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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1775.
März.
sen, daß er uns keine Erfrischungen mittheilen konnte. Nachmittags bey schö-
nem Wetter und frischem Winde sahen wir zwey Schwedische, ein Dänisches
und ein Englisches Schif, die mit allen Seegeln, und wehenden Flaggen auf
dem Wasser sanft vorbeyfuhren, und unsern Augen eins der schönsten Schau-
spiele darboten, das wir seit langer Zeit nicht gesehn. Am folgenden Morgen kam
das Englische Schif auf uns zu, und Lieut. Clerke, nebst meinem Vater und
einem Midschipman, giengen an Boord. Nachmittags stieg ein starker Wind
auf, unser Boot kam zurück, und das andre Schif legte gleich um, indeß wir
so lange fortseegelten, bis wir dicht unterm Lande waren. Dies Schif gehörte
der Englischen-Ostindischen Compagnie. Es hies True Briton, der Ca-
pitain, Herr Broadley, und kam von China nach Europa zurück. Unsre Her-
ren konnten die Gastfreyheit dieses Schifs-Capitains nicht genug rühmen, der
sie zu einem geringen Mittagsmahl (wie ers nannte) eingeladen hatte. Meine
Leser können sich die Gierigkeit vorstellen, womit drey ausgehungerte Welt-Um-
seegler, die seit sechs Wochen kein frisches Fleisch gekostet hatten, über eine
Schüssel fetter schinesischer Wachteln, und eine vortrefliche Gans herfielen, die
ihr guter Wirth als sehr schlechte Bewirthung ansahe. Aber, da sie erzählten, wie
lange wir von allen Europäischen Colonien abwesend gewesen, wie lange wir uns
von gesalzenem Fleisch genährt, und wie oft wir Seehunde, Albatroße und Pinguins
als Delicatessen genossen, ließen der Capitain und seine Steuermänner die Mes-
ser fallen, und alle wollten aus Mitleid mit ihren Gästen, nichts mehr genießen.
Beym Weggehen gab ihnen Cap. Broadley ein fettes Schwein, und etliche
Gänse, womit wir uns die beyden folgenden Tage gütlich thaten. Wir paßirten
das Cap Agulhas am 20sten, und hätten uns beynahe von einem sehr heftigen
Sturme beym Cap der guten Hofnung vorbey treiben lassen, wenn wir nicht zu
gutem Glück das Land früh Morgens am 21sten, durch den Nebel gesehn hätten.
Wir richteten uns darnach, und wagtens mehr Seegel zu führen, als wir auf
der ganzen Reise bey ähnlichem Winde gethan. Am 22sten des Morgens ka-
men wir glücklich in der Tafel-Bay vor Anker. Daselbst rechnete man aber den
21sten, indem wir einen ganzen Tag durch unsre Reise [ - 1 Zeichen fehlt][m] die Welt, von Westen
nach Osten, gewonnen hatten.


Errabant acti fatis maria omnia circum.
Virg.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1775.
Maͤrz.
ſen, daß er uns keine Erfriſchungen mittheilen konnte. Nachmittags bey ſchoͤ-
nem Wetter und friſchem Winde ſahen wir zwey Schwediſche, ein Daͤniſches
und ein Engliſches Schif, die mit allen Seegeln, und wehenden Flaggen auf
dem Waſſer ſanft vorbeyfuhren, und unſern Augen eins der ſchoͤnſten Schau-
ſpiele darboten, das wir ſeit langer Zeit nicht geſehn. Am folgenden Morgen kam
das Engliſche Schif auf uns zu, und Lieut. Clerke, nebſt meinem Vater und
einem Midſchipman, giengen an Boord. Nachmittags ſtieg ein ſtarker Wind
auf, unſer Boot kam zuruͤck, und das andre Schif legte gleich um, indeß wir
ſo lange fortſeegelten, bis wir dicht unterm Lande waren. Dies Schif gehoͤrte
der Engliſchen-Oſtindiſchen Compagnie. Es hies True Briton, der Ca-
pitain, Herr Broadley, und kam von China nach Europa zuruͤck. Unſre Her-
ren konnten die Gaſtfreyheit dieſes Schifs-Capitains nicht genug ruͤhmen, der
ſie zu einem geringen Mittagsmahl (wie ers nannte) eingeladen hatte. Meine
Leſer koͤnnen ſich die Gierigkeit vorſtellen, womit drey ausgehungerte Welt-Um-
ſeegler, die ſeit ſechs Wochen kein friſches Fleiſch gekoſtet hatten, uͤber eine
Schuͤſſel fetter ſchineſiſcher Wachteln, und eine vortrefliche Gans herfielen, die
ihr guter Wirth als ſehr ſchlechte Bewirthung anſahe. Aber, da ſie erzaͤhlten, wie
lange wir von allen Europaͤiſchen Colonien abweſend geweſen, wie lange wir uns
von geſalzenem Fleiſch genaͤhrt, und wie oft wir Seehunde, Albatroße und Pinguins
als Delicateſſen genoſſen, ließen der Capitain und ſeine Steuermaͤnner die Meſ-
ſer fallen, und alle wollten aus Mitleid mit ihren Gaͤſten, nichts mehr genießen.
Beym Weggehen gab ihnen Cap. Broadley ein fettes Schwein, und etliche
Gaͤnſe, womit wir uns die beyden folgenden Tage guͤtlich thaten. Wir paßirten
das Cap Agulhas am 20ſten, und haͤtten uns beynahe von einem ſehr heftigen
Sturme beym Cap der guten Hofnung vorbey treiben laſſen, wenn wir nicht zu
gutem Gluͤck das Land fruͤh Morgens am 21ſten, durch den Nebel geſehn haͤtten.
Wir richteten uns darnach, und wagtens mehr Seegel zu fuͤhren, als wir auf
der ganzen Reiſe bey aͤhnlichem Winde gethan. Am 22ſten des Morgens ka-
men wir gluͤcklich in der Tafel-Bay vor Anker. Daſelbſt rechnete man aber den
21ſten, indem wir einen ganzen Tag durch unſre Reiſe [ – 1 Zeichen fehlt][m] die Welt, von Weſten
nach Oſten, gewonnen hatten.


Errabant acti fatis maria omnia circum.
Virg.

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[426/0444] Forſter’s Reiſe um die Welt ſen, daß er uns keine Erfriſchungen mittheilen konnte. Nachmittags bey ſchoͤ- nem Wetter und friſchem Winde ſahen wir zwey Schwediſche, ein Daͤniſches und ein Engliſches Schif, die mit allen Seegeln, und wehenden Flaggen auf dem Waſſer ſanft vorbeyfuhren, und unſern Augen eins der ſchoͤnſten Schau- ſpiele darboten, das wir ſeit langer Zeit nicht geſehn. Am folgenden Morgen kam das Engliſche Schif auf uns zu, und Lieut. Clerke, nebſt meinem Vater und einem Midſchipman, giengen an Boord. Nachmittags ſtieg ein ſtarker Wind auf, unſer Boot kam zuruͤck, und das andre Schif legte gleich um, indeß wir ſo lange fortſeegelten, bis wir dicht unterm Lande waren. Dies Schif gehoͤrte der Engliſchen-Oſtindiſchen Compagnie. Es hies True Briton, der Ca- pitain, Herr Broadley, und kam von China nach Europa zuruͤck. Unſre Her- ren konnten die Gaſtfreyheit dieſes Schifs-Capitains nicht genug ruͤhmen, der ſie zu einem geringen Mittagsmahl (wie ers nannte) eingeladen hatte. Meine Leſer koͤnnen ſich die Gierigkeit vorſtellen, womit drey ausgehungerte Welt-Um- ſeegler, die ſeit ſechs Wochen kein friſches Fleiſch gekoſtet hatten, uͤber eine Schuͤſſel fetter ſchineſiſcher Wachteln, und eine vortrefliche Gans herfielen, die ihr guter Wirth als ſehr ſchlechte Bewirthung anſahe. Aber, da ſie erzaͤhlten, wie lange wir von allen Europaͤiſchen Colonien abweſend geweſen, wie lange wir uns von geſalzenem Fleiſch genaͤhrt, und wie oft wir Seehunde, Albatroße und Pinguins als Delicateſſen genoſſen, ließen der Capitain und ſeine Steuermaͤnner die Meſ- ſer fallen, und alle wollten aus Mitleid mit ihren Gaͤſten, nichts mehr genießen. Beym Weggehen gab ihnen Cap. Broadley ein fettes Schwein, und etliche Gaͤnſe, womit wir uns die beyden folgenden Tage guͤtlich thaten. Wir paßirten das Cap Agulhas am 20ſten, und haͤtten uns beynahe von einem ſehr heftigen Sturme beym Cap der guten Hofnung vorbey treiben laſſen, wenn wir nicht zu gutem Gluͤck das Land fruͤh Morgens am 21ſten, durch den Nebel geſehn haͤtten. Wir richteten uns darnach, und wagtens mehr Seegel zu fuͤhren, als wir auf der ganzen Reiſe bey aͤhnlichem Winde gethan. Am 22ſten des Morgens ka- men wir gluͤcklich in der Tafel-Bay vor Anker. Daſelbſt rechnete man aber den 21ſten, indem wir einen ganzen Tag durch unſre Reiſe _m die Welt, von Weſten nach Oſten, gewonnen hatten. 1775. Maͤrz. Errabant acti fatis maria omnia circum. Virg.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/444>, abgerufen am 27.11.2024.