchoͤne Papagoyen Art zu bekommen, welche ganz neu und noch unbe- kannt iſt. Wir ſchoſſen dieſen Vogel in einer Plantage, die alles uͤbertraf,

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/342>, abgerufen am 25.11.2024.