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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der drey und zwantzigste Discurs/
seiner Geburt/ mit einem jeden Menschen/ fest verbunden und verhaffter
ist: weil der Mensch/ und sein Geburts-Ort/ welcher ihm den ersten Blick
der Welt gegeben/ einerley Sterne über dem Haupt/ dazu auch gleiche
Polus-Höhe haben/ und über das durch eben einerley Herren deß Trian-
gels beherrschet werden. Unterdessen können die allgemeine Ursachen ei-
nem jeglichen Menschen absonderlich nicht zugeeignet werden: angesehen
(wie Herr Johann Rist redet) (a) die allgemeine Constitutiones oder
Beschaffenheiten ihre ungestüme Macht auf einen gewissen Hauffen/ oder
auf eine vermischte Menge ausgiessen. Denn in den allgemeinen Land-
Straffen und Plagen sehen wir/ daß ihrer viele gantz und gar untergehen.
Etliche wenige gerathen zwar auch in dieselbige Noht; und werden doch
gleichwol noch erhalten. Wie das zu spühren/ an denjenigen/ welche an
der Pest danider ligen/ oder bey Eroberung und Verwüstung der Städ-
te gefangen/ beraubet oder verwundet werden: massen auch viele sind/ die
gantz unbeschädigt davon kommen/ als wenn gar kein Unfall/ Krieg/ oder
Pest/ die Stadt/ oder den Ort betroffen: zu geschweigen/ daß mancher/
durch solche und dergleichen klägliche Zufälle/ welche Städte und Länder
verwüsten/ in die grösseste Glückseligkeit versetzt/ mit Reichthum begabet/
mit Ehren beseliget/ und zu fürtrefflichen Aemtern wird erhoben: daher
leicht zu schliessen/ daß jener Geburts-Stunde/ mit der Constellation oder
Beschaffenheit deß Himmels gantz müsse übereinstimmen; da/ bey diesen/
das Gegentheil durchaus sich erweiset. Wenn derwegen die Würckung
durchaus soll geschehen; so ist vonnöthen/ daß die eigene Geburts-Beschaf-
senheit/ mit dem Ort/ und der Stadt/ übereinkomme/ in welcher derjenige
lebet/ oder wohnet/ dessen die Geburts-Stunde ist. Denn die Leute oder
Personen/ werden nimmermehr von den allgemeinen Constitutionen und
Besch affenheiten angefochten oder beleidigt/ wo nicht die Stadt einen
schweren Anstoß oder Noth leidet. Daher kommt es auch/ daß ein jedwe-
der solchen/ und dergleichen/ allgemeinen Land-Straffen leicht kan entflie-
hen; wenn er nur das Land/ den Ort/ oder die Stadt/ verlässt: es sey
denn/ daß er allzusehr mit demselben verknüpfft und verbunden sey/ durch
den Ascendenten/ und den Anzeiger/ oder Verkündiger deß bevorstehen-
den Unglücks.

Schönwald. Der Herr hat hiermit vielmehr dieses beantwor-
tet/ warum einer oder etliche der allgemeinen Constitution nicht entgelten
dörffen/ sondern dem Unglück/ wofern sie nur/ in ihrer Geburts-Stunde/
mit der allgemeinen Lands-Beschaffenheit/ nicht zu hart verknüpfft sind/
entgehen können; als/ warum diejenige/ welche gantz ungleicher Nati-

vität
(a) Jn der alleredelsten Thorheit der gantzen Welt p. 9[1.]

Der drey und zwantzigſte Discurs/
ſeiner Geburt/ mit einem jeden Menſchen/ feſt verbunden und verhaffter
iſt: weil der Menſch/ und ſein Geburts-Ort/ welcher ihm den erſten Blick
der Welt gegeben/ einerley Sterne uͤber dem Haupt/ dazu auch gleiche
Polus-Hoͤhe haben/ und uͤber das durch eben einerley Herren deß Trian-
gels beherꝛſchet werden. Unterdeſſen koͤnnen die allgemeine Urſachen ei-
nem jeglichen Menſchen abſonderlich nicht zugeeignet werden: angeſehen
(wie Herꝛ Johann Riſt redet) (a) die allgemeine Conſtitutiones oder
Beſchaffenheiten ihre ungeſtuͤme Macht auf einen gewiſſen Hauffen/ oder
auf eine vermiſchte Menge ausgieſſen. Denn in den allgemeinen Land-
Straffen und Plagen ſehen wir/ daß ihrer viele gantz und gar untergehen.
Etliche wenige gerathen zwar auch in dieſelbige Noht; und werden doch
gleichwol noch erhalten. Wie das zu ſpuͤhren/ an denjenigen/ welche an
der Peſt danider ligen/ oder bey Eroberung und Verwuͤſtung der Staͤd-
te gefangen/ beraubet oder verwundet werden: maſſen auch viele ſind/ die
gantz unbeſchaͤdigt davon kommen/ als wenn gar kein Unfall/ Krieg/ oder
Peſt/ die Stadt/ oder den Ort betroffen: zu geſchweigen/ daß mancher/
durch ſolche und dergleichen klaͤgliche Zufaͤlle/ welche Staͤdte und Laͤnder
verwuͤſten/ in die groͤſſeſte Gluͤckſeligkeit verſetzt/ mit Reichthum begabet/
mit Ehren beſeliget/ und zu fuͤrtrefflichen Aemtern wird erhoben: daher
leicht zu ſchlieſſen/ daß jener Geburts-Stunde/ mit der Conſtellation oder
Beſchaffenheit deß Himmels gantz muͤſſe uͤbereinſtimmen; da/ bey dieſen/
das Gegentheil durchaus ſich erweiſet. Wenn derwegen die Wuͤrckung
durchaus ſoll geſchehen; ſo iſt vonnoͤthen/ daß die eigene Geburts-Beſchaf-
ſenheit/ mit dem Ort/ und der Stadt/ uͤbereinkomme/ in welcher derjenige
lebet/ oder wohnet/ deſſen die Geburts-Stunde iſt. Denn die Leute oder
Perſonen/ werden nimmermehr von den allgemeinen Conſtitutionen und
Beſch affenheiten angefochten oder beleidigt/ wo nicht die Stadt einen
ſchweren Anſtoß oder Noth leidet. Daher kommt es auch/ daß ein jedwe-
der ſolchen/ und dergleichen/ allgemeinen Land-Straffen leicht kan entflie-
hen; wenn er nur das Land/ den Ort/ oder die Stadt/ verlaͤſſt: es ſey
denn/ daß er allzuſehr mit demſelben verknuͤpfft und verbunden ſey/ durch
den Aſcendenten/ und den Anzeiger/ oder Verkuͤndiger deß bevorſtehen-
den Ungluͤcks.

Schoͤnwald. Der Herꝛ hat hiermit vielmehr dieſes beantwor-
tet/ warum einer oder etliche der allgemeinen Conſtitution nicht entgelten
doͤrffen/ ſondern dem Ungluͤck/ wofern ſie nur/ in ihrer Geburts-Stunde/
mit der allgemeinen Lands-Beſchaffenheit/ nicht zu hart verknuͤpfft ſind/
entgehen koͤnnen; als/ warum diejenige/ welche gantz ungleicher Nati-

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(a) Jn der alleredelſten Thorheit der gantzen Welt p. 9[1.]
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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 1554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/1632>, abgerufen am 27.07.2024.