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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.
zwar bisweilen viel nidriger/ als der Mond/ vertieffe. Betreffend aber
das Pfeiffen und Sausen/ welches ein/ durch unsere Lufft streiffender/
Komet würde erwecken; laß ich es dahin gestellet seyn/ ob solches nicht nur
eine blosse Vermutung vielmehr/ als eingewisser Erfolg sey. Denn weil
der Komet ein wölckichter/ neblichter und luckrichter Körper: Zweiffle
ich/ ob er/ bey seiner Durchsahrt/ unsere Lufft stärcker/ denn ein gemeiner
Sturm-Wind/ würde bestreichen/ und zwav auf eine gar kurtze Frist
nur; weil er unsren Horizont schnell würde hinter sich legen/ und sich bald
wieder empor/ nach der Himmel-Gegend zu/ erheben. Denn/ in der
Erd-Lufft/ könnte ein Kometischer Körper nicht lange bestehen: sondern
müsste unglaublich-schnell wieder davon fliegen und dieselbe auf dem Ru-
cken lassen. Denn die Durchschuß- oder Durchsetzungs-Striche (lineae
trajectoriae)
und das Pfad der Kometen gehen durch den gantzen Him-
mel/ bald in diese/ bald in jene himmlische Gegend. Daher es nicht un-
glaublich/ ein Komet könne/ zu gewisser Zeit/ nicht weit von der Erden/
durchsetzen/ und ihren Dunstkreis passiren; aber so schnell/ wie der Blitz.
Und wer weiß/ ob nicht/ wenn eine solche tieffe Fahrt deß Kometen sich zu-
getragen/ auch ein plötzliches und kurtzes Sausen dabey mag seyn ver-
spührt worden; ob man gleich die Ursach dessen vielleicht nicht geneusst.
Darum weiß ich hierinn dem Herrn nichts Gewisses zu antworten/ bevor
mir einiger Geschicht- oder Kometen-Beschreiber mehrere Nachricht ge-
geben/ erstlich/ daß er einem so tieffen Durchgang eines Kometen habe er-
lebt; und hernach/ was für Umstände dabey vorgefallen.

Schönwald. Unterdessen bleibt doch dieses gewiß/ daß kein Ko-
met/ in unserer Lufft-Revier/ erzeugt werde/ noch darinn sich aufhalte;
sondern seinen Anfang und Ende/ in der Himmel-Lufft/ nehme.

Forell. Wie hoch mögen denn wol eigentlich die Kometen steigen?
oder wie hoch die Gegend deß Himmels seyn/ von dannen sie herunter
fahren?

Winterschild. Wenn sie/ wie wir vernommen/ aus allen Pla-
neten-Dünsten formirt werden können: schliesse ich daraus/ daß sie/ in der
Höhe nicht übereintreffen; doch alle miteinander von gewaltig-hoher An-
kunfft seyn müssen.

Goldstern. Was den Mond überhöhet/ wie kan das anders/ alsVon der
Kometen
Höhe.

in einer mächtigen Höhe/ sich befinden? Von dem Kometen deß Jahrs
1577. urtheilen die Sternschauer/ er sey/ bey seinem ersten Aufgange
210. halbe Erd-Diameters/ von den Augen der Zuseher entsernet gewe-
sen/ wiewol er damals der Erden am allernechsten gesessen.

Adler-
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Von den Kometen/ oder Stern-Ruten.
zwar bisweilen viel nidriger/ als der Mond/ vertieffe. Betreffend aber
das Pfeiffen und Sauſen/ welches ein/ durch unſere Lufft ſtreiffender/
Komet wuͤrde erwecken; laß ich es dahin geſtellet ſeyn/ ob ſolches nicht nur
eine bloſſe Vermutung vielmehr/ als eingewiſſer Erfolg ſey. Denn weil
der Komet ein woͤlckichter/ neblichter und luckrichter Koͤrper: Zweiffle
ich/ ob er/ bey ſeiner Durchſahrt/ unſere Lufft ſtaͤrcker/ denn ein gemeiner
Sturm-Wind/ wuͤrde beſtreichen/ und zwav auf eine gar kurtze Friſt
nur; weil er unſren Horizont ſchnell wuͤrde hinter ſich legen/ und ſich bald
wieder empor/ nach der Himmel-Gegend zu/ erheben. Denn/ in der
Erd-Lufft/ koͤnnte ein Kometiſcher Koͤrper nicht lange beſtehen: ſondern
muͤſſte unglaublich-ſchnell wieder davon fliegen und dieſelbe auf dem Ru-
cken laſſen. Denn die Durchſchuß- oder Durchſetzungs-Striche (lineæ
trajectoriæ)
und das Pfad der Kometen gehen durch den gantzen Him-
mel/ bald in dieſe/ bald in jene himmliſche Gegend. Daher es nicht un-
glaublich/ ein Komet koͤnne/ zu gewiſſer Zeit/ nicht weit von der Erden/
durchſetzen/ und ihren Dunſtkreis paſſiren; aber ſo ſchnell/ wie der Blitz.
Und wer weiß/ ob nicht/ wenn eine ſolche tieffe Fahrt deß Kometen ſich zu-
getragen/ auch ein ploͤtzliches und kurtzes Sauſen dabey mag ſeyn ver-
ſpuͤhrt worden; ob man gleich die Urſach deſſen vielleicht nicht geneuſſt.
Darum weiß ich hierinn dem Herꝛn nichts Gewiſſes zu antworten/ bevor
mir einiger Geſchicht- oder Kometen-Beſchreiber mehrere Nachricht ge-
geben/ erſtlich/ daß er einem ſo tieffen Durchgang eines Kometen habe er-
lebt; und hernach/ was fuͤr Umſtaͤnde dabey vorgefallen.

Schoͤnwald. Unterdeſſen bleibt doch dieſes gewiß/ daß kein Ko-
met/ in unſerer Lufft-Revier/ erzeugt werde/ noch darinn ſich aufhalte;
ſondern ſeinen Anfang und Ende/ in der Himmel-Lufft/ nehme.

Forell. Wie hoch moͤgen denn wol eigentlich die Kometen ſteigen?
oder wie hoch die Gegend deß Himmels ſeyn/ von dannen ſie herunter
fahren?

Winterſchild. Wenn ſie/ wie wir vernommen/ aus allen Pla-
neten-Duͤnſten formirt werden koͤnnen: ſchlieſſe ich daraus/ daß ſie/ in der
Hoͤhe nicht uͤbereintreffen; doch alle miteinander von gewaltig-hoher An-
kunfft ſeyn muͤſſen.

Goldſtern. Was den Mond uͤberhoͤhet/ wie kan das anders/ alsVon der
Kometen
Hoͤhe.

in einer maͤchtigen Hoͤhe/ ſich befinden? Von dem Kometen deß Jahrs
1577. urtheilen die Sternſchauer/ er ſey/ bey ſeinem erſten Aufgange
210. halbe Erd-Diameters/ von den Augen der Zuſeher entſernet gewe-
ſen/ wiewol er damals der Erden am allernechſten geſeſſen.

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[1189/1259] Von den Kometen/ oder Stern-Ruten. zwar bisweilen viel nidriger/ als der Mond/ vertieffe. Betreffend aber das Pfeiffen und Sauſen/ welches ein/ durch unſere Lufft ſtreiffender/ Komet wuͤrde erwecken; laß ich es dahin geſtellet ſeyn/ ob ſolches nicht nur eine bloſſe Vermutung vielmehr/ als eingewiſſer Erfolg ſey. Denn weil der Komet ein woͤlckichter/ neblichter und luckrichter Koͤrper: Zweiffle ich/ ob er/ bey ſeiner Durchſahrt/ unſere Lufft ſtaͤrcker/ denn ein gemeiner Sturm-Wind/ wuͤrde beſtreichen/ und zwav auf eine gar kurtze Friſt nur; weil er unſren Horizont ſchnell wuͤrde hinter ſich legen/ und ſich bald wieder empor/ nach der Himmel-Gegend zu/ erheben. Denn/ in der Erd-Lufft/ koͤnnte ein Kometiſcher Koͤrper nicht lange beſtehen: ſondern muͤſſte unglaublich-ſchnell wieder davon fliegen und dieſelbe auf dem Ru- cken laſſen. Denn die Durchſchuß- oder Durchſetzungs-Striche (lineæ trajectoriæ) und das Pfad der Kometen gehen durch den gantzen Him- mel/ bald in dieſe/ bald in jene himmliſche Gegend. Daher es nicht un- glaublich/ ein Komet koͤnne/ zu gewiſſer Zeit/ nicht weit von der Erden/ durchſetzen/ und ihren Dunſtkreis paſſiren; aber ſo ſchnell/ wie der Blitz. Und wer weiß/ ob nicht/ wenn eine ſolche tieffe Fahrt deß Kometen ſich zu- getragen/ auch ein ploͤtzliches und kurtzes Sauſen dabey mag ſeyn ver- ſpuͤhrt worden; ob man gleich die Urſach deſſen vielleicht nicht geneuſſt. Darum weiß ich hierinn dem Herꝛn nichts Gewiſſes zu antworten/ bevor mir einiger Geſchicht- oder Kometen-Beſchreiber mehrere Nachricht ge- geben/ erſtlich/ daß er einem ſo tieffen Durchgang eines Kometen habe er- lebt; und hernach/ was fuͤr Umſtaͤnde dabey vorgefallen. Schoͤnwald. Unterdeſſen bleibt doch dieſes gewiß/ daß kein Ko- met/ in unſerer Lufft-Revier/ erzeugt werde/ noch darinn ſich aufhalte; ſondern ſeinen Anfang und Ende/ in der Himmel-Lufft/ nehme. Forell. Wie hoch moͤgen denn wol eigentlich die Kometen ſteigen? oder wie hoch die Gegend deß Himmels ſeyn/ von dannen ſie herunter fahren? Winterſchild. Wenn ſie/ wie wir vernommen/ aus allen Pla- neten-Duͤnſten formirt werden koͤnnen: ſchlieſſe ich daraus/ daß ſie/ in der Hoͤhe nicht uͤbereintreffen; doch alle miteinander von gewaltig-hoher An- kunfft ſeyn muͤſſen. Goldſtern. Was den Mond uͤberhoͤhet/ wie kan das anders/ als in einer maͤchtigen Hoͤhe/ ſich befinden? Von dem Kometen deß Jahrs 1577. urtheilen die Sternſchauer/ er ſey/ bey ſeinem erſten Aufgange 210. halbe Erd-Diameters/ von den Augen der Zuſeher entſernet gewe- ſen/ wiewol er damals der Erden am allernechſten geſeſſen. Von der Kometen Hoͤhe. Adler- L l l l l l l iij

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1259>, abgerufen am 27.07.2024.