Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684.

Bild:
<< vorherige Seite

worffen/ wiewol ohne sonderlichen erfolgten Schaden. Eine und andere zwar war in das neuerbaute Comödien-Haus gefallen/ welches/ weil es sehr groß/ von lauter Holz/ mit Oel getränkt und gefirnißt / besorglich bald mögte Feuer fangen/ mit höchster Gefahr des angränzenden Käiserlichen Hofs/ Augustiner-Klosters und anderer daselbst anstossender Gebäuen. Derowegen man ungesäumt dasselbe abzutragen und einzureissen angefangen/ bis durch die Zimmerleut die Stützen dessen abgeseeget/ verursachten/ daß es vollend selber eingefallen. Davon man hernach die Balken und Raven zu denen Abschnitten bey denen Pasteyen nutzlich angewendet. Neben fortgesetzter Arbeit in den Contrascarpen und Gräben/ hatte man auch auf der Löwel- und Mölker-Pastey die Bettungen zu neuen Batterien angefangen/ aber erst den zweyten Tag ganz verfertiget. Vornemlich schaffte der Hochgräfliche Herr Commendant vortrefflichen Nutzen mit einer sonderbaren Erfindung/ nach deren er so wol in der Contrascarpe/ als auch im Stadt-Graben/ unterschiedliche Reygen oder Ordnungen von Pallisaden/ Pfälen / und langen Dielstecken hintereinander eingraben/ und immer einen tieffen holen Graben hinter dem andern aufwerffen lassen/ woselbsthin die Käiserliche Soldaten sich in Sicherheit begeben konten; und ob gleich die Türken etwan an einem Ort durchgedrungen wären/ sie doch immer eine neue Hindernüs anträffen/ welche ihnen die Gelegenheit / weiter durchzubrechen/ abschnitte. Massen man Zeit währender Belagerung zum öftern mit höchster Vergnügnung wahr genommen/ mit was grossem Verlust die Türken diese Invention eingeweihet. In der Nacht wolten dieselbe die Contrascarpen stürmen/ da sie dann/ ihrer Gewonheit nach/ ein erschröcklich Geschrey machten/ wurden aber stattlich repousirt / auch bey vorgenommenem Ausfall in ihre Aprochen Hand- und andere Granaten geworffen: wobey von den Käiserlichen etliche wenige/ von dem Feind aber mehrer geblieben und blessirt / auch seine Arbeit in etwas aufgehalten worden. Die Infanterie kriegte diesen Tag ihre ordentliche angewiesene Stelle und Stände auf den Bollwerken. Die Parola war: S. Antonius und Grätz.

Den 17. Die Nacht vorher und diesen Tag giengen die Tartarn und Türken bey Erdberg über das Wasser/ welches damal sehr klein war/ in den Pratter-Wald/ und von selbigem/ wie auch oberhalb bey Nußdorff/ über die neue Brücken durch die Au/ in die verlassene Leopoldstadt/ nachdem vorher die guten Inwohner/ so viel ihnen möglich war/ nach Wienn salvirt hatten. Darauf steckten die Tartarischen Furien die Stadt hin und wieder in Brand / dadurch nebst Abbrennung der schönen Carmeliter-Kirchen/ viel Millionen Schaden geschehen. Die Türken aber fiengen gleich an sich zu verschanzen/ und wurde in diesem Tumult ein gefangen genommener Türk in erbittertem Eifer von den Christen lebendig geschunden.

Indessen befand sich die Stadt Wienn durch diese Ubergehung der Leo-

worffen/ wiewol ohne sonderlichen erfolgten Schaden. Eine und andere zwar war in das neuerbaute Comödien-Haus gefallen/ welches/ weil es sehr groß/ von lauter Holz/ mit Oel getränkt und gefirnißt / besorglich bald mögte Feuer fangen/ mit höchster Gefahr des angränzenden Käiserlichen Hofs/ Augustiner-Klosters und anderer daselbst anstossender Gebäuen. Derowegen man ungesäumt dasselbe abzutragen und einzureissen angefangen/ bis durch die Zimmerleut die Stützen dessen abgeseeget/ verursachten/ daß es vollend selber eingefallen. Davon man hernach die Balken und Raven zu denen Abschnitten bey denen Pasteyen nutzlich angewendet. Neben fortgesetzter Arbeit in den Contrascarpen und Gräben/ hatte man auch auf der Löwel- und Mölker-Pastey die Bettungen zu neuen Batterien angefangen/ aber erst den zweyten Tag ganz verfertiget. Vornemlich schaffte der Hochgräfliche Herr Commendant vortrefflichen Nutzen mit einer sonderbaren Erfindung/ nach deren er so wol in der Contrascarpe/ als auch im Stadt-Graben/ unterschiedliche Reygen oder Ordnungen von Pallisaden/ Pfälen / und langen Dielstecken hintereinander eingraben/ und immer einen tieffen holen Graben hinter dem andern aufwerffen lassen/ woselbsthin die Käiserliche Soldaten sich in Sicherheit begeben konten; und ob gleich die Türken etwan an einem Ort durchgedrungen wären/ sie doch immer eine neue Hindernüs anträffen/ welche ihnen die Gelegenheit / weiter durchzubrechen/ abschnitte. Massen man Zeit währender Belagerung zum öftern mit höchster Vergnügnung wahr genommen/ mit was grossem Verlust die Türken diese Invention eingeweihet. In der Nacht wolten dieselbe die Contrascarpen stürmen/ da sie dann/ ihrer Gewonheit nach/ ein erschröcklich Geschrey machten/ wurden aber stattlich repousirt / auch bey vorgenommenem Ausfall in ihre Aprochen Hand- und andere Granaten geworffen: wobey von den Käiserlichen etliche wenige/ von dem Feind aber mehrer geblieben und blessirt / auch seine Arbeit in etwas aufgehalten worden. Die Infanterie kriegte diesen Tag ihre ordentliche angewiesene Stelle und Stände auf den Bollwerken. Die Parola war: S. Antonius und Grätz.

Den 17. Die Nacht vorher und diesen Tag giengen die Tartarn und Türken bey Erdberg über das Wasser/ welches damal sehr klein war/ in den Pratter-Wald/ und von selbigem/ wie auch oberhalb bey Nußdorff/ über die neue Brücken durch die Au/ in die verlassene Leopoldstadt/ nachdem vorher die guten Inwohner/ so viel ihnen möglich war/ nach Wienn salvirt hatten. Darauf steckten die Tartarischen Furien die Stadt hin und wieder in Brand / dadurch nebst Abbrennung der schönen Carmeliter-Kirchen/ viel Millionen Schaden geschehen. Die Türken aber fiengen gleich an sich zu verschanzen/ und wurde in diesem Tumult ein gefangen genommener Türk in erbittertem Eifer von den Christen lebendig geschunden.

Indessen befand sich die Stadt Wienn durch diese Ubergehung der Leo-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0226" n="14"/>
worffen/ wiewol ohne            sonderlichen erfolgten Schaden. Eine und andere zwar war in das neuerbaute Comödien-Haus            gefallen/ welches/ weil es sehr groß/ von lauter Holz/ mit Oel getränkt und gefirnißt           / besorglich bald mögte Feuer fangen/ mit höchster Gefahr des angränzenden Käiserlichen            Hofs/ Augustiner-Klosters und anderer daselbst anstossender Gebäuen. Derowegen man            ungesäumt dasselbe abzutragen und einzureissen angefangen/ bis durch die Zimmerleut die            Stützen dessen abgeseeget/ verursachten/ daß es vollend selber eingefallen. Davon man            hernach die Balken und Raven zu denen Abschnitten bey denen Pasteyen nutzlich angewendet.            Neben fortgesetzter Arbeit in den Contrascarpen und Gräben/ hatte man auch auf der Löwel-            und Mölker-Pastey die Bettungen zu neuen Batterien angefangen/ aber erst den zweyten Tag            ganz verfertiget. Vornemlich schaffte der Hochgräfliche Herr Commendant vortrefflichen            Nutzen mit einer sonderbaren Erfindung/ nach deren er so wol in der Contrascarpe/ als            auch im Stadt-Graben/ unterschiedliche Reygen oder Ordnungen von Pallisaden/ Pfälen /            und langen Dielstecken hintereinander eingraben/ und immer einen tieffen holen Graben            hinter dem andern aufwerffen lassen/ woselbsthin die Käiserliche Soldaten sich in            Sicherheit begeben konten; und ob gleich die Türken etwan an einem Ort durchgedrungen            wären/ sie doch immer eine neue Hindernüs anträffen/ welche ihnen die Gelegenheit /            weiter durchzubrechen/ abschnitte. Massen man Zeit währender Belagerung zum öftern mit            höchster Vergnügnung wahr genommen/ mit was grossem Verlust die Türken diese Invention            eingeweihet. In der Nacht wolten dieselbe die Contrascarpen stürmen/ da sie dann/ ihrer            Gewonheit nach/ ein erschröcklich Geschrey machten/ wurden aber stattlich repousirt /            auch bey vorgenommenem Ausfall in ihre Aprochen Hand- und andere Granaten geworffen: wobey            von den Käiserlichen etliche wenige/ von dem Feind aber mehrer geblieben und blessirt /            auch seine Arbeit in etwas aufgehalten worden. Die Infanterie kriegte diesen Tag ihre            ordentliche angewiesene Stelle und Stände auf den Bollwerken. Die Parola war: S. Antonius            und Grätz.</p>
        <p>Den 17. Die Nacht vorher und diesen Tag giengen die Tartarn und Türken bey Erdberg über            das Wasser/ welches damal sehr klein war/ in den Pratter-Wald/ und von selbigem/ wie            auch oberhalb bey Nußdorff/ über die neue Brücken durch die Au/ in die verlassene            Leopoldstadt/ nachdem vorher die guten Inwohner/ so viel ihnen möglich war/ nach Wienn            salvirt hatten. Darauf steckten die Tartarischen Furien die Stadt hin und wieder in Brand           / dadurch nebst Abbrennung der schönen Carmeliter-Kirchen/ viel Millionen Schaden            geschehen. Die Türken aber fiengen gleich an sich zu verschanzen/ und wurde in diesem            Tumult ein gefangen genommener Türk in erbittertem Eifer von den Christen lebendig            geschunden.</p>
        <p>Indessen befand sich die Stadt Wienn durch diese Ubergehung der Leo-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0226] worffen/ wiewol ohne sonderlichen erfolgten Schaden. Eine und andere zwar war in das neuerbaute Comödien-Haus gefallen/ welches/ weil es sehr groß/ von lauter Holz/ mit Oel getränkt und gefirnißt / besorglich bald mögte Feuer fangen/ mit höchster Gefahr des angränzenden Käiserlichen Hofs/ Augustiner-Klosters und anderer daselbst anstossender Gebäuen. Derowegen man ungesäumt dasselbe abzutragen und einzureissen angefangen/ bis durch die Zimmerleut die Stützen dessen abgeseeget/ verursachten/ daß es vollend selber eingefallen. Davon man hernach die Balken und Raven zu denen Abschnitten bey denen Pasteyen nutzlich angewendet. Neben fortgesetzter Arbeit in den Contrascarpen und Gräben/ hatte man auch auf der Löwel- und Mölker-Pastey die Bettungen zu neuen Batterien angefangen/ aber erst den zweyten Tag ganz verfertiget. Vornemlich schaffte der Hochgräfliche Herr Commendant vortrefflichen Nutzen mit einer sonderbaren Erfindung/ nach deren er so wol in der Contrascarpe/ als auch im Stadt-Graben/ unterschiedliche Reygen oder Ordnungen von Pallisaden/ Pfälen / und langen Dielstecken hintereinander eingraben/ und immer einen tieffen holen Graben hinter dem andern aufwerffen lassen/ woselbsthin die Käiserliche Soldaten sich in Sicherheit begeben konten; und ob gleich die Türken etwan an einem Ort durchgedrungen wären/ sie doch immer eine neue Hindernüs anträffen/ welche ihnen die Gelegenheit / weiter durchzubrechen/ abschnitte. Massen man Zeit währender Belagerung zum öftern mit höchster Vergnügnung wahr genommen/ mit was grossem Verlust die Türken diese Invention eingeweihet. In der Nacht wolten dieselbe die Contrascarpen stürmen/ da sie dann/ ihrer Gewonheit nach/ ein erschröcklich Geschrey machten/ wurden aber stattlich repousirt / auch bey vorgenommenem Ausfall in ihre Aprochen Hand- und andere Granaten geworffen: wobey von den Käiserlichen etliche wenige/ von dem Feind aber mehrer geblieben und blessirt / auch seine Arbeit in etwas aufgehalten worden. Die Infanterie kriegte diesen Tag ihre ordentliche angewiesene Stelle und Stände auf den Bollwerken. Die Parola war: S. Antonius und Grätz. Den 17. Die Nacht vorher und diesen Tag giengen die Tartarn und Türken bey Erdberg über das Wasser/ welches damal sehr klein war/ in den Pratter-Wald/ und von selbigem/ wie auch oberhalb bey Nußdorff/ über die neue Brücken durch die Au/ in die verlassene Leopoldstadt/ nachdem vorher die guten Inwohner/ so viel ihnen möglich war/ nach Wienn salvirt hatten. Darauf steckten die Tartarischen Furien die Stadt hin und wieder in Brand / dadurch nebst Abbrennung der schönen Carmeliter-Kirchen/ viel Millionen Schaden geschehen. Die Türken aber fiengen gleich an sich zu verschanzen/ und wurde in diesem Tumult ein gefangen genommener Türk in erbittertem Eifer von den Christen lebendig geschunden. Indessen befand sich die Stadt Wienn durch diese Ubergehung der Leo-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/226
Zitationshilfe: Francisci, Erasmus: Schau- und Ehren-Platz Schriftlicher Tapfferkeit. Nürnberg, 1684, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/franciscus_schauplatz_1684/226>, abgerufen am 24.11.2024.