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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der zwey und zwantzigste Discurs/
Reis-Gesellen unvermutlich anfiel/ und deß Lebens beraubte. Der Uber-
fallene/ da er seinen Tod und Mörder für Augen/ und keine Rettung aus
dessen Händen sahe/ auch allbereit auf dem Boden lage/ und vergeblich
um sein Leben geflehet hatte; ließ dennoch/ vor dem letzten Athem/ diese
Worte gegen dem Mörder aus: Solte gleich mein Leichnam auch schon
verfaulet seyn; werden dich doch meine Gebeine noch verrahten/ und an-
klagen. Welche Dräuungen der Mörder weniger/ denn Nichts achte-
te; sondern das Mord- oder Blut-Geld zu sich nahm; den Erschlage-
nen in ein dickes Gesträuch warff/ und mit ruchlosem Mut davon ging;
Fürsatzes/ diesen schändlichen schadhafften Gewinn/ zu Anstellung seines
Handwercks/ als eine gute Beyhülffe/ anzulegen.

Nach vielen langen Jahren/ da der Ermordete allbereit verfaulet/
und nichts mehr von ihm übrig war/ als die dürren Gebeine/ führt einen
Edelmann ein verfolgtes Wild/ durch selbigen Wald; und wie die
Spühr-Hunde an das Gepüsche kommen/ wo das verdorrte Todten-
Gebein lag/ stehen sie still dabey/ und bellen. Worüber der Edelmann
die Einbildung fasst/ es sey irgends daselbst ein Wild-Lager vorhanden;
und deßwegen einen Diener dahin sendet/ um die eigentliche Bewandniß
zu ersehen. Derselbe findet aber nichts/ ohn Menschen-Gebeine/ wel-
che die Zeit und das Wetter gantz weiß gebleichet. Der Edelmann/ sol-
ches hörend/ ist selbst hinzu geritten/ und hat/ in Ansehung/ daß die Ge-
beine so schön weiß waren/ dem Knecht befohlen/ einer etliche davon mit-
zunehmen/ damit man/ an die Weide-Messer/ ein paar guter Häfften
davon machen möchte. Deß andern Tags/ trägt der Knecht die Bei-
ner zu dem Messer- Schmied hin/ daß er Häfften davon bereiten möge.
Diß war eben der Thäter/ und gehörte das Städtlein/ darinn er haus-
Seltsames
Bluten ei-
nes Mör-
ders/ bey
Erblickung
deß Erschla-
genen Ge-
beins.
sässig/ unter deß Edelmanns Gebiet. Kaum hatte dieser die Gebeine er-
blickt; als er gähling erschrack/ und ihm das Blut zur Nasen heraus lieff:
nicht ohne Befremdung deß Dieners/ welcher solche Begebenheit alsofort
seinem Herrn/ dem Edelmann/ anzeigte. Hierauf wird der Mörder ge-
fordert/ scharff zu Rede gesetzt/ ernstlich befragt/ und abgehört. Weil
ihm nun das Gewissen alle Entschuldigungen/ und Leugnungen/ benom-
men; ist er/ nach Verdienst/ belohnet/ und durch den Hencker offentlich
hingerichtet worden.

Wer dieses deß Mörders Bluten einer Antipathiae zuschreiben wol-
te/ würde es gar übel treffen. Darum wolte ich schier sagen/ es sey deß
Erschlagenen sein Geburts-Engel/ der/ durch solches Blut-Zeichen/ den
Thäter verfolge und angebe.

Winterschild. Besorglich dörffte der Herr noch viel weiter deß

Ziels

Der zwey und zwantzigſte Diſcurs/
Reis-Geſellen unvermutlich anfiel/ und deß Lebens beraubte. Der Uber-
fallene/ da er ſeinen Tod und Moͤrder fuͤr Augen/ und keine Rettung aus
deſſen Haͤnden ſahe/ auch allbereit auf dem Boden lage/ und vergeblich
um ſein Leben geflehet hatte; ließ dennoch/ vor dem letzten Athem/ dieſe
Worte gegen dem Moͤrder aus: Solte gleich mein Leichnam auch ſchon
verfaulet ſeyn; werden dich doch meine Gebeine noch verrahten/ und an-
klagen. Welche Draͤuungen der Moͤrder weniger/ denn Nichts achte-
te; ſondern das Mord- oder Blut-Geld zu ſich nahm; den Erſchlage-
nen in ein dickes Geſtraͤuch warff/ und mit ruchloſem Mut davon ging;
Fuͤrſatzes/ dieſen ſchaͤndlichen ſchadhafften Gewinn/ zu Anſtellung ſeines
Handwercks/ als eine gute Beyhuͤlffe/ anzulegen.

Nach vielen langen Jahren/ da der Ermordete allbereit verfaulet/
und nichts mehr von ihm uͤbrig war/ als die duͤrren Gebeine/ fuͤhrt einen
Edelmann ein verfolgtes Wild/ durch ſelbigen Wald; und wie die
Spuͤhr-Hunde an das Gepuͤſche kommen/ wo das verdorꝛte Todten-
Gebein lag/ ſtehen ſie ſtill dabey/ und bellen. Woruͤber der Edelmann
die Einbildung faſſt/ es ſey irgends daſelbſt ein Wild-Lager vorhanden;
und deßwegen einen Diener dahin ſendet/ um die eigentliche Bewandniß
zu erſehen. Derſelbe findet aber nichts/ ohn Menſchen-Gebeine/ wel-
che die Zeit und das Wetter gantz weiß gebleichet. Der Edelmann/ ſol-
ches hoͤrend/ iſt ſelbſt hinzu geritten/ und hat/ in Anſehung/ daß die Ge-
beine ſo ſchoͤn weiß waren/ dem Knecht befohlen/ einer etliche davon mit-
zunehmen/ damit man/ an die Weide-Meſſer/ ein paar guter Haͤfften
davon machen moͤchte. Deß andern Tags/ traͤgt der Knecht die Bei-
ner zu dem Meſſer- Schmied hin/ daß er Haͤfften davon bereiten moͤge.
Diß war eben der Thaͤter/ und gehoͤrte das Staͤdtlein/ darinn er haus-
Seltſames
Bluten ei-
nes Moͤr-
ders/ bey
Erblickung
deß Erſchla-
genen Ge-
beins.
ſaͤſſig/ unter deß Edelmanns Gebiet. Kaum hatte dieſer die Gebeine er-
blickt; als er gaͤhling erſchrack/ und ihm das Blut zur Naſen heraus lieff:
nicht ohne Befremdung deß Dieners/ welcher ſolche Begebenheit alſofort
ſeinem Herꝛn/ dem Edelmann/ anzeigte. Hierauf wird der Moͤrder ge-
fordert/ ſcharff zu Rede geſetzt/ ernſtlich befragt/ und abgehoͤrt. Weil
ihm nun das Gewiſſen alle Entſchuldigungen/ und Leugnungen/ benom-
men; iſt er/ nach Verdienſt/ belohnet/ und durch den Hencker offentlich
hingerichtet worden.

Wer dieſes deß Moͤrders Bluten einer Antipathiæ zuſchreiben wol-
te/ wuͤrde es gar uͤbel treffen. Darum wolte ich ſchier ſagen/ es ſey deß
Erſchlagenen ſein Geburts-Engel/ der/ durch ſolches Blut-Zeichen/ den
Thaͤter verfolge und angebe.

Winterſchild. Beſorglich doͤrffte der Herꝛ noch viel weiter deß

Ziels
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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1486>, abgerufen am 23.12.2024.