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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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vor meinen Augen erst nach ihrem Tode aus einer
vorgefundenen Correspondenz im Zusammenhange ent¬
hüllt hat.

Eberhardine von Reckenburg hatte von ihrem
Vater nichts als die Trümmer seiner Stammburg in
einem sumpfigen, verrufenen Waldwinkel überkommen.
Mütterlicherseits aber war sie eine Erbtochter. In
der Wiege verwaist, verdreifachte sich ihr Vermögen
unter einer gewissenhaften Vormundschaft, da die Kur¬
fürstin, ihre Pathin, sie innerhalb ihrer eigenen Hof¬
haltung erziehen und später als Hoffräulein in ihren
Dienst treten ließ. Bei ihrer Mündigkeitserklärung
sah sie sich in einem Besitzstand, der ihrer Zeit ein
fürstlicher genannt ward.

Klug und ehrgeizig von Natur, besaß sie den
Sinn, diesen Werth nach seinem Abstande von dem
großentheils verarmten Höflingsadel zu ermessen. Sie
galt für schön, und sie galt sich selbst dafür; aber sie
sah manche ihres Gleichen sich und Anderen mit noch
größerem Rechte dafür gelten, und nach einem Carne¬
val oder zweien, verdrängt, vergessen von der Bühne
verschwinden, sobald nicht eine andere Macht der
Schönheit eine dauernde Unterlage gab. Daß von
der Tugend als solcher Unterlage zu August des Star¬

vor meinen Augen erſt nach ihrem Tode aus einer
vorgefundenen Correſpondenz im Zuſammenhange ent¬
hüllt hat.

Eberhardine von Reckenburg hatte von ihrem
Vater nichts als die Trümmer ſeiner Stammburg in
einem ſumpfigen, verrufenen Waldwinkel überkommen.
Mütterlicherſeits aber war ſie eine Erbtochter. In
der Wiege verwaiſt, verdreifachte ſich ihr Vermögen
unter einer gewiſſenhaften Vormundſchaft, da die Kur¬
fürſtin, ihre Pathin, ſie innerhalb ihrer eigenen Hof¬
haltung erziehen und ſpäter als Hoffräulein in ihren
Dienſt treten ließ. Bei ihrer Mündigkeitserklärung
ſah ſie ſich in einem Beſitzſtand, der ihrer Zeit ein
fürſtlicher genannt ward.

Klug und ehrgeizig von Natur, beſaß ſie den
Sinn, dieſen Werth nach ſeinem Abſtande von dem
großentheils verarmten Höflingsadel zu ermeſſen. Sie
galt für ſchön, und ſie galt ſich ſelbſt dafür; aber ſie
ſah manche ihres Gleichen ſich und Anderen mit noch
größerem Rechte dafür gelten, und nach einem Carne¬
val oder zweien, verdrängt, vergeſſen von der Bühne
verſchwinden, ſobald nicht eine andere Macht der
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[160/0167] vor meinen Augen erſt nach ihrem Tode aus einer vorgefundenen Correſpondenz im Zuſammenhange ent¬ hüllt hat. Eberhardine von Reckenburg hatte von ihrem Vater nichts als die Trümmer ſeiner Stammburg in einem ſumpfigen, verrufenen Waldwinkel überkommen. Mütterlicherſeits aber war ſie eine Erbtochter. In der Wiege verwaiſt, verdreifachte ſich ihr Vermögen unter einer gewiſſenhaften Vormundſchaft, da die Kur¬ fürſtin, ihre Pathin, ſie innerhalb ihrer eigenen Hof¬ haltung erziehen und ſpäter als Hoffräulein in ihren Dienſt treten ließ. Bei ihrer Mündigkeitserklärung ſah ſie ſich in einem Beſitzſtand, der ihrer Zeit ein fürſtlicher genannt ward. Klug und ehrgeizig von Natur, beſaß ſie den Sinn, dieſen Werth nach ſeinem Abſtande von dem großentheils verarmten Höflingsadel zu ermeſſen. Sie galt für ſchön, und ſie galt ſich ſelbſt dafür; aber ſie ſah manche ihres Gleichen ſich und Anderen mit noch größerem Rechte dafür gelten, und nach einem Carne¬ val oder zweien, verdrängt, vergeſſen von der Bühne verſchwinden, ſobald nicht eine andere Macht der Schönheit eine dauernde Unterlage gab. Daß von der Tugend als ſolcher Unterlage zu Auguſt des Star¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/167>, abgerufen am 24.11.2024.