Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1775.
April.
sehr beträchtlich. Antilopen halten sich auch häufig in der Gegend auf. Ei-
nige bewohnen die unzugänglichsten Klippen, andre hingegen die mit Gras und
kleinen Büschen bedeckten Ebenen. Wir brachten einen ganzen Tag damit
zu, die Berge zu besteigen, und kehrten von der Hitze sehr ermüdet zurück.
Auf den Bergen fanden wir etliche überhangende Felsen, welche kleine Höhlen
formiren, woselbst die Holländischen Antilopen-Jäger zuweilen übernachten.

Simons-Bay ist derjenige Theil von False-Bay, wo die Schiffe
am besten gegen die Gewalt der im Winter anhaltenden Nord-Weste gesi-
chert sind. Ein Bollwerk (pier or mole) welches neben der Wohnung des
Commendanten in See geht, macht es Schifsleuten hier eben so bequem, als in
Tafel-Bay, Wasser und allerley Güter zu laden. Fische von guten, schmack-
haften Sorten, werden hier häufig gefangen, und allerley Erfrischungen kön-
nen mit leichter Mühe von den Plantagen auf der Land-Enge, oder von der
Cap-Stadt, die nur zwölf Meilen (Engl.) entlegen ist, herbeygeführt wer-
den. Die Ankunft der Schiffe zieht verschiedne Einwohner aus der Stadt
nach False-Bay. Sie lassen sich das engste und unbequemste Quartier ge-
fallen, ehe sie dem Vergnügen mit Fremden umzugehn entsagen sollten. Die-
se besondern Umstände geben Anlaß zu vielen nähern Verbindungen, welche die
Fremden nicht vernachläßigen, weil es dem hiesigen Frauenzimmer weder an
Lebhaftigkeit noch Reizen fehlt.

Nach dreyen Tagen kamen wir wieder zur Stadt, woselbst wir die
Thiere im Thiergarten der Compagnie untersuchten, und zu allen Pelzhändlern
giengen, um eine Sammlung Antilopen-Felle zu bekommen. Man zeigte uns
auch einen lebendigen Urang-Utang, oder Javanischen Affen, dem verschiede-
ne Philosophen die Ehre angethan, ihn für ihren nahen Verwandten zu erklä-
ren. Dieses Thier war ohngefähr zwey Fuß sechs Zoll lang, und kroch lieber
auf allen Vieren, da es doch auf den Hinterbeinen sitzen und gehen konnte.
Die Finger und Zehen waren sehr lang, und die Daumen sehr kurz; der
Bauch dick, das Gesicht so häslich, als sich nur immer denken läßt, und die
Nase etwas mehr der menschlichen ähnlich, als bey andern Affen-Gattungen.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1775.
April.
ſehr betraͤchtlich. Antilopen halten ſich auch haͤufig in der Gegend auf. Ei-
nige bewohnen die unzugaͤnglichſten Klippen, andre hingegen die mit Gras und
kleinen Buͤſchen bedeckten Ebenen. Wir brachten einen ganzen Tag damit
zu, die Berge zu beſteigen, und kehrten von der Hitze ſehr ermuͤdet zuruͤck.
Auf den Bergen fanden wir etliche uͤberhangende Felſen, welche kleine Hoͤhlen
formiren, woſelbſt die Hollaͤndiſchen Antilopen-Jaͤger zuweilen uͤbernachten.

Simons-Bay iſt derjenige Theil von Falſe-Bay, wo die Schiffe
am beſten gegen die Gewalt der im Winter anhaltenden Nord-Weſte geſi-
chert ſind. Ein Bollwerk (pier or mole) welches neben der Wohnung des
Commendanten in See geht, macht es Schifsleuten hier eben ſo bequem, als in
Tafel-Bay, Waſſer und allerley Guͤter zu laden. Fiſche von guten, ſchmack-
haften Sorten, werden hier haͤufig gefangen, und allerley Erfriſchungen koͤn-
nen mit leichter Muͤhe von den Plantagen auf der Land-Enge, oder von der
Cap-Stadt, die nur zwoͤlf Meilen (Engl.) entlegen iſt, herbeygefuͤhrt wer-
den. Die Ankunft der Schiffe zieht verſchiedne Einwohner aus der Stadt
nach Falſe-Bay. Sie laſſen ſich das engſte und unbequemſte Quartier ge-
fallen, ehe ſie dem Vergnuͤgen mit Fremden umzugehn entſagen ſollten. Die-
ſe beſondern Umſtaͤnde geben Anlaß zu vielen naͤhern Verbindungen, welche die
Fremden nicht vernachlaͤßigen, weil es dem hieſigen Frauenzimmer weder an
Lebhaftigkeit noch Reizen fehlt.

Nach dreyen Tagen kamen wir wieder zur Stadt, woſelbſt wir die
Thiere im Thiergarten der Compagnie unterſuchten, und zu allen Pelzhaͤndlern
giengen, um eine Sammlung Antilopen-Felle zu bekommen. Man zeigte uns
auch einen lebendigen Urang-Utang, oder Javaniſchen Affen, dem verſchiede-
ne Philoſophen die Ehre angethan, ihn fuͤr ihren nahen Verwandten zu erklaͤ-
ren. Dieſes Thier war ohngefaͤhr zwey Fuß ſechs Zoll lang, und kroch lieber
auf allen Vieren, da es doch auf den Hinterbeinen ſitzen und gehen konnte.
Die Finger und Zehen waren ſehr lang, und die Daumen ſehr kurz; der
Bauch dick, das Geſicht ſo haͤslich, als ſich nur immer denken laͤßt, und die
Naſe etwas mehr der menſchlichen aͤhnlich, als bey andern Affen-Gattungen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0448" n="430"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1775.<lb/>
April.</note>&#x017F;ehr betra&#x0364;chtlich. Antilopen halten &#x017F;ich auch ha&#x0364;ufig in der Gegend auf. Ei-<lb/>
nige bewohnen die unzuga&#x0364;nglich&#x017F;ten Klippen, andre hingegen die mit Gras und<lb/>
kleinen Bu&#x0364;&#x017F;chen bedeckten Ebenen. Wir brachten einen ganzen Tag damit<lb/>
zu, die Berge zu be&#x017F;teigen, und kehrten von der Hitze &#x017F;ehr ermu&#x0364;det zuru&#x0364;ck.<lb/>
Auf den Bergen fanden wir etliche u&#x0364;berhangende Fel&#x017F;en, welche kleine Ho&#x0364;hlen<lb/>
formiren, wo&#x017F;elb&#x017F;t die Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Antilopen-Ja&#x0364;ger zuweilen u&#x0364;bernachten.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr"><placeName>Simons-Bay</placeName></hi> i&#x017F;t derjenige Theil von <placeName>Fal&#x017F;e-Bay</placeName>, wo die Schiffe<lb/>
am be&#x017F;ten gegen die Gewalt der im Winter anhaltenden Nord-We&#x017F;te ge&#x017F;i-<lb/>
chert &#x017F;ind. Ein Bollwerk (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">pier or mole</hi></hi>) welches neben der Wohnung des<lb/>
Commendanten in See geht, macht es Schifsleuten hier eben &#x017F;o bequem, als in<lb/><placeName>Tafel-Bay</placeName>, Wa&#x017F;&#x017F;er und allerley Gu&#x0364;ter zu laden. Fi&#x017F;che von guten, &#x017F;chmack-<lb/>
haften Sorten, werden hier ha&#x0364;ufig gefangen, und allerley Erfri&#x017F;chungen ko&#x0364;n-<lb/>
nen mit leichter Mu&#x0364;he von den Plantagen auf der Land-Enge, oder von der<lb/><placeName>Cap-Stadt</placeName>, die nur zwo&#x0364;lf Meilen (Engl.) entlegen i&#x017F;t, herbeygefu&#x0364;hrt wer-<lb/>
den. Die Ankunft der Schiffe zieht ver&#x017F;chiedne Einwohner aus der Stadt<lb/>
nach <placeName>Fal&#x017F;e-Bay</placeName>. Sie la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich das eng&#x017F;te und unbequem&#x017F;te Quartier ge-<lb/>
fallen, ehe &#x017F;ie dem Vergnu&#x0364;gen mit Fremden umzugehn ent&#x017F;agen &#x017F;ollten. Die-<lb/>
&#x017F;e be&#x017F;ondern Um&#x017F;ta&#x0364;nde geben Anlaß zu vielen na&#x0364;hern Verbindungen, welche die<lb/>
Fremden nicht vernachla&#x0364;ßigen, weil es dem hie&#x017F;igen Frauenzimmer weder an<lb/>
Lebhaftigkeit noch Reizen fehlt.</p><lb/>
        <p>Nach dreyen Tagen kamen wir wieder zur Stadt, wo&#x017F;elb&#x017F;t wir die<lb/>
Thiere im Thiergarten der Compagnie unter&#x017F;uchten, und zu allen Pelzha&#x0364;ndlern<lb/>
giengen, um eine Sammlung Antilopen-Felle zu bekommen. Man zeigte uns<lb/>
auch einen lebendigen Urang-Utang, oder <choice><sic>Japani&#x017F;chen</sic><corr>Javani&#x017F;chen</corr></choice> Affen, dem ver&#x017F;chiede-<lb/>
ne Philo&#x017F;ophen die Ehre angethan, ihn fu&#x0364;r ihren nahen Verwandten zu erkla&#x0364;-<lb/>
ren. Die&#x017F;es Thier war ohngefa&#x0364;hr zwey Fuß &#x017F;echs Zoll lang, und kroch lieber<lb/>
auf allen Vieren, da es doch auf den Hinterbeinen &#x017F;itzen und gehen konnte.<lb/>
Die Finger und Zehen waren &#x017F;ehr lang, und die Daumen &#x017F;ehr kurz; der<lb/>
Bauch dick, das Ge&#x017F;icht &#x017F;o ha&#x0364;slich, als &#x017F;ich nur immer denken la&#x0364;ßt, und die<lb/>
Na&#x017F;e etwas mehr der men&#x017F;chlichen a&#x0364;hnlich, als bey andern Affen-Gattungen.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[430/0448] Forſter’s Reiſe um die Welt ſehr betraͤchtlich. Antilopen halten ſich auch haͤufig in der Gegend auf. Ei- nige bewohnen die unzugaͤnglichſten Klippen, andre hingegen die mit Gras und kleinen Buͤſchen bedeckten Ebenen. Wir brachten einen ganzen Tag damit zu, die Berge zu beſteigen, und kehrten von der Hitze ſehr ermuͤdet zuruͤck. Auf den Bergen fanden wir etliche uͤberhangende Felſen, welche kleine Hoͤhlen formiren, woſelbſt die Hollaͤndiſchen Antilopen-Jaͤger zuweilen uͤbernachten. 1775. April. Simons-Bay iſt derjenige Theil von Falſe-Bay, wo die Schiffe am beſten gegen die Gewalt der im Winter anhaltenden Nord-Weſte geſi- chert ſind. Ein Bollwerk (pier or mole) welches neben der Wohnung des Commendanten in See geht, macht es Schifsleuten hier eben ſo bequem, als in Tafel-Bay, Waſſer und allerley Guͤter zu laden. Fiſche von guten, ſchmack- haften Sorten, werden hier haͤufig gefangen, und allerley Erfriſchungen koͤn- nen mit leichter Muͤhe von den Plantagen auf der Land-Enge, oder von der Cap-Stadt, die nur zwoͤlf Meilen (Engl.) entlegen iſt, herbeygefuͤhrt wer- den. Die Ankunft der Schiffe zieht verſchiedne Einwohner aus der Stadt nach Falſe-Bay. Sie laſſen ſich das engſte und unbequemſte Quartier ge- fallen, ehe ſie dem Vergnuͤgen mit Fremden umzugehn entſagen ſollten. Die- ſe beſondern Umſtaͤnde geben Anlaß zu vielen naͤhern Verbindungen, welche die Fremden nicht vernachlaͤßigen, weil es dem hieſigen Frauenzimmer weder an Lebhaftigkeit noch Reizen fehlt. Nach dreyen Tagen kamen wir wieder zur Stadt, woſelbſt wir die Thiere im Thiergarten der Compagnie unterſuchten, und zu allen Pelzhaͤndlern giengen, um eine Sammlung Antilopen-Felle zu bekommen. Man zeigte uns auch einen lebendigen Urang-Utang, oder Javaniſchen Affen, dem verſchiede- ne Philoſophen die Ehre angethan, ihn fuͤr ihren nahen Verwandten zu erklaͤ- ren. Dieſes Thier war ohngefaͤhr zwey Fuß ſechs Zoll lang, und kroch lieber auf allen Vieren, da es doch auf den Hinterbeinen ſitzen und gehen konnte. Die Finger und Zehen waren ſehr lang, und die Daumen ſehr kurz; der Bauch dick, das Geſicht ſo haͤslich, als ſich nur immer denken laͤßt, und die Naſe etwas mehr der menſchlichen aͤhnlich, als bey andern Affen-Gattungen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/448
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/448>, abgerufen am 27.11.2024.