Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1775.Januar.unter andern ein sehr schönes graues Brachhuhn mit gelbem Halse fanden. An Pflanzen hingegen war dies Eiland ungleich ärmer. Die ganze Flora dessel- ben belief sich, mit Inbegriff etlicher kleiner, drey Fuß hoher Büsche, auf mehr nicht als etwa acht Sorten, und unter diesen befand sich nur eine einzi- ge neue. Das buschigte Gras (dactylis glomerata) hatte fast allein das ganze Eiland überwuchert. Gegen Abend wurden die Boote am Bord ge- nommen, und des andern Morgens um drey Uhr liefen wir um die Nordöstli- che Spitze von Staaten-Land, die Pater Feuillee Cap St. Johannis nennt, wiederum in See. Während unsers Aufenthalts an den Neujahrs- Inseln, bemerkten wir, daß die Flut überaus schnell, nämlich, in einer Stun- de wohl vier bis fünf englische Meilen weit fortströmt. Dieser Umstand ist indessen nichts außerordentliches, denn in der Magellanischen Meer-Enge, und an den Südlichen Küsten von Amerika laufen alle Fluthen überhaupt sehr stark. Die Neujahrs-Eilande, von denen wir uns nunmehro entfern- ten, sind unter 54° 46' Südlicher Breite und 64° 30' Westlicher Länge be- legen. Das gröste hat ohngefähr sechs große See-Meilen, dasjenige aber, woran wir vor Anker lagen, nur zwischen drey und vier, im Umfang. Wir können sie den Seefahrern als den besten Erfrischungsplatz empfehlen, der in dieser Welt-Gegend nur zu finden ist. Pinguins und Seehunds-Fleisch sind freylich keine Leckerbissen, aber beydes giebt doch unstreitig eine gesundere Nahrung als das gewöhnliche Pöckel-Fleisch. Ueberdem haben wir auf un- sern Excursionen auch etwas Sellerie und Löffelkraut angetroffen, und da der Eilande mehrere sind, so werden, auf einem oder dem andern, diese Kräuter ge- wiß in genugsamer Menge vorhanden seyn, um der Mannschaft gute blutreini- gende Suppen davon zu machen. Geflügel ist so häufig da, daß unsre Ma- trosen etliche Tage nach einander nichts als junge Pinguins und See-Raben aßen; und sie behaupteten, die See-Raben schmeckten fast so gut als Hühner. Die See-Bären sind auch nicht zu verachten; allzujung ist das Fleisch sehr weichlich, und daher ekelhaft. Von einem völlig erwachsenen schmeckt es besser, und wohl so gut als schlechtes Rindfleisch, die älteren Bären und Löwen hingegen waren, ihres widrigen Geruchs halber, schlechterdings nicht zu ge- nießen. So
Forſter’s Reiſe um die Welt 1775.Januar.unter andern ein ſehr ſchoͤnes graues Brachhuhn mit gelbem Halſe fanden. An Pflanzen hingegen war dies Eiland ungleich aͤrmer. Die ganze Flora deſſel- ben belief ſich, mit Inbegriff etlicher kleiner, drey Fuß hoher Buͤſche, auf mehr nicht als etwa acht Sorten, und unter dieſen befand ſich nur eine einzi- ge neue. Das buſchigte Gras (dactylis glomerata) hatte faſt allein das ganze Eiland uͤberwuchert. Gegen Abend wurden die Boote am Bord ge- nommen, und des andern Morgens um drey Uhr liefen wir um die Nordoͤſtli- che Spitze von Staaten-Land, die Pater Feuillee Cap St. Johannis nennt, wiederum in See. Waͤhrend unſers Aufenthalts an den Neujahrs- Inſeln, bemerkten wir, daß die Flut uͤberaus ſchnell, naͤmlich, in einer Stun- de wohl vier bis fuͤnf engliſche Meilen weit fortſtroͤmt. Dieſer Umſtand iſt indeſſen nichts außerordentliches, denn in der Magellaniſchen Meer-Enge, und an den Suͤdlichen Kuͤſten von Amerika laufen alle Fluthen uͤberhaupt ſehr ſtark. Die Neujahrs-Eilande, von denen wir uns nunmehro entfern- ten, ſind unter 54° 46′ Suͤdlicher Breite und 64° 30′ Weſtlicher Laͤnge be- legen. Das groͤſte hat ohngefaͤhr ſechs große See-Meilen, dasjenige aber, woran wir vor Anker lagen, nur zwiſchen drey und vier, im Umfang. Wir koͤnnen ſie den Seefahrern als den beſten Erfriſchungsplatz empfehlen, der in dieſer Welt-Gegend nur zu finden iſt. Pinguins und Seehunds-Fleiſch ſind freylich keine Leckerbiſſen, aber beydes giebt doch unſtreitig eine geſundere Nahrung als das gewoͤhnliche Poͤckel-Fleiſch. Ueberdem haben wir auf un- ſern Excurſionen auch etwas Sellerie und Loͤffelkraut angetroffen, und da der Eilande mehrere ſind, ſo werden, auf einem oder dem andern, dieſe Kraͤuter ge- wiß in genugſamer Menge vorhanden ſeyn, um der Mannſchaft gute blutreini- gende Suppen davon zu machen. Gefluͤgel iſt ſo haͤufig da, daß unſre Ma- troſen etliche Tage nach einander nichts als junge Pinguins und See-Raben aßen; und ſie behaupteten, die See-Raben ſchmeckten faſt ſo gut als Huͤhner. Die See-Baͤren ſind auch nicht zu verachten; allzujung iſt das Fleiſch ſehr weichlich, und daher ekelhaft. Von einem voͤllig erwachſenen ſchmeckt es beſſer, und wohl ſo gut als ſchlechtes Rindfleiſch, die aͤlteren Baͤren und Loͤwen hingegen waren, ihres widrigen Geruchs halber, ſchlechterdings nicht zu ge- nießen. So
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0426" n="408"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1775.<lb/> Januar.</note>unter andern ein ſehr ſchoͤnes graues Brachhuhn mit gelbem Halſe fanden. An<lb/> Pflanzen hingegen war dies Eiland ungleich aͤrmer. Die ganze Flora deſſel-<lb/> ben belief ſich, mit Inbegriff etlicher kleiner, drey Fuß hoher Buͤſche, auf<lb/> mehr nicht als etwa acht Sorten, und unter dieſen befand ſich nur eine einzi-<lb/> ge neue. Das buſchigte Gras (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">dactylis glomerata</hi></hi>) hatte faſt allein das<lb/> ganze Eiland uͤberwuchert. Gegen Abend wurden die Boote am Bord ge-<lb/> nommen, und des andern Morgens um drey Uhr liefen wir um die Nordoͤſtli-<lb/> che Spitze von <hi rendition="#fr"><placeName>Staaten-Land</placeName></hi>, die Pater <hi rendition="#fr"><persName>Feuillee</persName></hi> <placeName>Cap <hi rendition="#fr">St. Johannis</hi></placeName><lb/> nennt, wiederum in See. Waͤhrend unſers Aufenthalts an den <hi rendition="#fr"><placeName>Neujahrs-<lb/> Inſeln</placeName></hi>, bemerkten wir, daß die Flut uͤberaus ſchnell, naͤmlich, in einer Stun-<lb/> de wohl vier bis fuͤnf engliſche Meilen weit fortſtroͤmt. Dieſer Umſtand iſt<lb/> indeſſen nichts außerordentliches, denn in der <placeName>Magellaniſchen Meer-Enge</placeName>,<lb/> und an den Suͤdlichen Kuͤſten von <placeName>Amerika</placeName> <choice><sic>lauſen</sic><corr>laufen</corr></choice> alle Fluthen uͤberhaupt<lb/> ſehr ſtark. <hi rendition="#fr">Die <placeName>Neujahrs-Eilande</placeName></hi>, von denen wir uns nunmehro entfern-<lb/> ten, ſind unter 54° 46′ Suͤdlicher Breite und 64° 30′ Weſtlicher Laͤnge be-<lb/> legen. Das groͤſte hat ohngefaͤhr ſechs große See-Meilen, dasjenige aber,<lb/> woran <hi rendition="#fr">wir</hi> vor Anker lagen, nur zwiſchen drey und vier, im Umfang. Wir<lb/> koͤnnen ſie den Seefahrern als den beſten Erfriſchungsplatz empfehlen, der in<lb/> dieſer Welt-Gegend nur zu finden iſt. Pinguins und Seehunds-Fleiſch ſind<lb/> freylich keine Leckerbiſſen, aber beydes giebt doch unſtreitig eine geſundere<lb/> Nahrung als das gewoͤhnliche Poͤckel-Fleiſch. Ueberdem haben wir auf un-<lb/> ſern Excurſionen auch etwas Sellerie und Loͤffelkraut angetroffen, und da der<lb/> Eilande mehrere ſind, ſo werden, auf einem oder dem andern, dieſe Kraͤuter ge-<lb/> wiß in genugſamer Menge vorhanden ſeyn, um der Mannſchaft gute blutreini-<lb/> gende Suppen davon zu machen. Gefluͤgel iſt ſo haͤufig da, daß unſre Ma-<lb/> troſen etliche Tage nach einander nichts als junge Pinguins und See-Raben<lb/> aßen; und ſie behaupteten, die See-Raben ſchmeckten faſt ſo gut als Huͤhner.<lb/> Die See-Baͤren ſind auch nicht zu verachten; allzujung iſt das Fleiſch ſehr<lb/> weichlich, und daher ekelhaft. Von einem voͤllig erwachſenen ſchmeckt es beſſer,<lb/> und wohl ſo gut als ſchlechtes Rindfleiſch, die aͤlteren Baͤren und Loͤwen<lb/> hingegen waren, ihres widrigen Geruchs halber, ſchlechterdings nicht zu ge-<lb/> nießen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [408/0426]
Forſter’s Reiſe um die Welt
unter andern ein ſehr ſchoͤnes graues Brachhuhn mit gelbem Halſe fanden. An
Pflanzen hingegen war dies Eiland ungleich aͤrmer. Die ganze Flora deſſel-
ben belief ſich, mit Inbegriff etlicher kleiner, drey Fuß hoher Buͤſche, auf
mehr nicht als etwa acht Sorten, und unter dieſen befand ſich nur eine einzi-
ge neue. Das buſchigte Gras (dactylis glomerata) hatte faſt allein das
ganze Eiland uͤberwuchert. Gegen Abend wurden die Boote am Bord ge-
nommen, und des andern Morgens um drey Uhr liefen wir um die Nordoͤſtli-
che Spitze von Staaten-Land, die Pater Feuillee Cap St. Johannis
nennt, wiederum in See. Waͤhrend unſers Aufenthalts an den Neujahrs-
Inſeln, bemerkten wir, daß die Flut uͤberaus ſchnell, naͤmlich, in einer Stun-
de wohl vier bis fuͤnf engliſche Meilen weit fortſtroͤmt. Dieſer Umſtand iſt
indeſſen nichts außerordentliches, denn in der Magellaniſchen Meer-Enge,
und an den Suͤdlichen Kuͤſten von Amerika laufen alle Fluthen uͤberhaupt
ſehr ſtark. Die Neujahrs-Eilande, von denen wir uns nunmehro entfern-
ten, ſind unter 54° 46′ Suͤdlicher Breite und 64° 30′ Weſtlicher Laͤnge be-
legen. Das groͤſte hat ohngefaͤhr ſechs große See-Meilen, dasjenige aber,
woran wir vor Anker lagen, nur zwiſchen drey und vier, im Umfang. Wir
koͤnnen ſie den Seefahrern als den beſten Erfriſchungsplatz empfehlen, der in
dieſer Welt-Gegend nur zu finden iſt. Pinguins und Seehunds-Fleiſch ſind
freylich keine Leckerbiſſen, aber beydes giebt doch unſtreitig eine geſundere
Nahrung als das gewoͤhnliche Poͤckel-Fleiſch. Ueberdem haben wir auf un-
ſern Excurſionen auch etwas Sellerie und Loͤffelkraut angetroffen, und da der
Eilande mehrere ſind, ſo werden, auf einem oder dem andern, dieſe Kraͤuter ge-
wiß in genugſamer Menge vorhanden ſeyn, um der Mannſchaft gute blutreini-
gende Suppen davon zu machen. Gefluͤgel iſt ſo haͤufig da, daß unſre Ma-
troſen etliche Tage nach einander nichts als junge Pinguins und See-Raben
aßen; und ſie behaupteten, die See-Raben ſchmeckten faſt ſo gut als Huͤhner.
Die See-Baͤren ſind auch nicht zu verachten; allzujung iſt das Fleiſch ſehr
weichlich, und daher ekelhaft. Von einem voͤllig erwachſenen ſchmeckt es beſſer,
und wohl ſo gut als ſchlechtes Rindfleiſch, die aͤlteren Baͤren und Loͤwen
hingegen waren, ihres widrigen Geruchs halber, ſchlechterdings nicht zu ge-
nießen.
1775.
Januar.
So
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |