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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1775.
März.
Aufenthalts am Cap. Die Officiere nahmen den folgenden Tag ebenfalls ein
Quartier in der Stadt; allein weil sie sich nicht in Acht genommen, sondern
gleich anfangs unmäßig gefressen hatten, so verdarben sie sich den Magen, und
hatten einen Ekel an allen Speisen, der sie recht elend und unglücklich machte.
Cap. Cook schickte zween oder drey scorbutische Patienten ins Hospital, außer
welchen alle unsre Leute ihre Arbeit verrichten konnten. Die übrigen sammelten
in kurzer Zeit neue Stärke beym beständigen Gebrauch frischer Lebensmittel,
worunter vorzüglich allerley Küchen-Gewächse, und eine Art schwarzes Rocken-
Brod, die beste Würkung thaten.

Wer kann das Vergnügen beschreiben, welches wir bey Eröfnung unsrer
Briefe von Verwandten und Freunden fühlten? Wer kann sich vorstellen, wie
viel der Umgang mit Europäern nach einer so langwierigen Reise, dazu beytrug, alle
verhaßten Eindrücke des erlittenen Elends zu verwischen, und unsre ganze Lebhaftig-
keit wieder herzustellen, die so viele Umstände bisher nieder gedruckt hatten? --
Wir brachten unsre Zeit sehr angenehm zu, und sammelten aus alten Zeitungs-
Blättern die Geschichte derer Jahre, da wir so zu sagen aus der Welt verbannt
gewesen. Da die Schiffe aller Nationen im Herbst und Frühling am Cap an-
legen, so fanden wir den Ort weit blühender als während unsers ersten Auf-
enthalts, 1772. Außer der großen jährlichen Flotte Holländischer Indienfahrer,
fanden wir verschiedne Französische Schiffe von der Isle de France, oder Mau-
ritius-Insel
, und eins aus Europa, welches eben der Herr Crozet commandirte,
der ehemals in Neu-Seeland gewesen. Etliche Dänische und zwey Schwedi-
sche Ost-Indische Schiffe kamen ebenfalls in die Tafel-Bay; ein Portugiesi-
sches Kriegs-Schif lag daselbst etliche Tage, und drey Spanische Fregatten,
davon eine von Manilla zurück kehrte, die beyden andern aber dorthin be-
stimmt waren, hielten sich daselbst einige Wochen auf.

Die großen, merkwürdigen Begebenheiten, die sich während unserer
Abwesenheit in Europa zugetragen, waren uns ganz unerwartet und neu. Ein
junger Held, hatte mit Gustav Wasas Geiste, Schweden vom Joch der Ari-
stocratischen Tyranney befreyt! Die finstre Barbarey, die sich im Osten von
Europa und Asien, selbst gegen Peters Herkulische Kräfte zu erhalten gewußt,
war entflohn vor einer Fürstinn, deren Gegenwart, so wie das Wunder am

Forſter’s Reiſe um die Welt
1775.
Maͤrz.
Aufenthalts am Cap. Die Officiere nahmen den folgenden Tag ebenfalls ein
Quartier in der Stadt; allein weil ſie ſich nicht in Acht genommen, ſondern
gleich anfangs unmaͤßig gefreſſen hatten, ſo verdarben ſie ſich den Magen, und
hatten einen Ekel an allen Speiſen, der ſie recht elend und ungluͤcklich machte.
Cap. Cook ſchickte zween oder drey ſcorbutiſche Patienten ins Hoſpital, außer
welchen alle unſre Leute ihre Arbeit verrichten konnten. Die uͤbrigen ſammelten
in kurzer Zeit neue Staͤrke beym beſtaͤndigen Gebrauch friſcher Lebensmittel,
worunter vorzuͤglich allerley Kuͤchen-Gewaͤchſe, und eine Art ſchwarzes Rocken-
Brod, die beſte Wuͤrkung thaten.

Wer kann das Vergnuͤgen beſchreiben, welches wir bey Eroͤfnung unſrer
Briefe von Verwandten und Freunden fuͤhlten? Wer kann ſich vorſtellen, wie
viel der Umgang mit Europaͤern nach einer ſo langwierigen Reiſe, dazu beytrug, alle
verhaßten Eindruͤcke des erlittenen Elends zu verwiſchen, und unſre ganze Lebhaftig-
keit wieder herzuſtellen, die ſo viele Umſtaͤnde bisher nieder gedruckt hatten? —
Wir brachten unſre Zeit ſehr angenehm zu, und ſammelten aus alten Zeitungs-
Blaͤttern die Geſchichte derer Jahre, da wir ſo zu ſagen aus der Welt verbannt
geweſen. Da die Schiffe aller Nationen im Herbſt und Fruͤhling am Cap an-
legen, ſo fanden wir den Ort weit bluͤhender als waͤhrend unſers erſten Auf-
enthalts, 1772. Außer der großen jaͤhrlichen Flotte Hollaͤndiſcher Indienfahrer,
fanden wir verſchiedne Franzoͤſiſche Schiffe von der Isle de France, oder Mau-
ritius-Inſel
, und eins aus Europa, welches eben der Herr Crozet commandirte,
der ehemals in Neu-Seeland geweſen. Etliche Daͤniſche und zwey Schwedi-
ſche Oſt-Indiſche Schiffe kamen ebenfalls in die Tafel-Bay; ein Portugieſi-
ſches Kriegs-Schif lag daſelbſt etliche Tage, und drey Spaniſche Fregatten,
davon eine von Manilla zuruͤck kehrte, die beyden andern aber dorthin be-
ſtimmt waren, hielten ſich daſelbſt einige Wochen auf.

Die großen, merkwuͤrdigen Begebenheiten, die ſich waͤhrend unſerer
Abweſenheit in Europa zugetragen, waren uns ganz unerwartet und neu. Ein
junger Held, hatte mit Guſtav Waſas Geiſte, Schweden vom Joch der Ari-
ſtocratiſchen Tyranney befreyt! Die finſtre Barbarey, die ſich im Oſten von
Europa und Aſien, ſelbſt gegen Peters Herkuliſche Kraͤfte zu erhalten gewußt,
war entflohn vor einer Fuͤrſtinn, deren Gegenwart, ſo wie das Wunder am

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[428/0446] Forſter’s Reiſe um die Welt Aufenthalts am Cap. Die Officiere nahmen den folgenden Tag ebenfalls ein Quartier in der Stadt; allein weil ſie ſich nicht in Acht genommen, ſondern gleich anfangs unmaͤßig gefreſſen hatten, ſo verdarben ſie ſich den Magen, und hatten einen Ekel an allen Speiſen, der ſie recht elend und ungluͤcklich machte. Cap. Cook ſchickte zween oder drey ſcorbutiſche Patienten ins Hoſpital, außer welchen alle unſre Leute ihre Arbeit verrichten konnten. Die uͤbrigen ſammelten in kurzer Zeit neue Staͤrke beym beſtaͤndigen Gebrauch friſcher Lebensmittel, worunter vorzuͤglich allerley Kuͤchen-Gewaͤchſe, und eine Art ſchwarzes Rocken- Brod, die beſte Wuͤrkung thaten. 1775. Maͤrz. Wer kann das Vergnuͤgen beſchreiben, welches wir bey Eroͤfnung unſrer Briefe von Verwandten und Freunden fuͤhlten? Wer kann ſich vorſtellen, wie viel der Umgang mit Europaͤern nach einer ſo langwierigen Reiſe, dazu beytrug, alle verhaßten Eindruͤcke des erlittenen Elends zu verwiſchen, und unſre ganze Lebhaftig- keit wieder herzuſtellen, die ſo viele Umſtaͤnde bisher nieder gedruckt hatten? — Wir brachten unſre Zeit ſehr angenehm zu, und ſammelten aus alten Zeitungs- Blaͤttern die Geſchichte derer Jahre, da wir ſo zu ſagen aus der Welt verbannt geweſen. Da die Schiffe aller Nationen im Herbſt und Fruͤhling am Cap an- legen, ſo fanden wir den Ort weit bluͤhender als waͤhrend unſers erſten Auf- enthalts, 1772. Außer der großen jaͤhrlichen Flotte Hollaͤndiſcher Indienfahrer, fanden wir verſchiedne Franzoͤſiſche Schiffe von der Isle de France, oder Mau- ritius-Inſel, und eins aus Europa, welches eben der Herr Crozet commandirte, der ehemals in Neu-Seeland geweſen. Etliche Daͤniſche und zwey Schwedi- ſche Oſt-Indiſche Schiffe kamen ebenfalls in die Tafel-Bay; ein Portugieſi- ſches Kriegs-Schif lag daſelbſt etliche Tage, und drey Spaniſche Fregatten, davon eine von Manilla zuruͤck kehrte, die beyden andern aber dorthin be- ſtimmt waren, hielten ſich daſelbſt einige Wochen auf. Die großen, merkwuͤrdigen Begebenheiten, die ſich waͤhrend unſerer Abweſenheit in Europa zugetragen, waren uns ganz unerwartet und neu. Ein junger Held, hatte mit Guſtav Waſas Geiſte, Schweden vom Joch der Ari- ſtocratiſchen Tyranney befreyt! Die finſtre Barbarey, die ſich im Oſten von Europa und Aſien, ſelbſt gegen Peters Herkuliſche Kraͤfte zu erhalten gewußt, war entflohn vor einer Fuͤrſtinn, deren Gegenwart, ſo wie das Wunder am

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/446>, abgerufen am 27.11.2024.