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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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Lisette!" rief er der Wöchnerin entgegen. "Du bist's
gewöhnt, und es thut Dir noth, armes Weib."

Frau Lisette schüttelte bedenklich den Kopf, seufzte
und frug mit tiefer, zur Zeit merkbar angegriffener
Stimme: "Und die Zahlung, August? Wieder ge¬
knöchelt gestern Nacht? Wieder gekärtelt? Mann,
Mann!"

"Nun, seit wann hältst Du denn Knöcheln und
Kärteln für eine Sünde, altes Haus?" entgegnete
lachend der Invalid. "Trink, und schneide kein Ge¬
sicht! Kann ich Holz hacken mit meinem Stumpf?
Soll ich die Orgel umhängen und vor den Thüren
dudeln, he? Schmählich genug, daß Eine, die so
tapfer dem Kalbsfell gefolgt, elende Ziegenfellchen zu¬
sammenstoppeln muß. Aber laß das Gestöhn! Greinen,
wenn man unterm Kanonendonner gelacht! Einen
Schluck und herzhaft drein geschaut wie sonst. Es
kann ja nicht ewig Frieden bleiben. Wie lange wird's
dauern, ist der Napoleon retour und dann -- --"

Er verstand den kläglichen Blick, mit welchem die
Marketenderin seine Rede unterbrach, fuhr aber nach
kurzem Besinnen in munterster Laune also fort: "Man
braucht nur einen Arm, um dreinzuhau'n, Lisette.
Ich habe ihrer mit der Linken losfeuern sehen und

Liſette!“ rief er der Wöchnerin entgegen. „Du biſt's
gewöhnt, und es thut Dir noth, armes Weib.“

Frau Liſette ſchüttelte bedenklich den Kopf, ſeufzte
und frug mit tiefer, zur Zeit merkbar angegriffener
Stimme: „Und die Zahlung, Auguſt? Wieder ge¬
knöchelt geſtern Nacht? Wieder gekärtelt? Mann,
Mann!“

„Nun, ſeit wann hältſt Du denn Knöcheln und
Kärteln für eine Sünde, altes Haus?“ entgegnete
lachend der Invalid. „Trink, und ſchneide kein Ge¬
ſicht! Kann ich Holz hacken mit meinem Stumpf?
Soll ich die Orgel umhängen und vor den Thüren
dudeln, he? Schmählich genug, daß Eine, die ſo
tapfer dem Kalbsfell gefolgt, elende Ziegenfellchen zu¬
ſammenſtoppeln muß. Aber laß das Geſtöhn! Greinen,
wenn man unterm Kanonendonner gelacht! Einen
Schluck und herzhaft drein geſchaut wie ſonſt. Es
kann ja nicht ewig Frieden bleiben. Wie lange wird's
dauern, iſt der Napoleon retour und dann — —“

Er verſtand den kläglichen Blick, mit welchem die
Marketenderin ſeine Rede unterbrach, fuhr aber nach
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[4/0011] Liſette!“ rief er der Wöchnerin entgegen. „Du biſt's gewöhnt, und es thut Dir noth, armes Weib.“ Frau Liſette ſchüttelte bedenklich den Kopf, ſeufzte und frug mit tiefer, zur Zeit merkbar angegriffener Stimme: „Und die Zahlung, Auguſt? Wieder ge¬ knöchelt geſtern Nacht? Wieder gekärtelt? Mann, Mann!“ „Nun, ſeit wann hältſt Du denn Knöcheln und Kärteln für eine Sünde, altes Haus?“ entgegnete lachend der Invalid. „Trink, und ſchneide kein Ge¬ ſicht! Kann ich Holz hacken mit meinem Stumpf? Soll ich die Orgel umhängen und vor den Thüren dudeln, he? Schmählich genug, daß Eine, die ſo tapfer dem Kalbsfell gefolgt, elende Ziegenfellchen zu¬ ſammenſtoppeln muß. Aber laß das Geſtöhn! Greinen, wenn man unterm Kanonendonner gelacht! Einen Schluck und herzhaft drein geſchaut wie ſonſt. Es kann ja nicht ewig Frieden bleiben. Wie lange wird's dauern, iſt der Napoleon retour und dann — —“ Er verſtand den kläglichen Blick, mit welchem die Marketenderin ſeine Rede unterbrach, fuhr aber nach kurzem Beſinnen in munterſter Laune alſo fort: „Man braucht nur einen Arm, um dreinzuhau'n, Liſette. Ich habe ihrer mit der Linken losfeuern ſehen und

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/11>, abgerufen am 24.11.2024.