Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.diese Besonnenheit immer leitet, ob er stets absichtlich handelt, oder ob seine brennende Phantasie ihn fortreißt, die er aus eigner Kraft dann selbst wieder zügelt und vielleicht sich wie die Welt glauben läßt, ruhige Ueberlegung leite seine Schritte. Ich mag bei dem Letztern gern stehen bleiben, weil ich einmal ein bestechliches Wohlwollen für ihn empfinde, und auch nicht denken kann, daß der Mensch, bei so großen Anlagen, ein bloß mechanisches Kunststück aus sich machen werde. Allein, er hat mir öfter gesagt: es sei die Schuld aller nicht Blindgebornen, wenn sie schwarz für weiß ansehen. Die Phantasie der Meisten sei so arm, ihr Gefühl so nüchtern, daß sie es immer dankbar annehmen, wenn man ihnen von außen etwas aufdringe, was sie beschäftigen könne. Es sei eine Lust, wie sie sich hin und her werfen ließen, ohne nur einmal den Wunsch in sich aufkommen zu lassen, durch innre Haltung solchem Spiel zu widerstehen. Dieser Zustand halben Denkens, diese augenblickliche Anregung des Verstandes, der sich sogleich voll Eitelkeit über sich selbst erhebe und der Sache auf den Grund zu schauen meine, dies vornehme Verachten jeder ungewöhnlichen Handlung, alles dies thue den Menschen so wohl, daß sie zu Dutzenden in sein Netz liefen und, selbst nach erkannter Täuschung, willig bei ihm aushielten. diese Besonnenheit immer leitet, ob er stets absichtlich handelt, oder ob seine brennende Phantasie ihn fortreißt, die er aus eigner Kraft dann selbst wieder zügelt und vielleicht sich wie die Welt glauben läßt, ruhige Ueberlegung leite seine Schritte. Ich mag bei dem Letztern gern stehen bleiben, weil ich einmal ein bestechliches Wohlwollen für ihn empfinde, und auch nicht denken kann, daß der Mensch, bei so großen Anlagen, ein bloß mechanisches Kunststück aus sich machen werde. Allein, er hat mir öfter gesagt: es sei die Schuld aller nicht Blindgebornen, wenn sie schwarz für weiß ansehen. Die Phantasie der Meisten sei so arm, ihr Gefühl so nüchtern, daß sie es immer dankbar annehmen, wenn man ihnen von außen etwas aufdringe, was sie beschäftigen könne. Es sei eine Lust, wie sie sich hin und her werfen ließen, ohne nur einmal den Wunsch in sich aufkommen zu lassen, durch innre Haltung solchem Spiel zu widerstehen. Dieser Zustand halben Denkens, diese augenblickliche Anregung des Verstandes, der sich sogleich voll Eitelkeit über sich selbst erhebe und der Sache auf den Grund zu schauen meine, dies vornehme Verachten jeder ungewöhnlichen Handlung, alles dies thue den Menschen so wohl, daß sie zu Dutzenden in sein Netz liefen und, selbst nach erkannter Täuschung, willig bei ihm aushielten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052" n="44"/> diese Besonnenheit immer leitet, ob er stets absichtlich handelt, oder ob seine brennende Phantasie ihn fortreißt, die er aus eigner Kraft dann selbst wieder zügelt und vielleicht sich wie die Welt glauben läßt, ruhige Ueberlegung leite seine Schritte. Ich mag bei dem Letztern gern stehen bleiben, weil ich einmal ein bestechliches Wohlwollen für ihn empfinde, und auch nicht denken kann, daß der Mensch, bei so großen Anlagen, ein bloß mechanisches Kunststück aus sich machen werde. Allein, er hat mir öfter gesagt: es sei die Schuld aller nicht Blindgebornen, wenn sie schwarz für weiß ansehen. Die Phantasie der Meisten sei so arm, ihr Gefühl so nüchtern, daß sie es immer dankbar annehmen, wenn man ihnen von außen etwas aufdringe, was sie beschäftigen könne. Es sei eine Lust, wie sie sich hin und her werfen ließen, ohne nur einmal den Wunsch in sich aufkommen zu lassen, durch innre Haltung solchem Spiel zu widerstehen. Dieser Zustand halben Denkens, diese augenblickliche Anregung des Verstandes, der sich sogleich voll Eitelkeit über sich selbst erhebe und der Sache auf den Grund zu schauen meine, dies vornehme Verachten jeder ungewöhnlichen Handlung, alles dies thue den Menschen so wohl, daß sie zu Dutzenden in sein Netz liefen und, selbst nach erkannter Täuschung, willig bei ihm aushielten.</p> <p> </p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0052]
diese Besonnenheit immer leitet, ob er stets absichtlich handelt, oder ob seine brennende Phantasie ihn fortreißt, die er aus eigner Kraft dann selbst wieder zügelt und vielleicht sich wie die Welt glauben läßt, ruhige Ueberlegung leite seine Schritte. Ich mag bei dem Letztern gern stehen bleiben, weil ich einmal ein bestechliches Wohlwollen für ihn empfinde, und auch nicht denken kann, daß der Mensch, bei so großen Anlagen, ein bloß mechanisches Kunststück aus sich machen werde. Allein, er hat mir öfter gesagt: es sei die Schuld aller nicht Blindgebornen, wenn sie schwarz für weiß ansehen. Die Phantasie der Meisten sei so arm, ihr Gefühl so nüchtern, daß sie es immer dankbar annehmen, wenn man ihnen von außen etwas aufdringe, was sie beschäftigen könne. Es sei eine Lust, wie sie sich hin und her werfen ließen, ohne nur einmal den Wunsch in sich aufkommen zu lassen, durch innre Haltung solchem Spiel zu widerstehen. Dieser Zustand halben Denkens, diese augenblickliche Anregung des Verstandes, der sich sogleich voll Eitelkeit über sich selbst erhebe und der Sache auf den Grund zu schauen meine, dies vornehme Verachten jeder ungewöhnlichen Handlung, alles dies thue den Menschen so wohl, daß sie zu Dutzenden in sein Netz liefen und, selbst nach erkannter Täuschung, willig bei ihm aushielten.
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/52>, abgerufen am 16.07.2024. |