Fouqué, Friedrich de la Motte: Undine, eine Erzählung. In: Die Jahreszeiten. Eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen, 1811, Frühlings-Heft, S. 1–189.Ich bin kein Gespenst, sagte Undine lächelnd; Der Geistliche kam neigend und umblickend Ich bin kein Geſpenſt, ſagte Undine laͤchelnd; Der Geiſtliche kam neigend und umblickend <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0075" n="61"/> Ich bin kein Geſpenſt, ſagte Undine laͤchelnd;<lb/> ſeh’ ich denn ſo haͤßlich aus? Zudem koͤnnt Ihr<lb/> ja wohl merken, daß mich kein frommer Spruch<lb/> erſchreckt. Ich weiß doch auch von Gott, und<lb/> verſteh’ ihn auch zu loben; Jedweder auf ſeine<lb/> Weiſe freilich, und dazu hat er uns erſchaffen.<lb/> Tretet herein, ehrwuͤrdiger Vater; Ihr kommt<lb/> zu guten Leuten.</p><lb/> <p>Der Geiſtliche kam neigend und umblickend<lb/> herein, und ſahe gar lieb und ehrwuͤrdig aus.<lb/> Aber das Waſſer troff aus allen Falten ſeines<lb/> dunkeln Kleides, und aus dem langen weißen<lb/> Bart und den weißen Locken des Haupthaares.<lb/> Der Fiſcher und der Ritter fuͤhrten ihn in eine<lb/> Kammer, und gaben ihm andre Kleider, waͤh-<lb/> rend ſie den Weibern die Gewande des Prie-<lb/> ſters zum Trocknen in das Zimmer reichten.<lb/> Der fremde Greis dankte auf’s demuͤthigſte und<lb/> freundlichſte, aber des Ritters glaͤnzenden Man-<lb/> tel, den ihm dieſer entgegenhielt, wollte er auf<lb/> keine Weiſe umnehmen; er waͤhlte ſtatt deſſen<lb/> ein altes graues Oberkleid des Fiſchers. So<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0075]
Ich bin kein Geſpenſt, ſagte Undine laͤchelnd;
ſeh’ ich denn ſo haͤßlich aus? Zudem koͤnnt Ihr
ja wohl merken, daß mich kein frommer Spruch
erſchreckt. Ich weiß doch auch von Gott, und
verſteh’ ihn auch zu loben; Jedweder auf ſeine
Weiſe freilich, und dazu hat er uns erſchaffen.
Tretet herein, ehrwuͤrdiger Vater; Ihr kommt
zu guten Leuten.
Der Geiſtliche kam neigend und umblickend
herein, und ſahe gar lieb und ehrwuͤrdig aus.
Aber das Waſſer troff aus allen Falten ſeines
dunkeln Kleides, und aus dem langen weißen
Bart und den weißen Locken des Haupthaares.
Der Fiſcher und der Ritter fuͤhrten ihn in eine
Kammer, und gaben ihm andre Kleider, waͤh-
rend ſie den Weibern die Gewande des Prie-
ſters zum Trocknen in das Zimmer reichten.
Der fremde Greis dankte auf’s demuͤthigſte und
freundlichſte, aber des Ritters glaͤnzenden Man-
tel, den ihm dieſer entgegenhielt, wollte er auf
keine Weiſe umnehmen; er waͤhlte ſtatt deſſen
ein altes graues Oberkleid des Fiſchers. So
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