Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.zitterst? erschrickst Du vor dem Gedanken, Niemand als mich zu haben, in dessen Brust Du die Welt, den Frieden und die Unschuld Deiner Seele wiederfinden kannst? Sieh um Dich, Du bist allein, ganz allein unter Menschen, die Dich nicht verstehn, nicht verstehn wollen. Im Kampf mit Dir selbst, zerreißst Du ein Leben, das so seelig, so unaussprechlich seelig sein könnte! Sei doch mitleidig gegen Dich selbst. Komm, fliehe mit mir. Dieser Augenblick entscheidet für uns Beide. Sieh, ich führe Dich in mein Vaterland, wo Du geliebt, wo Du glücklich sein wirst. Hier -? Was suchst Du hier? Was erwartest Du von Verhältnissen, die Dich hohl und kalt ansehn? Glaubst Du, die Freunde werden es Dir verzeihn, daß Du einen andern Weg gingst, als den sie Dir mit ihren Alltagsblicken vorzeichneten. Hoffst Du, Julius sei mehr als ein Mensch? Er verschmäht ein Herz, das sich und ihn belog. Komm denn, komm mit mir, Luise. Georg! Georg! rief der Alte im Schlaf, laß Deine Thränen nicht so über die grauen Wimpern fließen! Sie tragen Dich auch bald hinunter. Hör nur, wie der Todtenvogel krächzt. Mit schwerem Fittig fuhr jetzt eine Eule schreiend am Fenster vorüber. Luise sprang auf. Das Entsetzen gab ihr Kraft. Bleich stand sie vor zitterst? erschrickst Du vor dem Gedanken, Niemand als mich zu haben, in dessen Brust Du die Welt, den Frieden und die Unschuld Deiner Seele wiederfinden kannst? Sieh um Dich, Du bist allein, ganz allein unter Menschen, die Dich nicht verstehn, nicht verstehn wollen. Im Kampf mit Dir selbst, zerreißst Du ein Leben, das so seelig, so unaussprechlich seelig sein könnte! Sei doch mitleidig gegen Dich selbst. Komm, fliehe mit mir. Dieser Augenblick entscheidet für uns Beide. Sieh, ich führe Dich in mein Vaterland, wo Du geliebt, wo Du glücklich sein wirst. Hier –? Was suchst Du hier? Was erwartest Du von Verhältnissen, die Dich hohl und kalt ansehn? Glaubst Du, die Freunde werden es Dir verzeihn, daß Du einen andern Weg gingst, als den sie Dir mit ihren Alltagsblicken vorzeichneten. Hoffst Du, Julius sei mehr als ein Mensch? Er verschmäht ein Herz, das sich und ihn belog. Komm denn, komm mit mir, Luise. Georg! Georg! rief der Alte im Schlaf, laß Deine Thränen nicht so über die grauen Wimpern fließen! Sie tragen Dich auch bald hinunter. Hör nur, wie der Todtenvogel krächzt. Mit schwerem Fittig fuhr jetzt eine Eule schreiend am Fenster vorüber. Luise sprang auf. Das Entsetzen gab ihr Kraft. Bleich stand sie vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052" n="50"/> zitterst? erschrickst Du vor dem Gedanken, Niemand als mich zu haben, in dessen Brust Du die Welt, den Frieden und die Unschuld Deiner Seele wiederfinden kannst? Sieh um Dich, Du bist allein, ganz allein unter Menschen, die Dich nicht verstehn, nicht verstehn wollen. Im Kampf mit Dir selbst, zerreißst Du ein Leben, das so seelig, so unaussprechlich seelig sein könnte! Sei doch mitleidig gegen Dich selbst. Komm, fliehe mit mir. Dieser Augenblick entscheidet für uns Beide. Sieh, ich führe Dich in mein Vaterland, wo Du geliebt, wo Du glücklich sein wirst. Hier –? Was suchst Du hier? Was erwartest Du von Verhältnissen, die Dich hohl und kalt ansehn? Glaubst Du, die Freunde werden es Dir verzeihn, daß Du einen andern Weg gingst, als den sie Dir mit ihren Alltagsblicken vorzeichneten. Hoffst Du, Julius sei mehr als ein Mensch? Er verschmäht ein Herz, das sich und ihn belog. Komm denn, komm mit mir, Luise.</p> <p>Georg! Georg! rief der Alte im Schlaf, laß Deine Thränen nicht so über die grauen Wimpern fließen! Sie tragen Dich auch bald hinunter. Hör nur, wie der Todtenvogel krächzt.</p> <p>Mit schwerem Fittig fuhr jetzt eine Eule schreiend am Fenster vorüber. Luise sprang auf. Das Entsetzen gab ihr Kraft. Bleich stand sie vor </p> </div> </body> </text> </TEI> [50/0052]
zitterst? erschrickst Du vor dem Gedanken, Niemand als mich zu haben, in dessen Brust Du die Welt, den Frieden und die Unschuld Deiner Seele wiederfinden kannst? Sieh um Dich, Du bist allein, ganz allein unter Menschen, die Dich nicht verstehn, nicht verstehn wollen. Im Kampf mit Dir selbst, zerreißst Du ein Leben, das so seelig, so unaussprechlich seelig sein könnte! Sei doch mitleidig gegen Dich selbst. Komm, fliehe mit mir. Dieser Augenblick entscheidet für uns Beide. Sieh, ich führe Dich in mein Vaterland, wo Du geliebt, wo Du glücklich sein wirst. Hier –? Was suchst Du hier? Was erwartest Du von Verhältnissen, die Dich hohl und kalt ansehn? Glaubst Du, die Freunde werden es Dir verzeihn, daß Du einen andern Weg gingst, als den sie Dir mit ihren Alltagsblicken vorzeichneten. Hoffst Du, Julius sei mehr als ein Mensch? Er verschmäht ein Herz, das sich und ihn belog. Komm denn, komm mit mir, Luise.
Georg! Georg! rief der Alte im Schlaf, laß Deine Thränen nicht so über die grauen Wimpern fließen! Sie tragen Dich auch bald hinunter. Hör nur, wie der Todtenvogel krächzt.
Mit schwerem Fittig fuhr jetzt eine Eule schreiend am Fenster vorüber. Luise sprang auf. Das Entsetzen gab ihr Kraft. Bleich stand sie vor
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/52>, abgerufen am 16.07.2024. |