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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
von einer solchen Gewohnheit wissen, und selbige für schrecklich und abscheulich hal-1774.
Septem-
ber.

ten. In diesem Betracht sind sie also verfeinerter als ihre wohlhabendere Nach-
barn, hingegen so gesittet und erleuchtet noch nicht, daß sie, gleich jenen die unbilli-
ge Verachtung des andern Geschlechts bereits abgelegt hätten; zu ernsthaft, um
sich durch die Schmeicheleyen desselben gewinnen zu lassen und zu gleichgültig
um auf die feinern Freuden des Lebens einen Werth zu setzen Zwar müßen sie
sich's des Unterhalts wegen, manchmal ziemlich sauer werden lassen; sobald
sie aber dafür nicht mehr zu sorgen haben, gehen ihre müßigen Stunden
blos mit Faullenzen ohne Spiel und Scherz hin, die doch zur Glückselig-
keit des Menschen so viel beytragen, und auf den Societäts und freund-
schaftlichen Inseln
, einen so hohen Grad von Lustigkeit und Lebhaftigkeit un-
ter die Einwohner verbreiten! Außer der kleinen Pfeife, deren ich oben erwähnt,
sahen wir nicht ein einziges musikalisches Instrument bey ihnen. Eben so we-
nig wissen wir, ob, und in welchem Maaße sie Tanz und Gesang kennen.
Nach dem zu urtheilen, was wir in der Zeit unsers kurzen Hierseyns bemerkten,
scheint sogar das Lachen etwas ziemlich ungewöhnliches unter ihnen zu seyn, und
selbst mit dem Sprechen geht es kärglich zu. Kaum war hin und wieder
einer anzutreffen, dem mit einer Unterredung gedient gewesen wäre! Bey so
bewandten Umständen muß ihre Sprache noch sehr uncultivirt seyn, auch ist, ver-
muthlich der wenigen Uebung wegen, ihre Aussprache so undeutlich, daß verschied-
ne Wörterbücher, welche von mehreren Personen unsrer Schiffsgesellschaft zusam-
men getragen worden, merklich von einander abwichen. Ohnerachtet sie we-
nig harte Mitlauter haben, so sprechen sie doch viel durch die Gurgel und Nase,
welches besonders denenjenigen unter uns, die nichts als Englisch konnten, schwer
zu fassen und noch schwerer nachzumachen vorkam. Vielleicht sind sie blos
deshalb, weil ihre Wohnungen einzeln und weit von einander entfernt liegen,
so wenig an's Sprechen gewöhnt, denn sonst würden sie, dächte ich, für das
Vergnügen des gesellschaftlichen Umganges schon mehr Sinn und Geschmak be-
kommen haben. Da der Boden zum Ackerbau nicht sonderlich taugt,
so würde ihre Civilisation vielleicht dadurch am füglichsten befördert werden
können, wenn man ihnen leicht zu ernährende, vierfüßige Thiere zuführe,
z. E. Schweine, die sie nahe bey ihren Hütten halten, oder auch Ziegen, die

Forster's Reise u. die W. zweyter Th. U u

in den Jahren 1772 bis 1775.
von einer ſolchen Gewohnheit wiſſen, und ſelbige fuͤr ſchrecklich und abſcheulich hal-1774.
Septem-
ber.

ten. In dieſem Betracht ſind ſie alſo verfeinerter als ihre wohlhabendere Nach-
barn, hingegen ſo geſittet und erleuchtet noch nicht, daß ſie, gleich jenen die unbilli-
ge Verachtung des andern Geſchlechts bereits abgelegt haͤtten; zu ernſthaft, um
ſich durch die Schmeicheleyen deſſelben gewinnen zu laſſen und zu gleichguͤltig
um auf die feinern Freuden des Lebens einen Werth zu ſetzen Zwar muͤßen ſie
ſich’s des Unterhalts wegen, manchmal ziemlich ſauer werden laſſen; ſobald
ſie aber dafuͤr nicht mehr zu ſorgen haben, gehen ihre muͤßigen Stunden
blos mit Faullenzen ohne Spiel und Scherz hin, die doch zur Gluͤckſelig-
keit des Menſchen ſo viel beytragen, und auf den Societaͤts und freund-
ſchaftlichen Inſeln
, einen ſo hohen Grad von Luſtigkeit und Lebhaftigkeit un-
ter die Einwohner verbreiten! Außer der kleinen Pfeife, deren ich oben erwaͤhnt,
ſahen wir nicht ein einziges muſikaliſches Inſtrument bey ihnen. Eben ſo we-
nig wiſſen wir, ob, und in welchem Maaße ſie Tanz und Geſang kennen.
Nach dem zu urtheilen, was wir in der Zeit unſers kurzen Hierſeyns bemerkten,
ſcheint ſogar das Lachen etwas ziemlich ungewoͤhnliches unter ihnen zu ſeyn, und
ſelbſt mit dem Sprechen geht es kaͤrglich zu. Kaum war hin und wieder
einer anzutreffen, dem mit einer Unterredung gedient geweſen waͤre! Bey ſo
bewandten Umſtaͤnden muß ihre Sprache noch ſehr uncultivirt ſeyn, auch iſt, ver-
muthlich der wenigen Uebung wegen, ihre Ausſprache ſo undeutlich, daß verſchied-
ne Woͤrterbuͤcher, welche von mehreren Perſonen unſrer Schiffsgeſellſchaft zuſam-
men getragen worden, merklich von einander abwichen. Ohnerachtet ſie we-
nig harte Mitlauter haben, ſo ſprechen ſie doch viel durch die Gurgel und Naſe,
welches beſonders denenjenigen unter uns, die nichts als Engliſch konnten, ſchwer
zu faſſen und noch ſchwerer nachzumachen vorkam. Vielleicht ſind ſie blos
deshalb, weil ihre Wohnungen einzeln und weit von einander entfernt liegen,
ſo wenig an’s Sprechen gewoͤhnt, denn ſonſt wuͤrden ſie, daͤchte ich, fuͤr das
Vergnuͤgen des geſellſchaftlichen Umganges ſchon mehr Sinn und Geſchmak be-
kommen haben. Da der Boden zum Ackerbau nicht ſonderlich taugt,
ſo wuͤrde ihre Civiliſation vielleicht dadurch am fuͤglichſten befoͤrdert werden
koͤnnen, wenn man ihnen leicht zu ernaͤhrende, vierfuͤßige Thiere zufuͤhre,
z. E. Schweine, die ſie nahe bey ihren Huͤtten halten, oder auch Ziegen, die

Forſter’s Reiſe u. die W. zweyter Th. U u
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[337/0355] in den Jahren 1772 bis 1775. von einer ſolchen Gewohnheit wiſſen, und ſelbige fuͤr ſchrecklich und abſcheulich hal- ten. In dieſem Betracht ſind ſie alſo verfeinerter als ihre wohlhabendere Nach- barn, hingegen ſo geſittet und erleuchtet noch nicht, daß ſie, gleich jenen die unbilli- ge Verachtung des andern Geſchlechts bereits abgelegt haͤtten; zu ernſthaft, um ſich durch die Schmeicheleyen deſſelben gewinnen zu laſſen und zu gleichguͤltig um auf die feinern Freuden des Lebens einen Werth zu ſetzen Zwar muͤßen ſie ſich’s des Unterhalts wegen, manchmal ziemlich ſauer werden laſſen; ſobald ſie aber dafuͤr nicht mehr zu ſorgen haben, gehen ihre muͤßigen Stunden blos mit Faullenzen ohne Spiel und Scherz hin, die doch zur Gluͤckſelig- keit des Menſchen ſo viel beytragen, und auf den Societaͤts und freund- ſchaftlichen Inſeln, einen ſo hohen Grad von Luſtigkeit und Lebhaftigkeit un- ter die Einwohner verbreiten! Außer der kleinen Pfeife, deren ich oben erwaͤhnt, ſahen wir nicht ein einziges muſikaliſches Inſtrument bey ihnen. Eben ſo we- nig wiſſen wir, ob, und in welchem Maaße ſie Tanz und Geſang kennen. Nach dem zu urtheilen, was wir in der Zeit unſers kurzen Hierſeyns bemerkten, ſcheint ſogar das Lachen etwas ziemlich ungewoͤhnliches unter ihnen zu ſeyn, und ſelbſt mit dem Sprechen geht es kaͤrglich zu. Kaum war hin und wieder einer anzutreffen, dem mit einer Unterredung gedient geweſen waͤre! Bey ſo bewandten Umſtaͤnden muß ihre Sprache noch ſehr uncultivirt ſeyn, auch iſt, ver- muthlich der wenigen Uebung wegen, ihre Ausſprache ſo undeutlich, daß verſchied- ne Woͤrterbuͤcher, welche von mehreren Perſonen unſrer Schiffsgeſellſchaft zuſam- men getragen worden, merklich von einander abwichen. Ohnerachtet ſie we- nig harte Mitlauter haben, ſo ſprechen ſie doch viel durch die Gurgel und Naſe, welches beſonders denenjenigen unter uns, die nichts als Engliſch konnten, ſchwer zu faſſen und noch ſchwerer nachzumachen vorkam. Vielleicht ſind ſie blos deshalb, weil ihre Wohnungen einzeln und weit von einander entfernt liegen, ſo wenig an’s Sprechen gewoͤhnt, denn ſonſt wuͤrden ſie, daͤchte ich, fuͤr das Vergnuͤgen des geſellſchaftlichen Umganges ſchon mehr Sinn und Geſchmak be- kommen haben. Da der Boden zum Ackerbau nicht ſonderlich taugt, ſo wuͤrde ihre Civiliſation vielleicht dadurch am fuͤglichſten befoͤrdert werden koͤnnen, wenn man ihnen leicht zu ernaͤhrende, vierfuͤßige Thiere zufuͤhre, z. E. Schweine, die ſie nahe bey ihren Huͤtten halten, oder auch Ziegen, die 1774. Septem- ber. Forſter’s Reiſe u. die W. zweyter Th. U u

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/355>, abgerufen am 24.11.2024.