Nachrichten zu drucken verboten hat. Bey solchen Verordnungen muß freylich1775. Julius. die tiefste Unwissenheit in diesem Königreiche allgemein werden, und darin be- steht die größte Sicherheit einer tyrannischen Regierung.
Folgenden Morgen besuchten wir die Officiers der Französischen Fregatte, die im Hause einer Englischen Wittwe, Madame Milton, wohnten. Diese gute Frau brach gleich in Thränen aus, so bald sie hörte, daß wir um die Welt geseegelt wären; denn diese Reise erinnerte sie an den Verlust eines Sohnes, der mit Capt. Furneaux gefahren, und mit dem unglücklichen Rowe, von den Neu-Seeländern den grausamsten Tod erlitten hatte. Die Umstände, womit sein Schicksal verknüpft war, sind nach den Begriffen, die wir durch die Erzie- hung bekommen, viel schrecklicher als jede andre Todes-Art, und mußten daher einen so viel schmerzlichern Eindruck auf die betrübte, unglückliche Mutter ma- chen. Auch war ihre Wehmuth von der ächten Art, der jedes gefühlvolle Herz beystimmen muß, und erinnerte uns, wie viele Mütter beydes in Europa und den Inseln des Süd-Meeres, Ursache gehabt, den frühen Tod ihrer Söhne zu bejammern, und zugleich den Unternehmungs-Geist der Menschen zu ver- fluchen. Madame Milton hatte nach reiflicher Erwägung der vielen Wider- wärtigkeiten, die sie in ihrem Leben empfunden, den Entschluß gefaßt, ihrer Tochter Ruhe und Glückseeligkeit zu versichern, und sie in eins der hiesigen Klöster zu schicken, ohne zugleich zu bedenken, daß im vierzehnten Jahre des Lebens die Welt solche Reize und Annehmlichkeiten hat, die freylich im funfzig- sten ihre anziehende Kraft verlieren. Ihre Tochter war so wohlgebildet, daß sie den Portugiesischen Damen in Fayal den Preis der Schönheit streitig machen konnte. Einer unsrer Officiers nahm sich also ihrer an, und suchte Madame Milton von ihrem Vorhaben abzubringen, indem er sie in den plumpsten Aus- drücken eines groben Seefahrers versicherte, daß sie, anstatt ein verdienstliches Werk zu thun, den ewigen Fluch Gottes auf sich ziehen würde. Die Leser mögen entscheiden, ob die Ermahnungen eines Seemannes überhaupt, und in diesem Tone, vielen Eindruck machen konnten; jedoch die Dame nahm sie mit einer gefälligen Miene an, und in der Folge des Gesprächs zeigte sichs, daß sie nicht bloß aus Frömmigkeit, sondern vielmehr aus Privat-Absichten, ihre Toch- ter zur Nonne zu machen wünschte.
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in den Jahren 1772 bis 1775.
Nachrichten zu drucken verboten hat. Bey ſolchen Verordnungen muß freylich1775. Julius. die tiefſte Unwiſſenheit in dieſem Koͤnigreiche allgemein werden, und darin be- ſteht die groͤßte Sicherheit einer tyranniſchen Regierung.
Folgenden Morgen beſuchten wir die Officiers der Franzoͤſiſchen Fregatte, die im Hauſe einer Engliſchen Wittwe, Madame Milton, wohnten. Dieſe gute Frau brach gleich in Thraͤnen aus, ſo bald ſie hoͤrte, daß wir um die Welt geſeegelt waͤren; denn dieſe Reiſe erinnerte ſie an den Verluſt eines Sohnes, der mit Capt. Furneaux gefahren, und mit dem ungluͤcklichen Rowe, von den Neu-Seelaͤndern den grauſamſten Tod erlitten hatte. Die Umſtaͤnde, womit ſein Schickſal verknuͤpft war, ſind nach den Begriffen, die wir durch die Erzie- hung bekommen, viel ſchrecklicher als jede andre Todes-Art, und mußten daher einen ſo viel ſchmerzlichern Eindruck auf die betruͤbte, ungluͤckliche Mutter ma- chen. Auch war ihre Wehmuth von der aͤchten Art, der jedes gefuͤhlvolle Herz beyſtimmen muß, und erinnerte uns, wie viele Muͤtter beydes in Europa und den Inſeln des Suͤd-Meeres, Urſache gehabt, den fruͤhen Tod ihrer Soͤhne zu bejammern, und zugleich den Unternehmungs-Geiſt der Menſchen zu ver- fluchen. Madame Milton hatte nach reiflicher Erwaͤgung der vielen Wider- waͤrtigkeiten, die ſie in ihrem Leben empfunden, den Entſchluß gefaßt, ihrer Tochter Ruhe und Gluͤckſeeligkeit zu verſichern, und ſie in eins der hieſigen Kloͤſter zu ſchicken, ohne zugleich zu bedenken, daß im vierzehnten Jahre des Lebens die Welt ſolche Reize und Annehmlichkeiten hat, die freylich im funfzig- ſten ihre anziehende Kraft verlieren. Ihre Tochter war ſo wohlgebildet, daß ſie den Portugieſiſchen Damen in Fayal den Preis der Schoͤnheit ſtreitig machen konnte. Einer unſrer Officiers nahm ſich alſo ihrer an, und ſuchte Madame Milton von ihrem Vorhaben abzubringen, indem er ſie in den plumpſten Aus- druͤcken eines groben Seefahrers verſicherte, daß ſie, anſtatt ein verdienſtliches Werk zu thun, den ewigen Fluch Gottes auf ſich ziehen wuͤrde. Die Leſer moͤgen entſcheiden, ob die Ermahnungen eines Seemannes uͤberhaupt, und in dieſem Tone, vielen Eindruck machen konnten; jedoch die Dame nahm ſie mit einer gefaͤlligen Miene an, und in der Folge des Geſpraͤchs zeigte ſichs, daß ſie nicht bloß aus Froͤmmigkeit, ſondern vielmehr aus Privat-Abſichten, ihre Toch- ter zur Nonne zu machen wuͤnſchte.
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in den Jahren 1772 bis 1775.
Nachrichten zu drucken verboten hat. Bey ſolchen Verordnungen muß freylich
die tiefſte Unwiſſenheit in dieſem Koͤnigreiche allgemein werden, und darin be-
ſteht die groͤßte Sicherheit einer tyranniſchen Regierung.
1775.
Julius.
Folgenden Morgen beſuchten wir die Officiers der Franzoͤſiſchen Fregatte,
die im Hauſe einer Engliſchen Wittwe, Madame Milton, wohnten. Dieſe
gute Frau brach gleich in Thraͤnen aus, ſo bald ſie hoͤrte, daß wir um die Welt
geſeegelt waͤren; denn dieſe Reiſe erinnerte ſie an den Verluſt eines Sohnes, der
mit Capt. Furneaux gefahren, und mit dem ungluͤcklichen Rowe, von den
Neu-Seelaͤndern den grauſamſten Tod erlitten hatte. Die Umſtaͤnde, womit
ſein Schickſal verknuͤpft war, ſind nach den Begriffen, die wir durch die Erzie-
hung bekommen, viel ſchrecklicher als jede andre Todes-Art, und mußten daher
einen ſo viel ſchmerzlichern Eindruck auf die betruͤbte, ungluͤckliche Mutter ma-
chen. Auch war ihre Wehmuth von der aͤchten Art, der jedes gefuͤhlvolle Herz
beyſtimmen muß, und erinnerte uns, wie viele Muͤtter beydes in Europa und
den Inſeln des Suͤd-Meeres, Urſache gehabt, den fruͤhen Tod ihrer Soͤhne
zu bejammern, und zugleich den Unternehmungs-Geiſt der Menſchen zu ver-
fluchen. Madame Milton hatte nach reiflicher Erwaͤgung der vielen Wider-
waͤrtigkeiten, die ſie in ihrem Leben empfunden, den Entſchluß gefaßt, ihrer
Tochter Ruhe und Gluͤckſeeligkeit zu verſichern, und ſie in eins der hieſigen
Kloͤſter zu ſchicken, ohne zugleich zu bedenken, daß im vierzehnten Jahre des
Lebens die Welt ſolche Reize und Annehmlichkeiten hat, die freylich im funfzig-
ſten ihre anziehende Kraft verlieren. Ihre Tochter war ſo wohlgebildet, daß ſie
den Portugieſiſchen Damen in Fayal den Preis der Schoͤnheit ſtreitig machen
konnte. Einer unſrer Officiers nahm ſich alſo ihrer an, und ſuchte Madame
Milton von ihrem Vorhaben abzubringen, indem er ſie in den plumpſten Aus-
druͤcken eines groben Seefahrers verſicherte, daß ſie, anſtatt ein verdienſtliches
Werk zu thun, den ewigen Fluch Gottes auf ſich ziehen wuͤrde. Die Leſer
moͤgen entſcheiden, ob die Ermahnungen eines Seemannes uͤberhaupt, und in
dieſem Tone, vielen Eindruck machen konnten; jedoch die Dame nahm ſie mit
einer gefaͤlligen Miene an, und in der Folge des Geſpraͤchs zeigte ſichs, daß ſie
nicht bloß aus Froͤmmigkeit, ſondern vielmehr aus Privat-Abſichten, ihre Toch-
ter zur Nonne zu machen wuͤnſchte.
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/471>, abgerufen am 27.11.2024.
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