Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Francke, August Hermann: Einfältiger Unterricht Wie man die Heilige Schrift zu seiner wahren Erbauung lesen solle. Halle, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

die Bibel zuschläget/ und was man
gelesen hat/ bald aus den Gedan-
cken fahren lässet/ so ist es kein
Wunder/ daß man die Bibel wol
oft durchlese/ und doch nicht fröm-
mer und andächtiger darnach
werde.

Das Gebet und die Betrachtung
müssen einander stets die Hand bie-
ten. Wenn es mit der Betrach-
tung nicht fort will/ must du be-
ten; und wenn das Gebet nicht
fließen will/ must du die Worte ein
wenig betrachten. Aus dem Gebet
wird die Betrachtung entspringen
und vermehret werden; und durch
die Betrachtung wirst du zum Ge-
bet erwecket werden. Kein Mensch/
spricht Bernhardus/ kömmt plötz-
lich oben an. Durch aufsteigen/
und nicht durch fliegen/ errei-
chet man die oberste Sprossen
an der Leiter. Darum lasset
uns hinauf steigen/ als wie mit
zweyen Füssen/ nemlich durch
die Betrachtung/ und durch
das

Ge-
A7

die Bibel zuſchlaͤget/ und was man
geleſen hat/ bald aus den Gedan-
cken fahren läſſet/ ſo iſt es kein
Wunder/ daß man die Bibel wol
oft durchleſe/ und doch nicht froͤm-
mer und andaͤchtiger darnach
werde.

Das Gebet und die Betrachtung
muͤſſen einander ſtets die Hand bie-
ten. Wenn es mit der Betrach-
tung nicht fort will/ muſt du be-
ten; und wenn das Gebet nicht
fließen will/ muſt du die Worte ein
wenig betrachten. Aus dem Gebet
wird die Betrachtung entſpringen
und vermehret werden; und durch
die Betrachtung wirſt du zum Ge-
bet erwecket werden. Kein Menſch/
ſpricht Bernhardus/ kömmt plötz-
lich oben an. Durch aufſteigen/
und nicht durch fliegen/ errei-
chet man die oberſte Sproſſen
an der Leiter. Darum laſſet
uns hinauf ſteigen/ als wie mit
zweyen Fuͤſſen/ nemlich durch
die Betrachtung/ und durch
das

Ge-
A7
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0015" n="13"/>
          <p>die Bibel zu&#x017F;chla&#x0364;get/ und was man<lb/>
gele&#x017F;en hat/ bald aus den Gedan-<lb/>
cken fahren lä&#x017F;&#x017F;et/ &#x017F;o i&#x017F;t es kein<lb/>
Wunder/ daß man die Bibel wol<lb/>
oft durchle&#x017F;e/ und doch nicht fro&#x0364;m-<lb/>
mer und anda&#x0364;chtiger darnach<lb/>
werde.</p>
          <p>Das Gebet und die Betrachtung<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en einander &#x017F;tets die Hand bie-<lb/>
ten. Wenn es mit der Betrach-<lb/>
tung nicht fort will/ mu&#x017F;t du be-<lb/>
ten; und wenn das Gebet nicht<lb/>
fließen will/ mu&#x017F;t du die Worte ein<lb/>
wenig betrachten. Aus dem Gebet<lb/>
wird die Betrachtung ent&#x017F;pringen<lb/>
und vermehret werden; und durch<lb/>
die Betrachtung wir&#x017F;t du zum Ge-<lb/>
bet erwecket werden. <hi rendition="#fr">Kein Men&#x017F;ch/</hi><lb/>
&#x017F;pricht Bernhardus/ <hi rendition="#fr">kömmt plötz-<lb/>
lich oben an. Durch auf&#x017F;teigen/<lb/>
und nicht durch fliegen/ errei-<lb/>
chet man die ober&#x017F;te Spro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
an der Leiter. Darum la&#x017F;&#x017F;et<lb/>
uns hinauf &#x017F;teigen/ als wie mit<lb/>
zweyen Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ nemlich durch<lb/>
die Betrachtung/ und durch<lb/>
das <fw place="bottom" type="sig">A7</fw> <fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/></hi></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[13/0015] die Bibel zuſchlaͤget/ und was man geleſen hat/ bald aus den Gedan- cken fahren läſſet/ ſo iſt es kein Wunder/ daß man die Bibel wol oft durchleſe/ und doch nicht froͤm- mer und andaͤchtiger darnach werde. Das Gebet und die Betrachtung muͤſſen einander ſtets die Hand bie- ten. Wenn es mit der Betrach- tung nicht fort will/ muſt du be- ten; und wenn das Gebet nicht fließen will/ muſt du die Worte ein wenig betrachten. Aus dem Gebet wird die Betrachtung entſpringen und vermehret werden; und durch die Betrachtung wirſt du zum Ge- bet erwecket werden. Kein Menſch/ ſpricht Bernhardus/ kömmt plötz- lich oben an. Durch aufſteigen/ und nicht durch fliegen/ errei- chet man die oberſte Sproſſen an der Leiter. Darum laſſet uns hinauf ſteigen/ als wie mit zweyen Fuͤſſen/ nemlich durch die Betrachtung/ und durch das Ge- A7

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde per OCR automatisch im Volltext erkannt, gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien korrigiert und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francke_unterricht_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francke_unterricht_1708/15
Zitationshilfe: Francke, August Hermann: Einfältiger Unterricht Wie man die Heilige Schrift zu seiner wahren Erbauung lesen solle. Halle, 1708, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francke_unterricht_1708/15>, abgerufen am 21.11.2024.