Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.mich an einen davor stehenden Stuhl, um Athem zu schöpfen. Meine Blicke fielen zufällig auf zerstreut liegende Papiere, deren Schriftzüge ich lange anstarrte, ohne zu wissen was ich las; doch nach und nach traten die Worte wie Nachtgesichte vor mich hin und fuhren schneidend in mein Innres. Ich besann mich; es waren fliegende Blätter aus Luisens Tagebuch, die vor mir lagen. Ihr Inhalt schüttelte mich wach. Ich erkannte damals, wie jetzt, die Qual, mit der sie rang, und beschloß, sie zu retten, gleichviel wie. Mit den Pistolen unter dem Arm, stürzte ich aus dem Hause. Im Hofe traf ich den Jäger, der aus dem Walde zurückkam. Ich fragte ihn, ob er dem Fremden begegnet sei. Ja wohl, sagte er, der muß was auf der Spur haben; ich sah ihn, durch die Schonung kommend, rechts über den Graben setzen und dann den Weg nach dem Kloster nehmen. Nach dem Kloster? fragte ich. Mich schüttelte es wie Fieberfrost. Sattle zwei Pferde! rief ich, reite nach Harzgerode und erwarte dort Nachricht. Ich weiß nicht recht, warum ich das sagte; ich dachte wohl an ein Unglück, an mögliche Flucht für Fernando; deutlich war mir nichts, selbst nicht mein Wille. Am Eingang der Buchenallee, die zum Kloster führt, sprang mir Luisens Hund entgegen. Er lief hin und her, bald vor- bald rückwärts. Ich folgte ihm athemlos, mich an einen davor stehenden Stuhl, um Athem zu schöpfen. Meine Blicke fielen zufällig auf zerstreut liegende Papiere, deren Schriftzüge ich lange anstarrte, ohne zu wissen was ich las; doch nach und nach traten die Worte wie Nachtgesichte vor mich hin und fuhren schneidend in mein Innres. Ich besann mich; es waren fliegende Blätter aus Luisens Tagebuch, die vor mir lagen. Ihr Inhalt schüttelte mich wach. Ich erkannte damals, wie jetzt, die Qual, mit der sie rang, und beschloß, sie zu retten, gleichviel wie. Mit den Pistolen unter dem Arm, stürzte ich aus dem Hause. Im Hofe traf ich den Jäger, der aus dem Walde zurückkam. Ich fragte ihn, ob er dem Fremden begegnet sei. Ja wohl, sagte er, der muß was auf der Spur haben; ich sah ihn, durch die Schonung kommend, rechts über den Graben setzen und dann den Weg nach dem Kloster nehmen. Nach dem Kloster? fragte ich. Mich schüttelte es wie Fieberfrost. Sattle zwei Pferde! rief ich, reite nach Harzgerode und erwarte dort Nachricht. Ich weiß nicht recht, warum ich das sagte; ich dachte wohl an ein Unglück, an mögliche Flucht für Fernando; deutlich war mir nichts, selbst nicht mein Wille. Am Eingang der Buchenallee, die zum Kloster führt, sprang mir Luisens Hund entgegen. Er lief hin und her, bald vor- bald rückwärts. Ich folgte ihm athemlos, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0023" n="21"/> mich an einen davor stehenden Stuhl, um Athem zu schöpfen. Meine Blicke fielen zufällig auf zerstreut liegende Papiere, deren Schriftzüge ich lange anstarrte, ohne zu wissen was ich las; doch nach und nach traten die Worte wie Nachtgesichte vor mich hin und fuhren schneidend in mein Innres. Ich besann mich; es waren fliegende Blätter aus Luisens Tagebuch, die vor mir lagen. Ihr Inhalt schüttelte mich wach. Ich erkannte damals, wie jetzt, die Qual, mit der sie rang, und beschloß, sie zu retten, gleichviel wie. Mit den Pistolen unter dem Arm, stürzte ich aus dem Hause. Im Hofe traf ich den Jäger, der aus dem Walde zurückkam. Ich fragte ihn, ob er dem Fremden begegnet sei. Ja wohl, sagte er, der muß was auf der Spur haben; ich sah ihn, durch die Schonung kommend, rechts über den Graben setzen und dann den Weg nach dem Kloster nehmen. Nach dem Kloster? fragte ich. Mich schüttelte es wie Fieberfrost. Sattle zwei Pferde! rief ich, reite nach Harzgerode und erwarte dort Nachricht. Ich weiß nicht recht, warum ich das sagte; ich dachte wohl an ein Unglück, an mögliche Flucht für Fernando; deutlich war mir nichts, selbst nicht mein Wille. Am Eingang der Buchenallee, die zum Kloster führt, sprang mir Luisens Hund entgegen. Er lief hin und her, bald vor- bald rückwärts. Ich folgte ihm athemlos, </p> </div> </body> </text> </TEI> [21/0023]
mich an einen davor stehenden Stuhl, um Athem zu schöpfen. Meine Blicke fielen zufällig auf zerstreut liegende Papiere, deren Schriftzüge ich lange anstarrte, ohne zu wissen was ich las; doch nach und nach traten die Worte wie Nachtgesichte vor mich hin und fuhren schneidend in mein Innres. Ich besann mich; es waren fliegende Blätter aus Luisens Tagebuch, die vor mir lagen. Ihr Inhalt schüttelte mich wach. Ich erkannte damals, wie jetzt, die Qual, mit der sie rang, und beschloß, sie zu retten, gleichviel wie. Mit den Pistolen unter dem Arm, stürzte ich aus dem Hause. Im Hofe traf ich den Jäger, der aus dem Walde zurückkam. Ich fragte ihn, ob er dem Fremden begegnet sei. Ja wohl, sagte er, der muß was auf der Spur haben; ich sah ihn, durch die Schonung kommend, rechts über den Graben setzen und dann den Weg nach dem Kloster nehmen. Nach dem Kloster? fragte ich. Mich schüttelte es wie Fieberfrost. Sattle zwei Pferde! rief ich, reite nach Harzgerode und erwarte dort Nachricht. Ich weiß nicht recht, warum ich das sagte; ich dachte wohl an ein Unglück, an mögliche Flucht für Fernando; deutlich war mir nichts, selbst nicht mein Wille. Am Eingang der Buchenallee, die zum Kloster führt, sprang mir Luisens Hund entgegen. Er lief hin und her, bald vor- bald rückwärts. Ich folgte ihm athemlos,
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