Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht Herr wer den kann. Dann aber hat Gott Erbarmen und sendet seine Engel, die wilde Brut mit dem alten Geist zu versöhnen, damit Friede werde im Himmel wie auf Erden. Mein Knab' war einer von diesen, er mußte hinunter in die Tiefe, und wenn er wiederkehrt, bringt er zum Unterpfand den reichen Schatz an's Tageslicht. Mein Knab' war schön wie die Engel sind, er verstand die Sprache der Thiere und jeden Laut in der Natur. Er hat mir's seitdem zu Nachts gelehrt, daß ich nun weiß was kommen wird, und ruhig bin. Des Alten Blicke leuchteten, während er sprach, er hob sich immer mehr und mehr, so daß er gerade und feierlich da saß, als er mit gehobner Stimme sagte: vernehmt Ihr des Windes Rauschen und das Schwirren der Vögel, die langsam durch den Wald hinziehn? Dazu bricht sich die Flamme in wunderlichen Farben und zischt wie der alten Schlange Ruf. Es nahet irgend ein sündbeladnes Haupt, und drüber hin zieht der Tod.

Luisen faßte ein entsetzliches Grausen. Mariane war schon längst hinter einen großen Schrank geflüchtet und verhüllte Aug' und Ohren. Da trat Anton herein; die Anwesenden flüchtig grüßend, wandte er sich zu seiner Frau, und sagte ihr, daß ihm ein Fremder auf den Fuß folge, der sich im Walde verirrt habe und hier den Aufgang des Mondes

nicht Herr wer den kann. Dann aber hat Gott Erbarmen und sendet seine Engel, die wilde Brut mit dem alten Geist zu versöhnen, damit Friede werde im Himmel wie auf Erden. Mein Knab’ war einer von diesen, er mußte hinunter in die Tiefe, und wenn er wiederkehrt, bringt er zum Unterpfand den reichen Schatz an’s Tageslicht. Mein Knab’ war schön wie die Engel sind, er verstand die Sprache der Thiere und jeden Laut in der Natur. Er hat mir’s seitdem zu Nachts gelehrt, daß ich nun weiß was kommen wird, und ruhig bin. Des Alten Blicke leuchteten, während er sprach, er hob sich immer mehr und mehr, so daß er gerade und feierlich da saß, als er mit gehobner Stimme sagte: vernehmt Ihr des Windes Rauschen und das Schwirren der Vögel, die langsam durch den Wald hinziehn? Dazu bricht sich die Flamme in wunderlichen Farben und zischt wie der alten Schlange Ruf. Es nahet irgend ein sündbeladnes Haupt, und drüber hin zieht der Tod.

Luisen faßte ein entsetzliches Grausen. Mariane war schon längst hinter einen großen Schrank geflüchtet und verhüllte Aug’ und Ohren. Da trat Anton herein; die Anwesenden flüchtig grüßend, wandte er sich zu seiner Frau, und sagte ihr, daß ihm ein Fremder auf den Fuß folge, der sich im Walde verirrt habe und hier den Aufgang des Mondes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0047" n="45"/>
nicht Herr wer den kann. Dann aber hat Gott Erbarmen und sendet seine Engel, die wilde Brut mit dem alten Geist zu versöhnen, damit Friede werde im Himmel wie auf Erden. Mein Knab&#x2019; war einer von diesen, er mußte hinunter in die Tiefe, und wenn er wiederkehrt, bringt er zum Unterpfand den reichen Schatz an&#x2019;s Tageslicht. Mein Knab&#x2019; war schön wie die Engel sind, er verstand die Sprache der Thiere und jeden Laut in der Natur. Er hat mir&#x2019;s seitdem zu Nachts gelehrt, daß ich nun weiß was kommen wird, und ruhig bin. Des Alten Blicke leuchteten, während er sprach, er hob sich immer mehr und mehr, so daß er gerade und feierlich da saß, als er mit gehobner Stimme sagte: vernehmt Ihr des Windes Rauschen und das Schwirren der Vögel, die langsam durch den Wald hinziehn? Dazu bricht sich die Flamme in wunderlichen Farben und zischt wie der alten Schlange Ruf. Es nahet irgend ein sündbeladnes Haupt, und drüber hin zieht der Tod.</p>
        <p>Luisen faßte ein entsetzliches Grausen. Mariane war schon längst hinter einen großen Schrank geflüchtet und verhüllte Aug&#x2019; und Ohren. Da trat Anton herein; die Anwesenden flüchtig grüßend, wandte er sich zu seiner Frau, und sagte ihr, daß ihm ein Fremder auf den Fuß folge, der sich im Walde verirrt habe und hier den Aufgang des Mondes
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0047] nicht Herr wer den kann. Dann aber hat Gott Erbarmen und sendet seine Engel, die wilde Brut mit dem alten Geist zu versöhnen, damit Friede werde im Himmel wie auf Erden. Mein Knab’ war einer von diesen, er mußte hinunter in die Tiefe, und wenn er wiederkehrt, bringt er zum Unterpfand den reichen Schatz an’s Tageslicht. Mein Knab’ war schön wie die Engel sind, er verstand die Sprache der Thiere und jeden Laut in der Natur. Er hat mir’s seitdem zu Nachts gelehrt, daß ich nun weiß was kommen wird, und ruhig bin. Des Alten Blicke leuchteten, während er sprach, er hob sich immer mehr und mehr, so daß er gerade und feierlich da saß, als er mit gehobner Stimme sagte: vernehmt Ihr des Windes Rauschen und das Schwirren der Vögel, die langsam durch den Wald hinziehn? Dazu bricht sich die Flamme in wunderlichen Farben und zischt wie der alten Schlange Ruf. Es nahet irgend ein sündbeladnes Haupt, und drüber hin zieht der Tod. Luisen faßte ein entsetzliches Grausen. Mariane war schon längst hinter einen großen Schrank geflüchtet und verhüllte Aug’ und Ohren. Da trat Anton herein; die Anwesenden flüchtig grüßend, wandte er sich zu seiner Frau, und sagte ihr, daß ihm ein Fremder auf den Fuß folge, der sich im Walde verirrt habe und hier den Aufgang des Mondes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/47
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/47>, abgerufen am 04.12.2024.