Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.sind. Freilich, freilich! sagte Emilie, einigermaßen erschüttert; aber Mutter behauptet, einer Frau, die das Pflichtmäßige ihrer Verhältnisse nicht von selbst vor jeder Gefahr sichre, sei überhaupt nicht zu helfen. Kleine Abweichungen von der gewohnten Ordnung gehören der ungebundnen Jugend an. Wie wir aber in die wirkliche Welt treten, fasse uns der Ernst unsrer Bestimmung unwillkührlich an, und dränge uns unbewußt in den gemeßnen Gang häuslicher Thätigkeit; die Gewohnheit fände sich von selbst ein, und das ganze geträumte Wesen der Jugend liege plötzlich weit, weit hinter uns. O mein Gott! sagte Luise, so ist denn die Ehe nichts als ein bürgerlicher Verein, so wie noch tausend Andre, in denen Absichtlichkeit und Gesetz die Menschen zusammenhalten. Ihr reines Element wird ein trüber Sumpf, und die freieste Gabe des Herzens ein knechtisches Naturgebot! Aber wenn Sie sich auch finden lernen, fuhr sie gemäßigter fort, was soll aus dem Unglücklichen werden, dem sie so zuversichtlich die schwere Kette über den Nacken werfen? Wagen Sie es, auch für ihn gut zu sagen? Liebe Emilie, hoffen Sie nicht, ihn in den breiten Weg der Alltäglichkeit hineinzuziehn! In Steins Seele ist ein heller Tag aufgegangen; er macht andre Anforderungen an das Leben, als Sie es wünschen; ein volles, inniges Dasein will sind. Freilich, freilich! sagte Emilie, einigermaßen erschüttert; aber Mutter behauptet, einer Frau, die das Pflichtmäßige ihrer Verhältnisse nicht von selbst vor jeder Gefahr sichre, sei überhaupt nicht zu helfen. Kleine Abweichungen von der gewohnten Ordnung gehören der ungebundnen Jugend an. Wie wir aber in die wirkliche Welt treten, fasse uns der Ernst unsrer Bestimmung unwillkührlich an, und dränge uns unbewußt in den gemeßnen Gang häuslicher Thätigkeit; die Gewohnheit fände sich von selbst ein, und das ganze geträumte Wesen der Jugend liege plötzlich weit, weit hinter uns. O mein Gott! sagte Luise, so ist denn die Ehe nichts als ein bürgerlicher Verein, so wie noch tausend Andre, in denen Absichtlichkeit und Gesetz die Menschen zusammenhalten. Ihr reines Element wird ein trüber Sumpf, und die freieste Gabe des Herzens ein knechtisches Naturgebot! Aber wenn Sie sich auch finden lernen, fuhr sie gemäßigter fort, was soll aus dem Unglücklichen werden, dem sie so zuversichtlich die schwere Kette über den Nacken werfen? Wagen Sie es, auch für ihn gut zu sagen? Liebe Emilie, hoffen Sie nicht, ihn in den breiten Weg der Alltäglichkeit hineinzuziehn! In Steins Seele ist ein heller Tag aufgegangen; er macht andre Anforderungen an das Leben, als Sie es wünschen; ein volles, inniges Dasein will <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0081" n="79"/> sind. Freilich, freilich! sagte Emilie, einigermaßen erschüttert; aber Mutter behauptet, einer Frau, die das Pflichtmäßige ihrer Verhältnisse nicht von selbst vor jeder Gefahr sichre, sei überhaupt nicht zu helfen. Kleine Abweichungen von der gewohnten Ordnung gehören der ungebundnen Jugend an. Wie wir aber in die wirkliche Welt treten, fasse uns der Ernst unsrer Bestimmung unwillkührlich an, und dränge uns unbewußt in den gemeßnen Gang häuslicher Thätigkeit; die Gewohnheit fände sich von selbst ein, und das ganze geträumte Wesen der Jugend liege plötzlich weit, weit hinter uns. O mein Gott! sagte Luise, so ist denn die Ehe nichts als ein bürgerlicher Verein, so wie noch tausend Andre, in denen Absichtlichkeit und Gesetz die Menschen zusammenhalten. Ihr reines Element wird ein trüber Sumpf, und die freieste Gabe des Herzens ein knechtisches Naturgebot! Aber wenn Sie sich auch finden lernen, fuhr sie gemäßigter fort, was soll aus dem Unglücklichen werden, dem sie so zuversichtlich die schwere Kette über den Nacken werfen? Wagen Sie es, auch für ihn gut zu sagen? Liebe Emilie, hoffen Sie nicht, ihn in den breiten Weg der Alltäglichkeit hineinzuziehn! In Steins Seele ist ein heller Tag aufgegangen; er macht andre Anforderungen an das Leben, als Sie es wünschen; ein volles, inniges Dasein will </p> </div> </body> </text> </TEI> [79/0081]
sind. Freilich, freilich! sagte Emilie, einigermaßen erschüttert; aber Mutter behauptet, einer Frau, die das Pflichtmäßige ihrer Verhältnisse nicht von selbst vor jeder Gefahr sichre, sei überhaupt nicht zu helfen. Kleine Abweichungen von der gewohnten Ordnung gehören der ungebundnen Jugend an. Wie wir aber in die wirkliche Welt treten, fasse uns der Ernst unsrer Bestimmung unwillkührlich an, und dränge uns unbewußt in den gemeßnen Gang häuslicher Thätigkeit; die Gewohnheit fände sich von selbst ein, und das ganze geträumte Wesen der Jugend liege plötzlich weit, weit hinter uns. O mein Gott! sagte Luise, so ist denn die Ehe nichts als ein bürgerlicher Verein, so wie noch tausend Andre, in denen Absichtlichkeit und Gesetz die Menschen zusammenhalten. Ihr reines Element wird ein trüber Sumpf, und die freieste Gabe des Herzens ein knechtisches Naturgebot! Aber wenn Sie sich auch finden lernen, fuhr sie gemäßigter fort, was soll aus dem Unglücklichen werden, dem sie so zuversichtlich die schwere Kette über den Nacken werfen? Wagen Sie es, auch für ihn gut zu sagen? Liebe Emilie, hoffen Sie nicht, ihn in den breiten Weg der Alltäglichkeit hineinzuziehn! In Steins Seele ist ein heller Tag aufgegangen; er macht andre Anforderungen an das Leben, als Sie es wünschen; ein volles, inniges Dasein will
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