Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.Auguste wohnte in der gesuchtesten Gegend der Stadt. Alles athmete hier verfeinerten Lebensgenuß. Die elegante Welt zog in tausendfachen Gestaltungen vor Luisens stets angeregten Blicken hin, und ließ sie zu keiner eigentlichen Anschauung oder innren Betrachtung kommen. Nach wenigen Stunden erschien die Baronin, von Emiliens Ankunft benachrichtet, diese abzuholen. Luisens Unglück hatte sie versöhnt. Alles, was sie deshalb gesagt und nicht gesagt hatte, war eingetroffen; ihr tiefer Blick in die verworrnen Welthändel gerechtfertigt, und sie selbst als weise Menschenkennerin anerkannt. Ihres hohen Ansehns bei Luisen gewiß, empfing sie diese mit leutseliger Herablassung, und lud sie sogar zu einer Abendversammlung des kommenden Tages bei sich ein, welche sie, wie sie hinzusetzte, sogleich in die rechte Bahn bringen und mit dem Besten, was es in der Stadt gebe, bekannt machen würde. Nur Eins, Liebe, fuhr sie belehrend fort, muß ich Ihnen zuvor noch sagen, weil es einen entschiednen Einfluß auf Ihren Succeß in der Gesellschaft haben wird; versäumen Sie es ja nicht, den ältren Frauen mit der gesuchtesten Aufmerksamkeit entgegenzutreten, weil sie es sind, die den Ruf der Jüngern gründen und ihn allein bei den schwankenden, durch augenblickliche Eindrücke bedingten, Meinungen erhalten. Auguste wohnte in der gesuchtesten Gegend der Stadt. Alles athmete hier verfeinerten Lebensgenuß. Die elegante Welt zog in tausendfachen Gestaltungen vor Luisens stets angeregten Blicken hin, und ließ sie zu keiner eigentlichen Anschauung oder innren Betrachtung kommen. Nach wenigen Stunden erschien die Baronin, von Emiliens Ankunft benachrichtet, diese abzuholen. Luisens Unglück hatte sie versöhnt. Alles, was sie deshalb gesagt und nicht gesagt hatte, war eingetroffen; ihr tiefer Blick in die verworrnen Welthändel gerechtfertigt, und sie selbst als weise Menschenkennerin anerkannt. Ihres hohen Ansehns bei Luisen gewiß, empfing sie diese mit leutseliger Herablassung, und lud sie sogar zu einer Abendversammlung des kommenden Tages bei sich ein, welche sie, wie sie hinzusetzte, sogleich in die rechte Bahn bringen und mit dem Besten, was es in der Stadt gebe, bekannt machen würde. Nur Eins, Liebe, fuhr sie belehrend fort, muß ich Ihnen zuvor noch sagen, weil es einen entschiednen Einfluß auf Ihren Succeß in der Gesellschaft haben wird; versäumen Sie es ja nicht, den ältren Frauen mit der gesuchtesten Aufmerksamkeit entgegenzutreten, weil sie es sind, die den Ruf der Jüngern gründen und ihn allein bei den schwankenden, durch augenblickliche Eindrücke bedingten, Meinungen erhalten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0093" n="91"/> <p> Auguste wohnte in der gesuchtesten Gegend der Stadt. Alles athmete hier verfeinerten Lebensgenuß. Die elegante Welt zog in tausendfachen Gestaltungen vor Luisens stets angeregten Blicken hin, und ließ sie zu keiner eigentlichen Anschauung oder innren Betrachtung kommen.</p> <p>Nach wenigen Stunden erschien die Baronin, von Emiliens Ankunft benachrichtet, diese abzuholen. Luisens Unglück hatte sie versöhnt. Alles, was sie deshalb gesagt und nicht gesagt hatte, war eingetroffen; ihr tiefer Blick in die verworrnen Welthändel gerechtfertigt, und sie selbst als weise Menschenkennerin anerkannt. Ihres hohen Ansehns bei Luisen gewiß, empfing sie diese mit leutseliger Herablassung, und lud sie sogar zu einer Abendversammlung des kommenden Tages bei sich ein, welche sie, wie sie hinzusetzte, sogleich in die rechte Bahn bringen und mit dem Besten, was es in der Stadt gebe, bekannt machen würde. Nur Eins, Liebe, fuhr sie belehrend fort, muß ich Ihnen zuvor noch sagen, weil es einen entschiednen Einfluß auf Ihren Succeß in der Gesellschaft haben wird; versäumen Sie es ja nicht, den ältren Frauen mit der gesuchtesten Aufmerksamkeit entgegenzutreten, weil sie es sind, die den Ruf der Jüngern gründen und ihn allein bei den schwankenden, durch augenblickliche Eindrücke bedingten, Meinungen erhalten. </p> </div> </body> </text> </TEI> [91/0093]
Auguste wohnte in der gesuchtesten Gegend der Stadt. Alles athmete hier verfeinerten Lebensgenuß. Die elegante Welt zog in tausendfachen Gestaltungen vor Luisens stets angeregten Blicken hin, und ließ sie zu keiner eigentlichen Anschauung oder innren Betrachtung kommen.
Nach wenigen Stunden erschien die Baronin, von Emiliens Ankunft benachrichtet, diese abzuholen. Luisens Unglück hatte sie versöhnt. Alles, was sie deshalb gesagt und nicht gesagt hatte, war eingetroffen; ihr tiefer Blick in die verworrnen Welthändel gerechtfertigt, und sie selbst als weise Menschenkennerin anerkannt. Ihres hohen Ansehns bei Luisen gewiß, empfing sie diese mit leutseliger Herablassung, und lud sie sogar zu einer Abendversammlung des kommenden Tages bei sich ein, welche sie, wie sie hinzusetzte, sogleich in die rechte Bahn bringen und mit dem Besten, was es in der Stadt gebe, bekannt machen würde. Nur Eins, Liebe, fuhr sie belehrend fort, muß ich Ihnen zuvor noch sagen, weil es einen entschiednen Einfluß auf Ihren Succeß in der Gesellschaft haben wird; versäumen Sie es ja nicht, den ältren Frauen mit der gesuchtesten Aufmerksamkeit entgegenzutreten, weil sie es sind, die den Ruf der Jüngern gründen und ihn allein bei den schwankenden, durch augenblickliche Eindrücke bedingten, Meinungen erhalten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/93 |
Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/93>, abgerufen am 26.06.2024. |