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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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die Frage nicht hinaus, und verhärtete und erbitterte ihr Gemüth gegen alles, was das Leben ihr noch Trostreiches geben konnte.

So umgewandelt, schroff und herbe, sich gegen das unvermeidliche Verhängniß auflehnend, sank ihr Innres immer mehr zusammen, ohne daß ein lebendes Wesen, ein vertrauliches Wort es erfrischend berührte. Die leichtgeknüpften, frühern Verbindungen hatte Julius Tod meist gelöst, entferntere Bekannte schwiegen, verlegen, wie sie ihre Theilnahme äußern sollten, ohne der störenden Mißverhältnisse zu gedenken. Der alte Geistliche lag krank, schon seit Monaten mit eignen Leiden kämpfend. Luise hatte es immer verschoben, ihn zu besuchen, weil sie, wie so viele Unglückliche, von jedem Tage etwas Neues, Ungewöhnliches, erwartete und mit beruhigterm Gemüth an das stille Lager zu treten hoffte. Als aber alles blieb wie es war, und das Verlangen nach dem sanften Trost ihres alten Freundes sie einmal recht lebendig erfaßte, machte sie sich auf den Weg, und trat durch das sauber geschnitzte, von dunkler Vinca umrankte Gitter des Pfarrhofes, als folgende Worte einer weiblichen Stimme aus dem Hause herüberklangen:

Weiß auf weißem Grund gewoben,
Blumen, seid so bleich und fremd,

die Frage nicht hinaus, und verhärtete und erbitterte ihr Gemüth gegen alles, was das Leben ihr noch Trostreiches geben konnte.

So umgewandelt, schroff und herbe, sich gegen das unvermeidliche Verhängniß auflehnend, sank ihr Innres immer mehr zusammen, ohne daß ein lebendes Wesen, ein vertrauliches Wort es erfrischend berührte. Die leichtgeknüpften, frühern Verbindungen hatte Julius Tod meist gelöst, entferntere Bekannte schwiegen, verlegen, wie sie ihre Theilnahme äußern sollten, ohne der störenden Mißverhältnisse zu gedenken. Der alte Geistliche lag krank, schon seit Monaten mit eignen Leiden kämpfend. Luise hatte es immer verschoben, ihn zu besuchen, weil sie, wie so viele Unglückliche, von jedem Tage etwas Neues, Ungewöhnliches, erwartete und mit beruhigterm Gemüth an das stille Lager zu treten hoffte. Als aber alles blieb wie es war, und das Verlangen nach dem sanften Trost ihres alten Freundes sie einmal recht lebendig erfaßte, machte sie sich auf den Weg, und trat durch das sauber geschnitzte, von dunkler Vinca umrankte Gitter des Pfarrhofes, als folgende Worte einer weiblichen Stimme aus dem Hause herüberklangen:

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[66/0068] die Frage nicht hinaus, und verhärtete und erbitterte ihr Gemüth gegen alles, was das Leben ihr noch Trostreiches geben konnte. So umgewandelt, schroff und herbe, sich gegen das unvermeidliche Verhängniß auflehnend, sank ihr Innres immer mehr zusammen, ohne daß ein lebendes Wesen, ein vertrauliches Wort es erfrischend berührte. Die leichtgeknüpften, frühern Verbindungen hatte Julius Tod meist gelöst, entferntere Bekannte schwiegen, verlegen, wie sie ihre Theilnahme äußern sollten, ohne der störenden Mißverhältnisse zu gedenken. Der alte Geistliche lag krank, schon seit Monaten mit eignen Leiden kämpfend. Luise hatte es immer verschoben, ihn zu besuchen, weil sie, wie so viele Unglückliche, von jedem Tage etwas Neues, Ungewöhnliches, erwartete und mit beruhigterm Gemüth an das stille Lager zu treten hoffte. Als aber alles blieb wie es war, und das Verlangen nach dem sanften Trost ihres alten Freundes sie einmal recht lebendig erfaßte, machte sie sich auf den Weg, und trat durch das sauber geschnitzte, von dunkler Vinca umrankte Gitter des Pfarrhofes, als folgende Worte einer weiblichen Stimme aus dem Hause herüberklangen: Weiß auf weißem Grund gewoben, Blumen, seid so bleich und fremd,

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/68>, abgerufen am 25.05.2024.