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Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676.

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Der funffzehende Discurs/
en/ so wol durch ein grosses/ als enges Rohr-Auge: obgleich seine
Grösse annoch nicht 2. Finger übertrifft.

VI. So bald man sihet/ daß sein Licht ihm vermehret worden; mag
er/ vor aufgehender Sonnen/ am füglichsten/ durch ein kleines Rohr-
Loch/ gesehen werden: und je früher es ist/ je kleiner muß das Loch seyn.
Nach aufgewachter Sonnen aber/ kan ein grosses Loch eben das
thun.

VII. Aber wenn er fünff Finger gemäß ist; muß man dem Stern-
Rohr stets ein kleineres Loch geben; nicht allein vor/ sondern auch nach an-
gebrochenen Sonnen-Lichte/ so wol auch deß Tages über. Denn je mehr
sein Licht wächst/ und sein Gesicht oder Schein sich erweitert/ je kleiner
muß deß Sterns-Rohrs Auge seyn: so fern er uns nicht ungleich und
eckicht/ sondern rechtmässig/ deutlich/ und kugelicht/ erscheinen soll.

Welcher/ unter den Herren/ Begier träget/ von der Schein-Grösse
deß Abend- und Morgen-Sterns/ sich weiter zu informiren; der lese
deß Engländers Horoxii Venerem in Sole visam, und insonderheit das
16. Capitel/ samt denen von H. Hevelio hindangefügten Anmerckun-
gen; da werden ihm noch andrer Sternseher Meinungen hievon/ als Ty-
chonis Brahe/ Lansbergii/ Kepleri/ Crabtrii, und Andrer/ begegnen/
auch eines und andren Jrrthum hierinn erscheinen.

Schönwald. Jch habe/ zum Theil/ aus diesem Discurse ge-
merckt/ theils auch/ von einigen Freunden der Sternkunst/ verstanden/
der Abendstern nehme auch ab und zu/ wie der Mond; befinde sich in der
Fülle/ wenn er dem Erdbodem am fernesten entwichen; hingegen ge-
hörnt/ wenn er ruckgängig/ und der Erden Nechster worden. Jst
dem also?

Goldstern. Solches ist so gewiß/ daß kein Zweifel daran hinter-
Der Abend-
stern nimt
ab und zu/
wie der
Mond.
stellig blieben. Wiewol die alte Stern-Kündiger nichts darum ge-
wust.

Adlerhaupt. Jst mir recht/ so muß er auch/ gleich dem Mond/
seine gewisse Finsternissen leiden.

Goldstern. Der Herr irret nicht. Aber er/ der Abendstern/ ist es
nicht allein/ der hierinn die Weise deß Monds begehet: denn Mercurius
wächst/ und nimteben so wol ab/ und die Finsterniß hat man nicht allein
an dem Merkur; sondern auch/ am Jupiter/ mit dem Sternrohr er-
(a) in Ge-
nes. cap. 1.
v.
29.
spühret: wie/ beym Vossio/ Mersennus (a) vermeldet/ und auch andre
erfahrne Sternforscher gemercket. Unter welchen wir dißmals erst-er-
wehnten Herrn Hevelii Belehrung andren vorziehen wollen. Der Abend-
Stern/ wird in vollem Licht/ und rund geschauet; wenn er gerad occiden-

tal

Der funffzehende Discurs/
en/ ſo wol durch ein groſſes/ als enges Rohr-Auge: obgleich ſeine
Groͤſſe annoch nicht 2. Finger uͤbertrifft.

VI. So bald man ſihet/ daß ſein Licht ihm vermehret worden; mag
er/ vor aufgehender Sonnen/ am fuͤglichſten/ durch ein kleines Rohr-
Loch/ geſehen werden: und je fruͤher es iſt/ je kleiner muß das Loch ſeyn.
Nach aufgewachter Sonnen aber/ kan ein groſſes Loch eben das
thun.

VII. Aber wenn er fuͤnff Finger gemaͤß iſt; muß man dem Stern-
Rohr ſtets ein kleineꝛes Loch geben; nicht allein vor/ ſondern auch nach an-
gebrochenen Sonnen-Lichte/ ſo wol auch deß Tages uͤber. Denn je mehr
ſein Licht waͤchſt/ und ſein Geſicht oder Schein ſich erweitert/ je kleiner
muß deß Sterns-Rohrs Auge ſeyn: ſo fern er uns nicht ungleich und
eckicht/ ſondern rechtmaͤſſig/ deutlich/ und kugelicht/ erſcheinen ſoll.

Welcher/ unter den Herꝛen/ Begier traͤget/ von der Schein-Groͤſſe
deß Abend- und Morgen-Sterns/ ſich weiter zu informiren; der leſe
deß Englaͤnders Horoxii Venerem in Sole viſam, und inſonderheit das
16. Capitel/ ſamt denen von H. Hevelio hindangefuͤgten Anmerckun-
gen; da werden ihm noch andrer Sternſeher Meinungen hievon/ als Ty-
chonis Brahe/ Lansbergii/ Kepleri/ Crabtrii, und Andrer/ begegnen/
auch eines und andren Jrrthum hierinn erſcheinen.

Schoͤnwald. Jch habe/ zum Theil/ aus dieſem Diſcurſe ge-
merckt/ theils auch/ von einigen Freunden der Sternkunſt/ verſtanden/
der Abendſtern nehme auch ab und zu/ wie der Mond; befinde ſich in der
Fuͤlle/ wenn er dem Erdbodem am ferneſten entwichen; hingegen ge-
hoͤrnt/ wenn er ruckgaͤngig/ und der Erden Nechſter worden. Jſt
dem alſo?

Goldſtern. Solches iſt ſo gewiß/ daß kein Zweifel daran hinter-
Der Abend-
ſtern nimt
ab und zu/
wie der
Mond.
ſtellig blieben. Wiewol die alte Stern-Kuͤndiger nichts darum ge-
wuſt.

Adlerhaupt. Jſt mir recht/ ſo muß er auch/ gleich dem Mond/
ſeine gewiſſe Finſterniſſen leiden.

Goldſtern. Der Herꝛ irret nicht. Aber er/ der Abendſtern/ iſt es
nicht allein/ der hierinn die Weiſe deß Monds begehet: denn Mercurius
waͤchſt/ und nimteben ſo wol ab/ und die Finſterniß hat man nicht allein
an dem Merkur; ſondern auch/ am Jupiter/ mit dem Sternrohr er-
(a) in Ge-
neſ. cap. 1.
v.
29.
ſpuͤhret: wie/ beym Voſſio/ Merſennus (a) vermeldet/ und auch andre
erfahrne Sternforſcher gemercket. Unter welchen wir dißmals erſt-er-
wehnten Herꝛn Hevelii Belehrung andren vorziehen wollen. Der Abend-
Stern/ wird in vollem Licht/ und rund geſchauet; wenn er gerad occiden-

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[572/0612] Der funffzehende Discurs/ en/ ſo wol durch ein groſſes/ als enges Rohr-Auge: obgleich ſeine Groͤſſe annoch nicht 2. Finger uͤbertrifft. VI. So bald man ſihet/ daß ſein Licht ihm vermehret worden; mag er/ vor aufgehender Sonnen/ am fuͤglichſten/ durch ein kleines Rohr- Loch/ geſehen werden: und je fruͤher es iſt/ je kleiner muß das Loch ſeyn. Nach aufgewachter Sonnen aber/ kan ein groſſes Loch eben das thun. VII. Aber wenn er fuͤnff Finger gemaͤß iſt; muß man dem Stern- Rohr ſtets ein kleineꝛes Loch geben; nicht allein vor/ ſondern auch nach an- gebrochenen Sonnen-Lichte/ ſo wol auch deß Tages uͤber. Denn je mehr ſein Licht waͤchſt/ und ſein Geſicht oder Schein ſich erweitert/ je kleiner muß deß Sterns-Rohrs Auge ſeyn: ſo fern er uns nicht ungleich und eckicht/ ſondern rechtmaͤſſig/ deutlich/ und kugelicht/ erſcheinen ſoll. Welcher/ unter den Herꝛen/ Begier traͤget/ von der Schein-Groͤſſe deß Abend- und Morgen-Sterns/ ſich weiter zu informiren; der leſe deß Englaͤnders Horoxii Venerem in Sole viſam, und inſonderheit das 16. Capitel/ ſamt denen von H. Hevelio hindangefuͤgten Anmerckun- gen; da werden ihm noch andrer Sternſeher Meinungen hievon/ als Ty- chonis Brahe/ Lansbergii/ Kepleri/ Crabtrii, und Andrer/ begegnen/ auch eines und andren Jrrthum hierinn erſcheinen. Schoͤnwald. Jch habe/ zum Theil/ aus dieſem Diſcurſe ge- merckt/ theils auch/ von einigen Freunden der Sternkunſt/ verſtanden/ der Abendſtern nehme auch ab und zu/ wie der Mond; befinde ſich in der Fuͤlle/ wenn er dem Erdbodem am ferneſten entwichen; hingegen ge- hoͤrnt/ wenn er ruckgaͤngig/ und der Erden Nechſter worden. Jſt dem alſo? Goldſtern. Solches iſt ſo gewiß/ daß kein Zweifel daran hinter- ſtellig blieben. Wiewol die alte Stern-Kuͤndiger nichts darum ge- wuſt. Der Abend- ſtern nimt ab und zu/ wie der Mond. Adlerhaupt. Jſt mir recht/ ſo muß er auch/ gleich dem Mond/ ſeine gewiſſe Finſterniſſen leiden. Goldſtern. Der Herꝛ irret nicht. Aber er/ der Abendſtern/ iſt es nicht allein/ der hierinn die Weiſe deß Monds begehet: denn Mercurius waͤchſt/ und nimteben ſo wol ab/ und die Finſterniß hat man nicht allein an dem Merkur; ſondern auch/ am Jupiter/ mit dem Sternrohr er- ſpuͤhret: wie/ beym Voſſio/ Merſennus (a) vermeldet/ und auch andre erfahrne Sternforſcher gemercket. Unter welchen wir dißmals erſt-er- wehnten Herꝛn Hevelii Belehrung andren vorziehen wollen. Der Abend- Stern/ wird in vollem Licht/ und rund geſchauet; wenn er gerad occiden- tal (a) in Ge- neſ. cap. 1. v. 29.

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Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Das eröffnete Lust-Haus Der Ober- und Nieder-Welt. Nürnberg, 1676, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francisci_lusthaus_1676/612>, abgerufen am 27.07.2024.