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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Von dem Einfluß deß Gestirns/ Stuffen-Jahren/ etc.
harret es also; ohne daß andre sagen/ daß alsdenn die Augen
weiß werden: in den neundten/ wird alles schwächer/ und
nimt ab: in den zehenden/ wird der Mensch zeitig zum
Grabe.

Weil denn/ jetztgedachter Massen/ die Natur/ alle sieben Jahre/
eine Verändruug fürnimt: so will man/ daß alsdenn die grösseste Ver-
ändrung mit dem Menschen/ vorgehe/ wenn die siebende Zahl sich ver-
doppelt/ und siebenmal sieben Jahr vorüber sind; nemlich im funfftzig-
sten: da auch gemeinlich die weibliche Fruchtbarkeit aufhöret.

Forell. Und solche Veränderungs-Krafft solte/ in einer oder an-
dren Zahl/ stecken?

Goldstern. Nein; das ist nicht die Meinung: sondern daß GOtt
die Natur also gemacht und zugerichtet/ daß sie/ in gewissen Fristen/ ihre
Würckungen leiste.

Winterschild. Aber wie? wann die Leute der ersten Welt/ im-
gleichen Noah und Abraham/ solches widersprechen?

Daß die Aegypter den Tod gar spat sehen/ und sehr offt das 90ste
Jahr erreichen/ dessen entzweifelt uns Prosper Alxinus (a) und beglaubt
es gleichfalls D. Dapper/ in seiner Africanischen Beschreibung: wie wir/
in dem Discurse von der Neigung deß Himmels/ und dessen Würckun-
gen am menschlichen Leben/ vernommen. (b) Welches hohe Alter der
Aegypter/ von den Aertzten und Naturkündigern/ der gering-behelffli-
chen Kost/ und dem Trunck deß gesunden Nielwassers/ zugemessen wird.Tugend deß
Nielwas-
sers.

Denn das Nielwasser steckt voll geheffteten Saltz-Geistern (c) und ist
mit dem (spiritu volatili vitae mundi) flüchtigem Geist deß Lebens der
Welt/ angefüllt. So reiniget auch der häuffig darinn befindliche/ Kro-
kodil selbigen Strom: indem er/ durch seine natürliche Krafft/ die böse
gifftige Eigenschafften desselben an sich zeucht. Die alten Aegypter hat-
ten dennoch diesen Wahn/ es könnte kein Mensch/ das hundertste Jahr
überleben. Denn sie vermeinten/ das menschliche Hertz wüchse alle Jahre
2. Quintlein grösser/ bis ins funfftzigste Jahr: Von dem an/ würde ihm/
alle Jahre/ wiederum so viel entzogen: darum müsste der Mensch/ wenn
er aus hundertste Jahr gelangte/ solches Hertzens-Schwindens halben/
nothwendig den Geist aufgeben: Massen solchen ihren Wahn der Na-
turkündiger Plinius (d) erzehlet. Sie wolten dieses mit der Erfahrung

bezeu-
(a) lib. 1. de Medicin. AEgypt. c. 11. p. 12.
(b) pag. 260. seq.
(c) Wie P. J Faber l. 4. Panchym. s. 2. c. 17. p. 453. meldet.
(d) lib. 11. Hist. natur. c. 36.
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Von dem Einfluß deß Geſtirns/ Stuffen-Jahren/ ꝛc.
harret es alſo; ohne daß andre ſagen/ daß alsdenn die Augen
weiß werden: in den neundten/ wird alles ſchwaͤcher/ und
nimt ab: in den zehenden/ wird der Menſch zeitig zum
Grabe.

Weil denn/ jetztgedachter Maſſen/ die Natur/ alle ſieben Jahre/
eine Veraͤndruug fuͤrnimt: ſo will man/ daß alsdenn die groͤſſeſte Ver-
aͤndrung mit dem Menſchen/ vorgehe/ wenn die ſiebende Zahl ſich ver-
doppelt/ und ſiebenmal ſieben Jahr voruͤber ſind; nemlich im funfftzig-
ſten: da auch gemeinlich die weibliche Fruchtbarkeit aufhoͤret.

Forell. Und ſolche Veraͤnderungs-Krafft ſolte/ in einer oder an-
dren Zahl/ ſtecken?

Goldſtern. Nein; das iſt nicht die Meinung: ſondern daß GOtt
die Natur alſo gemacht und zugerichtet/ daß ſie/ in gewiſſen Friſten/ ihre
Wuͤrckungen leiſte.

Winterſchild. Aber wie? wann die Leute der erſten Welt/ im-
gleichen Noah und Abraham/ ſolches widerſprechen?

Daß die Aegypter den Tod gar ſpat ſehen/ und ſehr offt das 90ſte
Jahr erreichen/ deſſen entzweifelt uns Proſper Alxinus (a) und beglaubt
es gleichfalls D. Dapper/ in ſeiner Africaniſchen Beſchreibung: wie wir/
in dem Diſcurſe von der Neigung deß Himmels/ und deſſen Wuͤrckun-
gen am menſchlichen Leben/ vernommen. (b) Welches hohe Alter der
Aegypter/ von den Aertzten und Naturkuͤndigern/ der gering-behelffli-
chen Koſt/ und dem Trunck deß geſunden Nielwaſſers/ zugemeſſen wird.Tugend deß
Nielwaſ-
ſers.

Denn das Nielwaſſer ſteckt voll geheffteten Saltz-Geiſtern (c) und iſt
mit dem (ſpiritu volatili vitæ mundi) fluͤchtigem Geiſt deß Lebens der
Welt/ angefuͤllt. So reiniget auch der haͤuffig darinn befindliche/ Kro-
kodil ſelbigen Strom: indem er/ durch ſeine natuͤrliche Krafft/ die boͤſe
gifftige Eigenſchafften deſſelben an ſich zeucht. Die alten Aegypter hat-
ten dennoch dieſen Wahn/ es koͤnnte kein Menſch/ das hundertſte Jahr
uͤberleben. Denn ſie vermeinten/ das menſchliche Hertz wuͤchſe alle Jahre
2. Quintlein groͤſſer/ bis ins funfftzigſte Jahr: Von dem an/ wuͤrde ihm/
alle Jahre/ wiederum ſo viel entzogen: darum muͤſſte der Menſch/ wenn
er aus hundertſte Jahr gelangte/ ſolches Hertzens-Schwindens halben/
nothwendig den Geiſt aufgeben: Maſſen ſolchen ihren Wahn der Na-
turkuͤndiger Plinius (d) erzehlet. Sie wolten dieſes mit der Erfahrung

bezeu-
(a) lib. 1. de Medicin. Ægypt. c. 11. p. 12.
(b) pag. 260. ſeq.
(c) Wie P. J Faber l. 4. Panchym. ſ. 2. c. 17. p. 453. meldet.
(d) lib. 11. Hiſt. natur. c. 36.
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[1369/1445] Von dem Einfluß deß Geſtirns/ Stuffen-Jahren/ ꝛc. harret es alſo; ohne daß andre ſagen/ daß alsdenn die Augen weiß werden: in den neundten/ wird alles ſchwaͤcher/ und nimt ab: in den zehenden/ wird der Menſch zeitig zum Grabe. Weil denn/ jetztgedachter Maſſen/ die Natur/ alle ſieben Jahre/ eine Veraͤndruug fuͤrnimt: ſo will man/ daß alsdenn die groͤſſeſte Ver- aͤndrung mit dem Menſchen/ vorgehe/ wenn die ſiebende Zahl ſich ver- doppelt/ und ſiebenmal ſieben Jahr voruͤber ſind; nemlich im funfftzig- ſten: da auch gemeinlich die weibliche Fruchtbarkeit aufhoͤret. Forell. Und ſolche Veraͤnderungs-Krafft ſolte/ in einer oder an- dren Zahl/ ſtecken? Goldſtern. Nein; das iſt nicht die Meinung: ſondern daß GOtt die Natur alſo gemacht und zugerichtet/ daß ſie/ in gewiſſen Friſten/ ihre Wuͤrckungen leiſte. Winterſchild. Aber wie? wann die Leute der erſten Welt/ im- gleichen Noah und Abraham/ ſolches widerſprechen? Daß die Aegypter den Tod gar ſpat ſehen/ und ſehr offt das 90ſte Jahr erreichen/ deſſen entzweifelt uns Proſper Alxinus (a) und beglaubt es gleichfalls D. Dapper/ in ſeiner Africaniſchen Beſchreibung: wie wir/ in dem Diſcurſe von der Neigung deß Himmels/ und deſſen Wuͤrckun- gen am menſchlichen Leben/ vernommen. (b) Welches hohe Alter der Aegypter/ von den Aertzten und Naturkuͤndigern/ der gering-behelffli- chen Koſt/ und dem Trunck deß geſunden Nielwaſſers/ zugemeſſen wird. Denn das Nielwaſſer ſteckt voll geheffteten Saltz-Geiſtern (c) und iſt mit dem (ſpiritu volatili vitæ mundi) fluͤchtigem Geiſt deß Lebens der Welt/ angefuͤllt. So reiniget auch der haͤuffig darinn befindliche/ Kro- kodil ſelbigen Strom: indem er/ durch ſeine natuͤrliche Krafft/ die boͤſe gifftige Eigenſchafften deſſelben an ſich zeucht. Die alten Aegypter hat- ten dennoch dieſen Wahn/ es koͤnnte kein Menſch/ das hundertſte Jahr uͤberleben. Denn ſie vermeinten/ das menſchliche Hertz wuͤchſe alle Jahre 2. Quintlein groͤſſer/ bis ins funfftzigſte Jahr: Von dem an/ wuͤrde ihm/ alle Jahre/ wiederum ſo viel entzogen: darum muͤſſte der Menſch/ wenn er aus hundertſte Jahr gelangte/ ſolches Hertzens-Schwindens halben/ nothwendig den Geiſt aufgeben: Maſſen ſolchen ihren Wahn der Na- turkuͤndiger Plinius (d) erzehlet. Sie wolten dieſes mit der Erfahrung bezeu- Tugend deß Nielwaſ- ſers. (a) lib. 1. de Medicin. Ægypt. c. 11. p. 12. (b) pag. 260. ſeq. (c) Wie P. J Faber l. 4. Panchym. ſ. 2. c. 17. p. 453. meldet. (d) lib. 11. Hiſt. natur. c. 36. L l l l l l l l

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1445>, abgerufen am 27.07.2024.