Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.Der drey und zwantzigste Discurs/ Gestirne neigen/ wir das vorher gesehene Ubel desto besser verhüten/ undsolches entweder gäntzlich abwenden/ oder lindern können.(a) Solches redet Ptolemaeus/ wie ein vernünfftiger Heide. Ein ver- Adlerhaupt. Nun wolan! es sey also/ daß in selbigem himmlischen deß (a) v. l. 1. de Astrorum judicio c. 4. text. 24. & seq.
Der drey und zwantzigſte Discurs/ Geſtirne neigen/ wir das vorher geſehene Ubel deſto beſſer verhuͤten/ undſolches entweder gaͤntzlich abwenden/ oder lindern koͤnnen.(a) Solches redet Ptolemæus/ wie ein vernuͤnfftiger Heide. Ein ver- Adlerhaupt. Nun wolan! es ſey alſo/ daß in ſelbigem himmliſchen deß (a) v. l. 1. de Aſtrorum judicio c. 4. text. 24. & ſeq.
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Der drey und zwantzigſte Discurs/
Geſtirne neigen/ wir das vorher geſehene Ubel deſto beſſer verhuͤten/ und
ſolches entweder gaͤntzlich abwenden/ oder lindern koͤnnen. (a)
Solches redet Ptolemæus/ wie ein vernuͤnfftiger Heide. Ein ver-
nuͤnfftiger Chriſt muß zwar auch dem Geſtirn einige Neigung geſtehen/
doch nicht zum Boͤſen; ſondern nur zu einer ſolchen Geſchicklichkeit/ die ſich
durch die Wahl/ entweder zum Boͤſen/ oder Gutem/ entſchlieſſen/ und
wuͤrcklich geſchickt machen kan.
Adlerhaupt. Nun wolan! es ſey alſo/ daß in ſelbigem himmliſchen
Buch etwan beſchrieben ſtehe/ wozu eines jeden Gemuͤt von Natur ge-
neigt: ſo iſt doch ſolches Buch/ mit ſo ſubtilen und geheimen Littern ver-
faſſt/ daß niemand/ ohn allein derjenige/ der es ſelbſt geſchrieben/ ſelbiges
gar vollkoͤm̃lich verſtehet/ ſondern die Allererfahrneſte in dieſer Kunſt kaum
ein kleines Stuͤcklein davon begreiffen. Man berufft ſich zwar auf die
alte Chaldæer/ welche in Acht genommen/ was/ bey dieſer oder jener
Poſitur deß Himmels/ fuͤr Wuͤrckungen am Menſchen erfolgen: Wie
mag aber das Geſtirn ſich allerdings in gleichem Stande befinden/ wenn
nach Ptolomæi Rechnung/ der Fixſtern-Kreis allererſt in ſieben tauſend
Jahren herum kommt/ der neundte Himmels-Kreis aber erſt in 36. tau-
ſend? oder/ wenn allererſt gar in 49. tauſend Jahren alles wieder zu vo-
rigem Stande gelangen ſolte? Geſetzt/ es moͤchte in Chaldæa/ welches
fuͤr die erſte Verfaſſerinn dieſer Kunſt geachtet wird/ allezeit dergleichen
oder einerley Wuͤrckung erfolgen: ſo wuͤrde darum doch nicht andrer
Orten/ da die Geſtalt deß Himmels veraͤndert iſt/ eben dieſelbe Wuͤr-
ckung ſich eraͤugen. Zudem gehet das/ was man von dem Menſchen fuͤr-
gibt/ entweder das Temperament an oder die ungefaͤhre Faͤlle. Nun
hafften je zufaͤllige Dinge nicht am Geſtirn: ſonſt waͤren ſie nothwendig/
und nicht zufaͤllig. Das Temperament aber entſtehet nicht vom Himmel
allein; ſondern auch/ von dem Temperament der Eltern. Darum muͤſſte
der/ welcher/ von den Zuneigungen/ was verkuͤndigen wolte/ nicht al-
lein/ um die Geſtalt deß Himmels/ ſondern auch um das Temperament
der Eltern/ gute Kundſchafft haben. So fuͤhren auch die Zeit der Ge-
burt/ und die Zeit der Empfaͤngniß/ nicht einerley Krafft bey ſich. Es
gibt eben wol dieſes keinen geringen Unterſcheid/ daß etliche Kinder ſieben/
etliche acht/ etliche neun/ etliche zehen Monden im Leibe getragen werden.
Was fuͤr Gewißheit mag auch/ von dieſer Wiſſenſchafft/ noch uͤbrig blei-
ben/ wenn man betrachtet/ wie offt diejenige natuͤrliche Neigung/ ſo an
der Kindheit vermercket wird/ mit dem zunehmenden Alter ſich veraͤn-
dert? weil die Auferziehung/ und gute Zucht/ die natuͤrliche Neigungen
deß
Einwuͤrffe
wider die
Stern-
Weiſſa-
gung.
(a) v. l. 1. de Aſtrorum judicio c. 4. text. 24. & ſeq.
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