Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.riß Alle im Taumel fort. So im Streit mit Gottes Willen und den eignen Wünschen soll der Mensch nicht über sich bestimmen wollen. Die Liebe sollte siegen, aber der Tod mit seinen Qualen drängte sie zurück. Carl stand mit gefalteten Händen vor dem Greise. Reden Sie nicht mehr vom Tode, sagte er erschüttert, ich habe ihn seit gestern immer vor Augen, und das ängstet mich entsetzlich. Der Alte sah den frischen lebenslustigen Jüngling an, nahm seine Hand und sagte: nun, so wollen wir vom Engel des Friedens reden, der alle bösen Träume und auch den Tod verjagt. Er sei uns hier und dort nahe. Alle schwiegen. Luisen faßte ein leiser, wonniger Schauer. Der Friedensengel neigte sich zu ihr und küßte ihre wunde Brust. Dort und hier? dachte sie. Was birgt das dunkle Jenseit? Sollen dort Blumen blühen, die mir hier fremd waren? Ist der Himmel nicht der ewig Eine? Still dämmernd brach ein neuer Morgen in ihre Seele herein. Sie fühlte eine unaussprechliche Sehnsucht nach Julius, der versöhnend aus der Ferne winkte und das feuchte Auge voll Schmerz und Liebe auf sie heftete. Dahin, dahin, dachte sie, führt der Weg zum Himmel. Haben Sie gelesen? fragte der Prediger, auf riß Alle im Taumel fort. So im Streit mit Gottes Willen und den eignen Wünschen soll der Mensch nicht über sich bestimmen wollen. Die Liebe sollte siegen, aber der Tod mit seinen Qualen drängte sie zurück. Carl stand mit gefalteten Händen vor dem Greise. Reden Sie nicht mehr vom Tode, sagte er erschüttert, ich habe ihn seit gestern immer vor Augen, und das ängstet mich entsetzlich. Der Alte sah den frischen lebenslustigen Jüngling an, nahm seine Hand und sagte: nun, so wollen wir vom Engel des Friedens reden, der alle bösen Träume und auch den Tod verjagt. Er sei uns hier und dort nahe. Alle schwiegen. Luisen faßte ein leiser, wonniger Schauer. Der Friedensengel neigte sich zu ihr und küßte ihre wunde Brust. Dort und hier? dachte sie. Was birgt das dunkle Jenseit? Sollen dort Blumen blühen, die mir hier fremd waren? Ist der Himmel nicht der ewig Eine? Still dämmernd brach ein neuer Morgen in ihre Seele herein. Sie fühlte eine unaussprechliche Sehnsucht nach Julius, der versöhnend aus der Ferne winkte und das feuchte Auge voll Schmerz und Liebe auf sie heftete. Dahin, dahin, dachte sie, führt der Weg zum Himmel. Haben Sie gelesen? fragte der Prediger, auf <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0027" n="25"/> riß Alle im Taumel fort. So im Streit mit Gottes Willen und den eignen Wünschen soll der Mensch nicht über sich bestimmen wollen. Die Liebe sollte siegen, aber der Tod mit seinen Qualen drängte sie zurück.</p> <p>Carl stand mit gefalteten Händen vor dem Greise. Reden Sie nicht mehr vom Tode, sagte er erschüttert, ich habe ihn seit gestern immer vor Augen, und das ängstet mich entsetzlich. Der Alte sah den frischen lebenslustigen Jüngling an, nahm seine Hand und sagte: nun, so wollen wir vom Engel des Friedens reden, der alle bösen Träume und auch den Tod verjagt. Er sei uns hier und dort nahe.</p> <p>Alle schwiegen. Luisen faßte ein leiser, wonniger Schauer. Der Friedensengel neigte sich zu ihr und küßte ihre wunde Brust. Dort und hier? dachte sie. Was birgt das dunkle Jenseit? Sollen dort Blumen blühen, die mir hier fremd waren? Ist der Himmel nicht der ewig Eine? Still dämmernd brach ein neuer Morgen in ihre Seele herein. Sie fühlte eine unaussprechliche Sehnsucht nach Julius, der versöhnend aus der Ferne winkte und das feuchte Auge voll Schmerz und Liebe auf sie heftete. Dahin, dahin, dachte sie, führt der Weg zum Himmel.</p> <p>Haben Sie gelesen? fragte der Prediger, auf </p> </div> </body> </text> </TEI> [25/0027]
riß Alle im Taumel fort. So im Streit mit Gottes Willen und den eignen Wünschen soll der Mensch nicht über sich bestimmen wollen. Die Liebe sollte siegen, aber der Tod mit seinen Qualen drängte sie zurück.
Carl stand mit gefalteten Händen vor dem Greise. Reden Sie nicht mehr vom Tode, sagte er erschüttert, ich habe ihn seit gestern immer vor Augen, und das ängstet mich entsetzlich. Der Alte sah den frischen lebenslustigen Jüngling an, nahm seine Hand und sagte: nun, so wollen wir vom Engel des Friedens reden, der alle bösen Träume und auch den Tod verjagt. Er sei uns hier und dort nahe.
Alle schwiegen. Luisen faßte ein leiser, wonniger Schauer. Der Friedensengel neigte sich zu ihr und küßte ihre wunde Brust. Dort und hier? dachte sie. Was birgt das dunkle Jenseit? Sollen dort Blumen blühen, die mir hier fremd waren? Ist der Himmel nicht der ewig Eine? Still dämmernd brach ein neuer Morgen in ihre Seele herein. Sie fühlte eine unaussprechliche Sehnsucht nach Julius, der versöhnend aus der Ferne winkte und das feuchte Auge voll Schmerz und Liebe auf sie heftete. Dahin, dahin, dachte sie, führt der Weg zum Himmel.
Haben Sie gelesen? fragte der Prediger, auf
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/27>, abgerufen am 16.07.2024. |