Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.Heil der Menschen da ist. Als sie Luisen die ersten Veilchen brachte, sanken sie einander sprachlos in die Arme. Beide durchdrang das gleiche Gefühl. Es war ja der alte Frühling wieder, der sie heute wie ehemals, mit seiner süßen Milde berührte. Die Natur, groß und ewig, war ihren stillen Gang fort gegangen, unbekümmert um die widersprechenden kleinen Wünsche der Menschen. Und sollen wir nicht, sagte Minchen, durch stetes ruhiges Walten, uns selbst treu bleiben, wie die alte weise Führerin es lehrt! Die innigste Liebe trieb sie dann auf's neue hinaus. Sie säete und pflanzte und ordnete, mit des Gärtners Hülfe, alles zu Luisens Freude. Dabei sammelte sie heilbringende Kräuter, die sie zu bereiten verstand, und rastete nicht eher, bis sie Kranke und Leidende fand, denen sie helfen, die sie heilen und pflegen konnte. Luise ward unwillkührlich in dies regsamere Leben mit hineingezogen. Nur gestaltete sich unter ihren Händen alles anders, größer, umfassender, als es Minchen, an beschränktere Mittel gewöhnt, wünschen durfte. Schon bei dem Anblick der fast sterbenden Marie, war es ihr anschaulich geworden, wie man das Leben und die Gesundheit der Menschen bei weitem nicht heilig genug halte, und durch Unachtsamkeit auf den bedürftigern Theil derselben, manchen Mord begehe. Besonders hatte Heil der Menschen da ist. Als sie Luisen die ersten Veilchen brachte, sanken sie einander sprachlos in die Arme. Beide durchdrang das gleiche Gefühl. Es war ja der alte Frühling wieder, der sie heute wie ehemals, mit seiner süßen Milde berührte. Die Natur, groß und ewig, war ihren stillen Gang fort gegangen, unbekümmert um die widersprechenden kleinen Wünsche der Menschen. Und sollen wir nicht, sagte Minchen, durch stetes ruhiges Walten, uns selbst treu bleiben, wie die alte weise Führerin es lehrt! Die innigste Liebe trieb sie dann auf’s neue hinaus. Sie säete und pflanzte und ordnete, mit des Gärtners Hülfe, alles zu Luisens Freude. Dabei sammelte sie heilbringende Kräuter, die sie zu bereiten verstand, und rastete nicht eher, bis sie Kranke und Leidende fand, denen sie helfen, die sie heilen und pflegen konnte. Luise ward unwillkührlich in dies regsamere Leben mit hineingezogen. Nur gestaltete sich unter ihren Händen alles anders, größer, umfassender, als es Minchen, an beschränktere Mittel gewöhnt, wünschen durfte. Schon bei dem Anblick der fast sterbenden Marie, war es ihr anschaulich geworden, wie man das Leben und die Gesundheit der Menschen bei weitem nicht heilig genug halte, und durch Unachtsamkeit auf den bedürftigern Theil derselben, manchen Mord begehe. Besonders hatte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0169" n="167"/> Heil der Menschen da ist. Als sie Luisen die ersten Veilchen brachte, sanken sie einander sprachlos in die Arme. Beide durchdrang das gleiche Gefühl. Es war ja der alte Frühling wieder, der sie heute wie ehemals, mit seiner süßen Milde berührte. Die Natur, groß und ewig, war ihren stillen Gang fort gegangen, unbekümmert um die widersprechenden kleinen Wünsche der Menschen. Und sollen wir nicht, sagte Minchen, durch stetes ruhiges Walten, uns selbst treu bleiben, wie die alte weise Führerin es lehrt! Die innigste Liebe trieb sie dann auf’s neue hinaus. Sie säete und pflanzte und ordnete, mit des Gärtners Hülfe, alles zu Luisens Freude. Dabei sammelte sie heilbringende Kräuter, die sie zu bereiten verstand, und rastete nicht eher, bis sie Kranke und Leidende fand, denen sie helfen, die sie heilen und pflegen konnte. Luise ward unwillkührlich in dies regsamere Leben mit hineingezogen. Nur gestaltete sich unter ihren Händen alles anders, größer, umfassender, als es Minchen, an beschränktere Mittel gewöhnt, wünschen durfte. Schon bei dem Anblick der fast sterbenden Marie, war es ihr anschaulich geworden, wie man das Leben und die Gesundheit der Menschen bei weitem nicht heilig genug halte, und durch Unachtsamkeit auf den bedürftigern Theil derselben, manchen Mord begehe. Besonders hatte </p> </div> </body> </text> </TEI> [167/0169]
Heil der Menschen da ist. Als sie Luisen die ersten Veilchen brachte, sanken sie einander sprachlos in die Arme. Beide durchdrang das gleiche Gefühl. Es war ja der alte Frühling wieder, der sie heute wie ehemals, mit seiner süßen Milde berührte. Die Natur, groß und ewig, war ihren stillen Gang fort gegangen, unbekümmert um die widersprechenden kleinen Wünsche der Menschen. Und sollen wir nicht, sagte Minchen, durch stetes ruhiges Walten, uns selbst treu bleiben, wie die alte weise Führerin es lehrt! Die innigste Liebe trieb sie dann auf’s neue hinaus. Sie säete und pflanzte und ordnete, mit des Gärtners Hülfe, alles zu Luisens Freude. Dabei sammelte sie heilbringende Kräuter, die sie zu bereiten verstand, und rastete nicht eher, bis sie Kranke und Leidende fand, denen sie helfen, die sie heilen und pflegen konnte. Luise ward unwillkührlich in dies regsamere Leben mit hineingezogen. Nur gestaltete sich unter ihren Händen alles anders, größer, umfassender, als es Minchen, an beschränktere Mittel gewöhnt, wünschen durfte. Schon bei dem Anblick der fast sterbenden Marie, war es ihr anschaulich geworden, wie man das Leben und die Gesundheit der Menschen bei weitem nicht heilig genug halte, und durch Unachtsamkeit auf den bedürftigern Theil derselben, manchen Mord begehe. Besonders hatte
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