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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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zu meiner gerechten Entrüstung, die andächtige Samm¬
lung meiner Abendmahlsschwester, sie strich mit der
Hand darüber hin und schmunzelte bei dem scharfen,
knisternden Geräusch, sie stieß mich während des Lie¬
des an und blinzelte zu mir hinauf, um mir die
Blicke bemerklich zu machen, welche die Versammlung
auf sie richtete. Die liebe Unschuld dachte, ihr stol¬
zes Gewand für das Aufsehen, das ihre Schönheit
erregte, verantwortlich machen zu müssen. Ich selber
dahingegen war, jene Entrüstung abgerechnet, mit un¬
gestörter Ernsthaftigkeit bei der wichtigen Feier, und
der Bibelvers, der uns als Geleitspruch für's Leben
ertheilt ward, hat der Jungfer Grundtext tiefste Ge¬
danken nachhaltig angeregt. Es war einer von denen,
die gar leichtverständlich klingen, und doch selten von
uns Weltkindern richtig verstanden werden: "Denn
welche der Geist Gottes treibt, die werden Gottes
Kinder heißen."

Ja, welches war denn der Geist, der uns in das
Vaterreich treiben soll? War es der, welcher über
dem Wasser schwebt, der Geist des Schaffens und
Förderns, des Umbildens der natürlichen Kraft, der
den versunkenen Garten Eden auf Erden wieder her¬
zustellen strebt? Oder war es der, welcher auf den

zu meiner gerechten Entrüſtung, die andächtige Samm¬
lung meiner Abendmahlsſchweſter, ſie ſtrich mit der
Hand darüber hin und ſchmunzelte bei dem ſcharfen,
kniſternden Geräuſch, ſie ſtieß mich während des Lie¬
des an und blinzelte zu mir hinauf, um mir die
Blicke bemerklich zu machen, welche die Verſammlung
auf ſie richtete. Die liebe Unſchuld dachte, ihr ſtol¬
zes Gewand für das Aufſehen, das ihre Schönheit
erregte, verantwortlich machen zu müſſen. Ich ſelber
dahingegen war, jene Entrüſtung abgerechnet, mit un¬
geſtörter Ernſthaftigkeit bei der wichtigen Feier, und
der Bibelvers, der uns als Geleitſpruch für's Leben
ertheilt ward, hat der Jungfer Grundtext tiefſte Ge¬
danken nachhaltig angeregt. Es war einer von denen,
die gar leichtverſtändlich klingen, und doch ſelten von
uns Weltkindern richtig verſtanden werden: „Denn
welche der Geiſt Gottes treibt, die werden Gottes
Kinder heißen.“

Ja, welches war denn der Geiſt, der uns in das
Vaterreich treiben ſoll? War es der, welcher über
dem Waſſer ſchwebt, der Geiſt des Schaffens und
Förderns, des Umbildens der natürlichen Kraft, der
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[108/0115] zu meiner gerechten Entrüſtung, die andächtige Samm¬ lung meiner Abendmahlsſchweſter, ſie ſtrich mit der Hand darüber hin und ſchmunzelte bei dem ſcharfen, kniſternden Geräuſch, ſie ſtieß mich während des Lie¬ des an und blinzelte zu mir hinauf, um mir die Blicke bemerklich zu machen, welche die Verſammlung auf ſie richtete. Die liebe Unſchuld dachte, ihr ſtol¬ zes Gewand für das Aufſehen, das ihre Schönheit erregte, verantwortlich machen zu müſſen. Ich ſelber dahingegen war, jene Entrüſtung abgerechnet, mit un¬ geſtörter Ernſthaftigkeit bei der wichtigen Feier, und der Bibelvers, der uns als Geleitſpruch für's Leben ertheilt ward, hat der Jungfer Grundtext tiefſte Ge¬ danken nachhaltig angeregt. Es war einer von denen, die gar leichtverſtändlich klingen, und doch ſelten von uns Weltkindern richtig verſtanden werden: „Denn welche der Geiſt Gottes treibt, die werden Gottes Kinder heißen.“ Ja, welches war denn der Geiſt, der uns in das Vaterreich treiben ſoll? War es der, welcher über dem Waſſer ſchwebt, der Geiſt des Schaffens und Förderns, des Umbildens der natürlichen Kraft, der den verſunkenen Garten Eden auf Erden wieder her¬ zuſtellen ſtrebt? Oder war es der, welcher auf den

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/115>, abgerufen am 21.11.2024.