Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.in den Jahren 1772 bis 1775. ner der Süd-See-Inseln, diejenigen allein ausgenommen welche Tasmann1774.Septem- ber. auf Tongatabu und Namocka antraf, machten Versuche ihre fremden Gäste wegzutreiben. Die Leute von Neu-Caledonia hingegen hatten uns kaum er- blickt, als sie uns schon zu Freunden aufnahmen. Ohne die geringste Spur von Furcht oder Mistrauen, wagten sie sich an Bord des Schiffes und ließen uns in ihrem Lande ungehindert herumschweifen, so weit wir Lust hatten. Dem wollichten Haar und der Leibes-Farbe nach glichen sie zwar den Tannesern noch am mehresten, doch waren sie von größerer Statur und stärkern Knochen, hatten auch mehr sanftes, offenes und friedfertiges in der Gesichtsbildung. *) In ihren Handarbeiten hatten sie ebenfalls manches mit den Tannesern gemein, vornehmlich was die Form und Art der Waffen, des Wurf- Riemes und der Zierrathen betrift, deren ich oben S. 302. u. f. er- wähnt habe. Die Sprache hingegen, welche bey Untersuchungen dieser Art gemeiniglich der sicherste Wegweiser zu seyn pflegt, ist von der in Tanna übli- chen ganz und gar abweichend. Eben so verschieden ist auch die Bauart ihrer Häuser, ihre Sitten und Gebräuche, überhaupt die ganze Lebensart. Die Tanneser können in Vergleichung mit den Bewohnern von Neu-Caledonia für wohlhabend gelten. Ihre Plantagen liefern ihnen eine Menge von Pflan- zen, und sollte es je daran fehlen, so giebts an der See-Küste eine Menge von Cocos-Palmen. Auf Neu-Caledonia hingegen ist der Ertrag des Ackerbaues nur sehr gering, und das ganze, weite, wilde Land, so viel wirs untersuchen können, gewährt nichts, das ihnen von sonderlichem Nutzen seyn könnte. Da- für sind die Leute auf Neu-Caledonia hinwiederum bessere Fischer, und die Riefe längst ihren Küsten zur Fischerey überaus wohl gelegen; auf eben diesen Riefen müssen auch, in gewissen Jahrszeiten, Schildkröten anzutreffen seyn. Je sparsamer nun allhier die Natur ihre Güter ausgetheilt hat, destomehr ist es zu bewundern, daß die Einwohner minder wild, mißtrauisch und kriegerisch als auf Tanna und vielmehr so friedlich und gutartig waren! Eben so merkwürdig ists, daß sie, bey aller Dürre des Landes und bey ihrer kärglichen Versorgung mit Pflan- *) Sowohl von diesen, als von dem äußern Ansehn des Landes kann man sich, vermit-
telst der schönen und richtigen Zeichnungen, welche Herr Hodges, zum Behuf von Capi- tain Cooks Reisebeschreibung angefertigt hat, einen ziemlich genauen Begriff machen. in den Jahren 1772 bis 1775. ner der Suͤd-See-Inſeln, diejenigen allein ausgenommen welche Tasmann1774.Septem- ber. auf Tongatabu und Namocka antraf, machten Verſuche ihre fremden Gaͤſte wegzutreiben. Die Leute von Neu-Caledonia hingegen hatten uns kaum er- blickt, als ſie uns ſchon zu Freunden aufnahmen. Ohne die geringſte Spur von Furcht oder Mistrauen, wagten ſie ſich an Bord des Schiffes und ließen uns in ihrem Lande ungehindert herumſchweifen, ſo weit wir Luſt hatten. Dem wollichten Haar und der Leibes-Farbe nach glichen ſie zwar den Tanneſern noch am mehreſten, doch waren ſie von groͤßerer Statur und ſtaͤrkern Knochen, hatten auch mehr ſanftes, offenes und friedfertiges in der Geſichtsbildung. *) In ihren Handarbeiten hatten ſie ebenfalls manches mit den Tanneſern gemein, vornehmlich was die Form und Art der Waffen, des Wurf- Riemes und der Zierrathen betrift, deren ich oben S. 302. u. f. er- waͤhnt habe. Die Sprache hingegen, welche bey Unterſuchungen dieſer Art gemeiniglich der ſicherſte Wegweiſer zu ſeyn pflegt, iſt von der in Tanna uͤbli- chen ganz und gar abweichend. Eben ſo verſchieden iſt auch die Bauart ihrer Haͤuſer, ihre Sitten und Gebraͤuche, uͤberhaupt die ganze Lebensart. Die Tanneſer koͤnnen in Vergleichung mit den Bewohnern von Neu-Caledonia fuͤr wohlhabend gelten. Ihre Plantagen liefern ihnen eine Menge von Pflan- zen, und ſollte es je daran fehlen, ſo giebts an der See-Kuͤſte eine Menge von Cocos-Palmen. Auf Neu-Caledonia hingegen iſt der Ertrag des Ackerbaues nur ſehr gering, und das ganze, weite, wilde Land, ſo viel wirs unterſuchen koͤnnen, gewaͤhrt nichts, das ihnen von ſonderlichem Nutzen ſeyn koͤnnte. Da- fuͤr ſind die Leute auf Neu-Caledonia hinwiederum beſſere Fiſcher, und die Riefe laͤngſt ihren Kuͤſten zur Fiſcherey uͤberaus wohl gelegen; auf eben dieſen Riefen muͤſſen auch, in gewiſſen Jahrszeiten, Schildkroͤten anzutreffen ſeyn. Je ſparſamer nun allhier die Natur ihre Guͤter ausgetheilt hat, deſtomehr iſt es zu bewundern, daß die Einwohner minder wild, mißtrauiſch und kriegeriſch als auf Tanna und vielmehr ſo friedlich und gutartig waren! Eben ſo merkwuͤrdig iſts, daß ſie, bey aller Duͤrre des Landes und bey ihrer kaͤrglichen Verſorgung mit Pflan- *) Sowohl von dieſen, als von dem aͤußern Anſehn des Landes kann man ſich, vermit-
telſt der ſchoͤnen und richtigen Zeichnungen, welche Herr Hodges, zum Behuf von Capi- tain Cooks Reiſebeſchreibung angefertigt hat, einen ziemlich genauen Begriff machen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0353" n="335"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/> ner der <placeName>Suͤd-See-Inſeln</placeName>, diejenigen allein ausgenommen welche <hi rendition="#fr"><persName>Tasmann</persName></hi><note place="right">1774.<lb/> Septem-<lb/> ber.</note><lb/> auf <hi rendition="#fr"><placeName>Tongatabu</placeName></hi> und <hi rendition="#fr"><placeName>Namocka</placeName></hi> antraf, machten Verſuche ihre fremden Gaͤſte<lb/> wegzutreiben. Die Leute von <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Caledonia</placeName></hi> hingegen hatten uns kaum er-<lb/> blickt, als ſie uns ſchon zu Freunden aufnahmen. Ohne die geringſte Spur von<lb/> Furcht oder Mistrauen, wagten ſie ſich an Bord des Schiffes und ließen uns<lb/> in ihrem Lande ungehindert herumſchweifen, ſo weit wir Luſt hatten. Dem<lb/> wollichten Haar und der Leibes-Farbe nach glichen ſie zwar den <hi rendition="#fr">Tanneſern</hi><lb/> noch am mehreſten, doch waren ſie von groͤßerer Statur und ſtaͤrkern Knochen,<lb/> hatten auch mehr ſanftes, offenes und friedfertiges in der Geſichtsbildung. <note place="foot" n="*)">Sowohl von dieſen, als von dem aͤußern Anſehn des Landes kann man ſich, vermit-<lb/> telſt der ſchoͤnen und richtigen Zeichnungen, welche Herr <hi rendition="#fr"><persName>Hodges</persName></hi>, zum Behuf von Capi-<lb/> tain <hi rendition="#fr"><persName>Cooks</persName></hi> Reiſebeſchreibung angefertigt hat, einen ziemlich genauen Begriff machen.</note><lb/> In ihren Handarbeiten hatten ſie ebenfalls manches mit den <hi rendition="#fr">Tanneſern</hi><lb/> gemein, vornehmlich was die Form und Art der Waffen, des Wurf-<lb/> Riemes und der Zierrathen betrift, deren ich oben S. 302. u. f. er-<lb/> waͤhnt habe. Die Sprache hingegen, welche bey Unterſuchungen dieſer Art<lb/> gemeiniglich der ſicherſte Wegweiſer zu ſeyn pflegt, iſt von der in <hi rendition="#fr"><placeName>Tanna</placeName></hi> uͤbli-<lb/> chen ganz und gar abweichend. Eben ſo verſchieden iſt auch die Bauart ihrer<lb/> Haͤuſer, ihre Sitten und Gebraͤuche, uͤberhaupt die ganze Lebensart. Die<lb/><hi rendition="#fr">Tanneſer</hi> koͤnnen in Vergleichung mit den Bewohnern von <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Caledonia</placeName></hi><lb/> fuͤr wohlhabend gelten. Ihre Plantagen liefern ihnen eine Menge von Pflan-<lb/> zen, und ſollte es je daran fehlen, ſo giebts an der See-Kuͤſte eine Menge von<lb/> Cocos-Palmen. Auf <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Caledonia</placeName></hi> hingegen iſt der Ertrag des Ackerbaues<lb/> nur ſehr gering, und das ganze, weite, wilde Land, ſo viel wirs unterſuchen<lb/> koͤnnen, gewaͤhrt nichts, das ihnen von ſonderlichem Nutzen ſeyn koͤnnte. Da-<lb/> fuͤr ſind die Leute auf <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Caledonia</placeName></hi> hinwiederum beſſere Fiſcher, und die<lb/> Riefe laͤngſt ihren Kuͤſten zur Fiſcherey uͤberaus wohl gelegen; auf eben dieſen<lb/> Riefen muͤſſen auch, in gewiſſen Jahrszeiten, Schildkroͤten anzutreffen ſeyn.<lb/> Je ſparſamer nun allhier die Natur ihre Guͤter ausgetheilt hat, deſtomehr iſt es zu<lb/> bewundern, daß die Einwohner minder wild, mißtrauiſch und kriegeriſch als auf<lb/><hi rendition="#fr"><placeName>Tanna</placeName></hi> und vielmehr ſo friedlich und gutartig waren! Eben ſo merkwuͤrdig iſts,<lb/> daß ſie, bey aller Duͤrre des Landes und bey ihrer kaͤrglichen Verſorgung mit Pflan-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [335/0353]
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ner der Suͤd-See-Inſeln, diejenigen allein ausgenommen welche Tasmann
auf Tongatabu und Namocka antraf, machten Verſuche ihre fremden Gaͤſte
wegzutreiben. Die Leute von Neu-Caledonia hingegen hatten uns kaum er-
blickt, als ſie uns ſchon zu Freunden aufnahmen. Ohne die geringſte Spur von
Furcht oder Mistrauen, wagten ſie ſich an Bord des Schiffes und ließen uns
in ihrem Lande ungehindert herumſchweifen, ſo weit wir Luſt hatten. Dem
wollichten Haar und der Leibes-Farbe nach glichen ſie zwar den Tanneſern
noch am mehreſten, doch waren ſie von groͤßerer Statur und ſtaͤrkern Knochen,
hatten auch mehr ſanftes, offenes und friedfertiges in der Geſichtsbildung. *)
In ihren Handarbeiten hatten ſie ebenfalls manches mit den Tanneſern
gemein, vornehmlich was die Form und Art der Waffen, des Wurf-
Riemes und der Zierrathen betrift, deren ich oben S. 302. u. f. er-
waͤhnt habe. Die Sprache hingegen, welche bey Unterſuchungen dieſer Art
gemeiniglich der ſicherſte Wegweiſer zu ſeyn pflegt, iſt von der in Tanna uͤbli-
chen ganz und gar abweichend. Eben ſo verſchieden iſt auch die Bauart ihrer
Haͤuſer, ihre Sitten und Gebraͤuche, uͤberhaupt die ganze Lebensart. Die
Tanneſer koͤnnen in Vergleichung mit den Bewohnern von Neu-Caledonia
fuͤr wohlhabend gelten. Ihre Plantagen liefern ihnen eine Menge von Pflan-
zen, und ſollte es je daran fehlen, ſo giebts an der See-Kuͤſte eine Menge von
Cocos-Palmen. Auf Neu-Caledonia hingegen iſt der Ertrag des Ackerbaues
nur ſehr gering, und das ganze, weite, wilde Land, ſo viel wirs unterſuchen
koͤnnen, gewaͤhrt nichts, das ihnen von ſonderlichem Nutzen ſeyn koͤnnte. Da-
fuͤr ſind die Leute auf Neu-Caledonia hinwiederum beſſere Fiſcher, und die
Riefe laͤngſt ihren Kuͤſten zur Fiſcherey uͤberaus wohl gelegen; auf eben dieſen
Riefen muͤſſen auch, in gewiſſen Jahrszeiten, Schildkroͤten anzutreffen ſeyn.
Je ſparſamer nun allhier die Natur ihre Guͤter ausgetheilt hat, deſtomehr iſt es zu
bewundern, daß die Einwohner minder wild, mißtrauiſch und kriegeriſch als auf
Tanna und vielmehr ſo friedlich und gutartig waren! Eben ſo merkwuͤrdig iſts,
daß ſie, bey aller Duͤrre des Landes und bey ihrer kaͤrglichen Verſorgung mit Pflan-
1774.
Septem-
ber.
*) Sowohl von dieſen, als von dem aͤußern Anſehn des Landes kann man ſich, vermit-
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tain Cooks Reiſebeſchreibung angefertigt hat, einen ziemlich genauen Begriff machen.
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