Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.Carl, sagte Luise, der jener Wink nicht entgangen war, ist es Julius, den Sie eben jetzt meinten? Ich bitte Sie um Gotteswillen, sagen Sie mir die Wahrheit, ist er krank? gefährlich krank? Weiß der Himmel! rief jener nach kurzem Besinnen, wie mir's bei Ihnen mit meinen Geheimnissen geht! Wenn ich einmal unversehens anschlage, so kommen Sie gewiß gleich auf die rechte Spur und erfahren allemal was Sie nicht wissen sollen, denn ableugnen kann ich nicht, und auf solche Kunststückchen, Sie auf falsche Fährte zu locken, verstehe ich mich gar nicht. Also ist es so! rief Luise ganz außer sich. O Gott, auch das noch! Beunruhigen Sie sich nicht vor der Zeit, sagte Carl, das Schlimmste ist noch nicht da, ist vielleicht noch sehr entfernt; aber wahr ist's, Julius leidet viel. Ich traf gestern den Doktor auf dem Falkenstein, wohin ihn Georg in der Herzensangst rufen ließ. Julius hat ein paarmal heftige Fieberanfälle gehabt und sieht sich kaum noch ähnlich. Ich erschrak, als ich zu ihm hineintrat. Er saß da, bleich und abgefallen, wie ein Schatten. Guter Carl, sagte er, als ich ihm die Hand gab, Du hast es immer ehrlich mit mir gemeint, in unsern Kinderspielen wie im Leben selbst; ich danke Dir. Mir gingen diese Worte durch die Seele. Sie klangen wie ein Abschiedsgruß. Ich betrachtete ihn schweigend. Carl, sagte Luise, der jener Wink nicht entgangen war, ist es Julius, den Sie eben jetzt meinten? Ich bitte Sie um Gotteswillen, sagen Sie mir die Wahrheit, ist er krank? gefährlich krank? Weiß der Himmel! rief jener nach kurzem Besinnen, wie mir’s bei Ihnen mit meinen Geheimnissen geht! Wenn ich einmal unversehens anschlage, so kommen Sie gewiß gleich auf die rechte Spur und erfahren allemal was Sie nicht wissen sollen, denn ableugnen kann ich nicht, und auf solche Kunststückchen, Sie auf falsche Fährte zu locken, verstehe ich mich gar nicht. Also ist es so! rief Luise ganz außer sich. O Gott, auch das noch! Beunruhigen Sie sich nicht vor der Zeit, sagte Carl, das Schlimmste ist noch nicht da, ist vielleicht noch sehr entfernt; aber wahr ist’s, Julius leidet viel. Ich traf gestern den Doktor auf dem Falkenstein, wohin ihn Georg in der Herzensangst rufen ließ. Julius hat ein paarmal heftige Fieberanfälle gehabt und sieht sich kaum noch ähnlich. Ich erschrak, als ich zu ihm hineintrat. Er saß da, bleich und abgefallen, wie ein Schatten. Guter Carl, sagte er, als ich ihm die Hand gab, Du hast es immer ehrlich mit mir gemeint, in unsern Kinderspielen wie im Leben selbst; ich danke Dir. Mir gingen diese Worte durch die Seele. Sie klangen wie ein Abschiedsgruß. Ich betrachtete ihn schweigend. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0019" n="17"/> <p> Carl, sagte Luise, der jener Wink nicht entgangen war, ist es Julius, den Sie eben jetzt meinten? Ich bitte Sie um Gotteswillen, sagen Sie mir die Wahrheit, ist er krank? gefährlich krank? Weiß der Himmel! rief jener nach kurzem Besinnen, wie mir’s bei Ihnen mit meinen Geheimnissen geht! Wenn ich einmal unversehens anschlage, so kommen Sie gewiß gleich auf die rechte Spur und erfahren allemal was Sie nicht wissen sollen, denn ableugnen kann ich nicht, und auf solche Kunststückchen, Sie auf falsche Fährte zu locken, verstehe ich mich gar nicht. Also ist es so! rief Luise ganz außer sich. O Gott, auch das noch! Beunruhigen Sie sich nicht vor der Zeit, sagte Carl, das Schlimmste ist noch nicht da, ist vielleicht noch sehr entfernt; aber wahr ist’s, Julius leidet viel. Ich traf gestern den Doktor auf dem Falkenstein, wohin ihn Georg in der Herzensangst rufen ließ. Julius hat ein paarmal heftige Fieberanfälle gehabt und sieht sich kaum noch ähnlich. Ich erschrak, als ich zu ihm hineintrat. Er saß da, bleich und abgefallen, wie ein Schatten. Guter Carl, sagte er, als ich ihm die Hand gab, Du hast es immer ehrlich mit mir gemeint, in unsern Kinderspielen wie im Leben selbst; ich danke Dir. Mir gingen diese Worte durch die Seele. Sie klangen wie ein Abschiedsgruß. Ich betrachtete ihn schweigend. </p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0019]
Carl, sagte Luise, der jener Wink nicht entgangen war, ist es Julius, den Sie eben jetzt meinten? Ich bitte Sie um Gotteswillen, sagen Sie mir die Wahrheit, ist er krank? gefährlich krank? Weiß der Himmel! rief jener nach kurzem Besinnen, wie mir’s bei Ihnen mit meinen Geheimnissen geht! Wenn ich einmal unversehens anschlage, so kommen Sie gewiß gleich auf die rechte Spur und erfahren allemal was Sie nicht wissen sollen, denn ableugnen kann ich nicht, und auf solche Kunststückchen, Sie auf falsche Fährte zu locken, verstehe ich mich gar nicht. Also ist es so! rief Luise ganz außer sich. O Gott, auch das noch! Beunruhigen Sie sich nicht vor der Zeit, sagte Carl, das Schlimmste ist noch nicht da, ist vielleicht noch sehr entfernt; aber wahr ist’s, Julius leidet viel. Ich traf gestern den Doktor auf dem Falkenstein, wohin ihn Georg in der Herzensangst rufen ließ. Julius hat ein paarmal heftige Fieberanfälle gehabt und sieht sich kaum noch ähnlich. Ich erschrak, als ich zu ihm hineintrat. Er saß da, bleich und abgefallen, wie ein Schatten. Guter Carl, sagte er, als ich ihm die Hand gab, Du hast es immer ehrlich mit mir gemeint, in unsern Kinderspielen wie im Leben selbst; ich danke Dir. Mir gingen diese Worte durch die Seele. Sie klangen wie ein Abschiedsgruß. Ich betrachtete ihn schweigend.
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/19>, abgerufen am 16.07.2024. |