Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Leben, das der reinste Wille und die andächtige Feier entschwundner Geliebten mehr und mehr veredelte. Die arme Familie im Walde wurde in dieser Stimmung am wenigsten vergessen. Ihre Segnungen tönten in Luisens Herzen wie der Ruf des Himmels zu neuen guten Werken.

Julius ging indeß seinen einsamen Weg. Zu Anfang war es wohl, als wenn Luisens erheitertes Dasein auch erfrischend durch ihn hinzöge; allein er fiel bald wieder in sich selbst zurück. Die Sorge für die Dauer ihres Glückes beschäftigte ihn ängstlich, und machte ihn über die Mittel, es zu erhalten, unschlüssig. Gleichwohl vermochte er nicht, mit ihr darüber zu reden, weil er überall dem innern Reichthum seiner Gefühle keine Worte leihen konnte, weshalb er in ihrer Gegenwart einsilbig, oft verlegen blieb. Dieser innre Druck ward noch dadurch vermehrt, daß ihn Luise, so oft sie bei einander waren, drängte, ihr etwas vorzulesen, Klavier zu spielen, oder auf einem Spaziergange den Mönch aufzusuchen, den sie oftmals antrafen, und für den sie eine große Anhänglichkeit gewann. Julius fühlte wohl, daß die Armuth seiner Unterhaltung nach und nach alle gegenseitige Mittheilung hemmen und Luisens lebendigen Sinn mit Gewalt nach Außen treiben werde. Er versuchte es daher mit der gutmüthigsten Anstrengung, sich freier und

Leben, das der reinste Wille und die andächtige Feier entschwundner Geliebten mehr und mehr veredelte. Die arme Familie im Walde wurde in dieser Stimmung am wenigsten vergessen. Ihre Segnungen tönten in Luisens Herzen wie der Ruf des Himmels zu neuen guten Werken.

Julius ging indeß seinen einsamen Weg. Zu Anfang war es wohl, als wenn Luisens erheitertes Dasein auch erfrischend durch ihn hinzöge; allein er fiel bald wieder in sich selbst zurück. Die Sorge für die Dauer ihres Glückes beschäftigte ihn ängstlich, und machte ihn über die Mittel, es zu erhalten, unschlüssig. Gleichwohl vermochte er nicht, mit ihr darüber zu reden, weil er überall dem innern Reichthum seiner Gefühle keine Worte leihen konnte, weshalb er in ihrer Gegenwart einsilbig, oft verlegen blieb. Dieser innre Druck ward noch dadurch vermehrt, daß ihn Luise, so oft sie bei einander waren, drängte, ihr etwas vorzulesen, Klavier zu spielen, oder auf einem Spaziergange den Mönch aufzusuchen, den sie oftmals antrafen, und für den sie eine große Anhänglichkeit gewann. Julius fühlte wohl, daß die Armuth seiner Unterhaltung nach und nach alle gegenseitige Mittheilung hemmen und Luisens lebendigen Sinn mit Gewalt nach Außen treiben werde. Er versuchte es daher mit der gutmüthigsten Anstrengung, sich freier und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0070" n="62"/>
Leben, das der reinste Wille und die andächtige Feier entschwundner Geliebten mehr und mehr veredelte. Die arme Familie im Walde wurde in dieser Stimmung am wenigsten vergessen. Ihre Segnungen tönten in Luisens Herzen wie der Ruf des Himmels zu neuen guten Werken.</p>
        <p>Julius ging indeß seinen einsamen Weg. Zu Anfang war es wohl, als wenn Luisens erheitertes Dasein auch erfrischend durch ihn hinzöge; allein er fiel bald wieder in sich selbst zurück. Die Sorge für die Dauer ihres Glückes beschäftigte ihn ängstlich, und machte ihn über die Mittel, es zu erhalten, unschlüssig. Gleichwohl vermochte er nicht, mit ihr darüber zu reden, weil er überall dem innern Reichthum seiner Gefühle keine Worte leihen konnte, weshalb er in ihrer Gegenwart einsilbig, oft verlegen blieb. Dieser innre Druck ward noch dadurch vermehrt, daß ihn Luise, so oft sie bei einander waren, drängte, ihr etwas vorzulesen, Klavier zu spielen, oder auf einem Spaziergange den Mönch aufzusuchen, den sie oftmals antrafen, und für den sie eine große Anhänglichkeit gewann. Julius fühlte wohl, daß die Armuth seiner Unterhaltung nach und nach alle gegenseitige Mittheilung hemmen und Luisens lebendigen Sinn mit Gewalt nach Außen treiben werde. Er versuchte es daher mit der gutmüthigsten Anstrengung, sich freier und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0070] Leben, das der reinste Wille und die andächtige Feier entschwundner Geliebten mehr und mehr veredelte. Die arme Familie im Walde wurde in dieser Stimmung am wenigsten vergessen. Ihre Segnungen tönten in Luisens Herzen wie der Ruf des Himmels zu neuen guten Werken. Julius ging indeß seinen einsamen Weg. Zu Anfang war es wohl, als wenn Luisens erheitertes Dasein auch erfrischend durch ihn hinzöge; allein er fiel bald wieder in sich selbst zurück. Die Sorge für die Dauer ihres Glückes beschäftigte ihn ängstlich, und machte ihn über die Mittel, es zu erhalten, unschlüssig. Gleichwohl vermochte er nicht, mit ihr darüber zu reden, weil er überall dem innern Reichthum seiner Gefühle keine Worte leihen konnte, weshalb er in ihrer Gegenwart einsilbig, oft verlegen blieb. Dieser innre Druck ward noch dadurch vermehrt, daß ihn Luise, so oft sie bei einander waren, drängte, ihr etwas vorzulesen, Klavier zu spielen, oder auf einem Spaziergange den Mönch aufzusuchen, den sie oftmals antrafen, und für den sie eine große Anhänglichkeit gewann. Julius fühlte wohl, daß die Armuth seiner Unterhaltung nach und nach alle gegenseitige Mittheilung hemmen und Luisens lebendigen Sinn mit Gewalt nach Außen treiben werde. Er versuchte es daher mit der gutmüthigsten Anstrengung, sich freier und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/70
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/70>, abgerufen am 23.11.2024.