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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

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auf sie und den Grafen, der, eine kleine Verlegenheit verbergend, sich von mir abwandte; indeß bald darauf mit beispielloser Ruhe sagte: hätte ich ahnden können, wie nahe jene Begebenheit Sie angeht, ich würde Sie ohnfehlbar vorbereitet haben, denn ich hasse sicher nichts so sehr als Erschütterungen, die den gebildeten Menschen aus dem schicklichen Gleichgewicht reißen. Jetzt ist indeß die Entdeckung gemacht, und ich zweifle nicht, wir Alle gewinnen bald die Fassung wieder, die wir dem äußren Anstand schuldig sind. Die Gräfin lag wie zerschmettert am Boden, und schien auf nichts zu achten. Ich fuhr aufs neue wie ein Blitz durch den ruhigen Gang seiner Rede, indem ich dringend nach meinem Bruder fragte. Verzeihen Sie, erwiederte er gütig, wenn ich dieser Frage nicht früher zuvorkam, ich glaubte Sie besser unterrichtet. Herr von Mansfeld ist wohl, und in diesem Augenblick auf einem Schiff, das nach Constantinopel unter Segel ging. Um jede verletzende Erklärung, fuhr er fort, schnell zu beendigen, sage ich Ihnen noch, daß Viola zwischen mir und dem Schleier zu wählen hatte, daß ein kurzer Aufenthalt im Kloster, der Anfang des Probejahrs, sie auf immer mit einer so düstern, ihrem Gemüth wenig angemessenen, Zukunft entzweite, und sie es vorzog, eine fremde Blume, in deutschen Wäldern

auf sie und den Grafen, der, eine kleine Verlegenheit verbergend, sich von mir abwandte; indeß bald darauf mit beispielloser Ruhe sagte: hätte ich ahnden können, wie nahe jene Begebenheit Sie angeht, ich würde Sie ohnfehlbar vorbereitet haben, denn ich hasse sicher nichts so sehr als Erschütterungen, die den gebildeten Menschen aus dem schicklichen Gleichgewicht reißen. Jetzt ist indeß die Entdeckung gemacht, und ich zweifle nicht, wir Alle gewinnen bald die Fassung wieder, die wir dem äußren Anstand schuldig sind. Die Gräfin lag wie zerschmettert am Boden, und schien auf nichts zu achten. Ich fuhr aufs neue wie ein Blitz durch den ruhigen Gang seiner Rede, indem ich dringend nach meinem Bruder fragte. Verzeihen Sie, erwiederte er gütig, wenn ich dieser Frage nicht früher zuvorkam, ich glaubte Sie besser unterrichtet. Herr von Mansfeld ist wohl, und in diesem Augenblick auf einem Schiff, das nach Constantinopel unter Segel ging. Um jede verletzende Erklärung, fuhr er fort, schnell zu beendigen, sage ich Ihnen noch, daß Viola zwischen mir und dem Schleier zu wählen hatte, daß ein kurzer Aufenthalt im Kloster, der Anfang des Probejahrs, sie auf immer mit einer so düstern, ihrem Gemüth wenig angemessenen, Zukunft entzweite, und sie es vorzog, eine fremde Blume, in deutschen Wäldern

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[15/0023] auf sie und den Grafen, der, eine kleine Verlegenheit verbergend, sich von mir abwandte; indeß bald darauf mit beispielloser Ruhe sagte: hätte ich ahnden können, wie nahe jene Begebenheit Sie angeht, ich würde Sie ohnfehlbar vorbereitet haben, denn ich hasse sicher nichts so sehr als Erschütterungen, die den gebildeten Menschen aus dem schicklichen Gleichgewicht reißen. Jetzt ist indeß die Entdeckung gemacht, und ich zweifle nicht, wir Alle gewinnen bald die Fassung wieder, die wir dem äußren Anstand schuldig sind. Die Gräfin lag wie zerschmettert am Boden, und schien auf nichts zu achten. Ich fuhr aufs neue wie ein Blitz durch den ruhigen Gang seiner Rede, indem ich dringend nach meinem Bruder fragte. Verzeihen Sie, erwiederte er gütig, wenn ich dieser Frage nicht früher zuvorkam, ich glaubte Sie besser unterrichtet. Herr von Mansfeld ist wohl, und in diesem Augenblick auf einem Schiff, das nach Constantinopel unter Segel ging. Um jede verletzende Erklärung, fuhr er fort, schnell zu beendigen, sage ich Ihnen noch, daß Viola zwischen mir und dem Schleier zu wählen hatte, daß ein kurzer Aufenthalt im Kloster, der Anfang des Probejahrs, sie auf immer mit einer so düstern, ihrem Gemüth wenig angemessenen, Zukunft entzweite, und sie es vorzog, eine fremde Blume, in deutschen Wäldern

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/23>, abgerufen am 21.11.2024.