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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
gefüllt sey. Die gründlichsten Naturforscher dieses Jahrhunderts haben ange-1775.
Februar.

nommen, daß um den Südpol her festes Land befindlich seyn müsse. Diese
Meynung wird freylich durch unsre Erfahrung gar sehr geschwächt, doch kann
ihren Einsichten daraus kein Vorwurf erwachsen, weil sie nur wenige Facta vor
sich hatten. Ohne zu bestimmen, ob Sandwich Land ein Theil eines größern
Continents ist, wird es nicht unrecht seyn zu bemerken, daß eine der Ursachen,
die man für die Existenz des Continents angiebt, durch neuere Erfahrungen ver-
worfen worden. Man hat nehmlich von je her geglaubt, daß die unermeßli-
chen Eismassen, die in diesem Meere schwimmen, am Lande von Schnee und
frischem Wasser entstehen, es ist aber nunmehro erwiesen, daß das Seewasser
ebenfalls gefriert, und daß das Eis, welches auf diese Art formirt wird, keine
Salztheilchen enthält, ausgenommen wo es das Wasser berührt, welches sich in
die Zwischen-Räume zieht *).


*) Man sehe die Erfahrungen des Herrn Nairne im LXVI. Bande der Philos Transactio-
nen im Iten Theil. Demohngeachtet ist Capt. Cook noch der Meynung, daß Eis-Ei-
lande unmöglich anders als an den Küsten und in den Thälern und Häven des festen
Landes formirt werden; weil ers nur auf diese Art für möglich hält, die verschiednen
Gestalten dieser Eismassen zu erklären. Die großen Eilande, die ganz eben sind, sollen
in den Häven, diejenigen aber die zugespitzt und schroff aussehen, sollen zwischen Felsen,
und in Thälern von gehäuftem und gefrornem Schnee entstehen. Beyde Arten brechen
durch ihr eignes Gewicht von der ganzen unermeßlichen Masse ab, und treiben denn bey
beständigen nordwärts gehenden Strömungen in gelindere Breiten. Capt. Cook ist
demnach fest versichert, daß ein großes Stück Landes um den Süd-Pol liegt, welches
freylich nicht viel taugt, weil er glaubt, daß Sandwich Land eine der nördlichsten Spitzen
dieses Continents sey, und daß letzteres größtentheils innerhalb der Polar-Cirkel liege.
Er hält ferner dafür, daß es sich im Südlichen Atlantischen und Indianischen Ocean,
weiter nordwärts als im eigentlichen Südmeere erstreckt, weil wir in jenen das Eis wei-
ter nordwärts als in diesem finden. Denn nehmen wir an (sagt er), daß kein Land exi-
stirt, so müßte die Kälte rund um den Pol bis zum 70ten oder 60ten Grade der Breite,
oder so weit als die bekannten Welttheile keinen Einfluß auf die Atmosphäre haben kön-
nen, aller Orten einerley seyn, und folglich das Eis an einem Orte nicht weiter nord-
wärts als am andern kommen. Allein die Kälte ist im eigentlichen Süd-Meere ungleich
geringer, als in Südlichen Atlantischen und Indianischen. Im erstern fiel das Thermo-
meter nicht eher zum Gefrierpunkt, als bis wir weit über den sechszigsten Grad der Breite
gedrungen; hingegen in letzteren erreichte es diesen Standpunkt zu eben der Jahrszeit
schon im 54°. südlicher Breite. S. Voyage towards the South Pole & round the
World vol. II. p.
231 240 Ich lasse den Leser für sich urtheilen.
G g g 3

in den Jahren 1772 bis 1775.
gefuͤllt ſey. Die gruͤndlichſten Naturforſcher dieſes Jahrhunderts haben ange-1775.
Februar.

nommen, daß um den Suͤdpol her feſtes Land befindlich ſeyn muͤſſe. Dieſe
Meynung wird freylich durch unſre Erfahrung gar ſehr geſchwaͤcht, doch kann
ihren Einſichten daraus kein Vorwurf erwachſen, weil ſie nur wenige Facta vor
ſich hatten. Ohne zu beſtimmen, ob Sandwich Land ein Theil eines groͤßern
Continents iſt, wird es nicht unrecht ſeyn zu bemerken, daß eine der Urſachen,
die man fuͤr die Exiſtenz des Continents angiebt, durch neuere Erfahrungen ver-
worfen worden. Man hat nehmlich von je her geglaubt, daß die unermeßli-
chen Eismaſſen, die in dieſem Meere ſchwimmen, am Lande von Schnee und
friſchem Waſſer entſtehen, es iſt aber nunmehro erwieſen, daß das Seewaſſer
ebenfalls gefriert, und daß das Eis, welches auf dieſe Art formirt wird, keine
Salztheilchen enthaͤlt, ausgenommen wo es das Waſſer beruͤhrt, welches ſich in
die Zwiſchen-Raͤume zieht *).


*) Man ſehe die Erfahrungen des Herrn Nairne im LXVI. Bande der Philoſ Transactio-
nen im Iten Theil. Demohngeachtet iſt Capt. Cook noch der Meynung, daß Eis-Ei-
lande unmoͤglich anders als an den Kuͤſten und in den Thaͤlern und Haͤven des feſten
Landes formirt werden; weil ers nur auf dieſe Art fuͤr moͤglich haͤlt, die verſchiednen
Geſtalten dieſer Eismaſſen zu erklaͤren. Die großen Eilande, die ganz eben ſind, ſollen
in den Haͤven, diejenigen aber die zugeſpitzt und ſchroff ausſehen, ſollen zwiſchen Felſen,
und in Thaͤlern von gehaͤuftem und gefrornem Schnee entſtehen. Beyde Arten brechen
durch ihr eignes Gewicht von der ganzen unermeßlichen Maſſe ab, und treiben denn bey
beſtaͤndigen nordwaͤrts gehenden Stroͤmungen in gelindere Breiten. Capt. Cook iſt
demnach feſt verſichert, daß ein großes Stuͤck Landes um den Suͤd-Pol liegt, welches
freylich nicht viel taugt, weil er glaubt, daß Sandwich Land eine der noͤrdlichſten Spitzen
dieſes Continents ſey, und daß letzteres groͤßtentheils innerhalb der Polar-Cirkel liege.
Er haͤlt ferner dafuͤr, daß es ſich im Suͤdlichen Atlantiſchen und Indianiſchen Ocean,
weiter nordwaͤrts als im eigentlichen Suͤdmeere erſtreckt, weil wir in jenen das Eis wei-
ter nordwaͤrts als in dieſem finden. Denn nehmen wir an (ſagt er), daß kein Land exi-
ſtirt, ſo muͤßte die Kaͤlte rund um den Pol bis zum 70ten oder 60ten Grade der Breite,
oder ſo weit als die bekannten Welttheile keinen Einfluß auf die Atmosphaͤre haben koͤn-
nen, aller Orten einerley ſeyn, und folglich das Eis an einem Orte nicht weiter nord-
waͤrts als am andern kommen. Allein die Kaͤlte iſt im eigentlichen Suͤd-Meere ungleich
geringer, als in Suͤdlichen Atlantiſchen und Indianiſchen. Im erſtern fiel das Thermo-
meter nicht eher zum Gefrierpunkt, als bis wir weit uͤber den ſechszigſten Grad der Breite
gedrungen; hingegen in letzteren erreichte es dieſen Standpunkt zu eben der Jahrszeit
ſchon im 54°. ſuͤdlicher Breite. S. Voyage towards the South Pole & round the
World vol. II. p.
231 240 Ich laſſe den Leſer fuͤr ſich urtheilen.
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[421/0439] in den Jahren 1772 bis 1775. gefuͤllt ſey. Die gruͤndlichſten Naturforſcher dieſes Jahrhunderts haben ange- nommen, daß um den Suͤdpol her feſtes Land befindlich ſeyn muͤſſe. Dieſe Meynung wird freylich durch unſre Erfahrung gar ſehr geſchwaͤcht, doch kann ihren Einſichten daraus kein Vorwurf erwachſen, weil ſie nur wenige Facta vor ſich hatten. Ohne zu beſtimmen, ob Sandwich Land ein Theil eines groͤßern Continents iſt, wird es nicht unrecht ſeyn zu bemerken, daß eine der Urſachen, die man fuͤr die Exiſtenz des Continents angiebt, durch neuere Erfahrungen ver- worfen worden. Man hat nehmlich von je her geglaubt, daß die unermeßli- chen Eismaſſen, die in dieſem Meere ſchwimmen, am Lande von Schnee und friſchem Waſſer entſtehen, es iſt aber nunmehro erwieſen, daß das Seewaſſer ebenfalls gefriert, und daß das Eis, welches auf dieſe Art formirt wird, keine Salztheilchen enthaͤlt, ausgenommen wo es das Waſſer beruͤhrt, welches ſich in die Zwiſchen-Raͤume zieht *). 1775. Februar. *) Man ſehe die Erfahrungen des Herrn Nairne im LXVI. Bande der Philoſ Transactio- nen im Iten Theil. Demohngeachtet iſt Capt. Cook noch der Meynung, daß Eis-Ei- lande unmoͤglich anders als an den Kuͤſten und in den Thaͤlern und Haͤven des feſten Landes formirt werden; weil ers nur auf dieſe Art fuͤr moͤglich haͤlt, die verſchiednen Geſtalten dieſer Eismaſſen zu erklaͤren. Die großen Eilande, die ganz eben ſind, ſollen in den Haͤven, diejenigen aber die zugeſpitzt und ſchroff ausſehen, ſollen zwiſchen Felſen, und in Thaͤlern von gehaͤuftem und gefrornem Schnee entſtehen. Beyde Arten brechen durch ihr eignes Gewicht von der ganzen unermeßlichen Maſſe ab, und treiben denn bey beſtaͤndigen nordwaͤrts gehenden Stroͤmungen in gelindere Breiten. Capt. Cook iſt demnach feſt verſichert, daß ein großes Stuͤck Landes um den Suͤd-Pol liegt, welches freylich nicht viel taugt, weil er glaubt, daß Sandwich Land eine der noͤrdlichſten Spitzen dieſes Continents ſey, und daß letzteres groͤßtentheils innerhalb der Polar-Cirkel liege. Er haͤlt ferner dafuͤr, daß es ſich im Suͤdlichen Atlantiſchen und Indianiſchen Ocean, weiter nordwaͤrts als im eigentlichen Suͤdmeere erſtreckt, weil wir in jenen das Eis wei- ter nordwaͤrts als in dieſem finden. Denn nehmen wir an (ſagt er), daß kein Land exi- ſtirt, ſo muͤßte die Kaͤlte rund um den Pol bis zum 70ten oder 60ten Grade der Breite, oder ſo weit als die bekannten Welttheile keinen Einfluß auf die Atmosphaͤre haben koͤn- nen, aller Orten einerley ſeyn, und folglich das Eis an einem Orte nicht weiter nord- waͤrts als am andern kommen. Allein die Kaͤlte iſt im eigentlichen Suͤd-Meere ungleich geringer, als in Suͤdlichen Atlantiſchen und Indianiſchen. Im erſtern fiel das Thermo- meter nicht eher zum Gefrierpunkt, als bis wir weit uͤber den ſechszigſten Grad der Breite gedrungen; hingegen in letzteren erreichte es dieſen Standpunkt zu eben der Jahrszeit ſchon im 54°. ſuͤdlicher Breite. S. Voyage towards the South Pole & round the World vol. II. p. 231 240 Ich laſſe den Leſer fuͤr ſich urtheilen. G g g 3

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/439>, abgerufen am 28.11.2024.