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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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Vater von Fräulein Hardinen, den man gestern als
Leiche in ihr Haus gebracht hat. Dort erwarte ich
Dich, August, mit dem Kranze. Die Waschfrau
Becker" -- sie versah nämlich nebenbei den Boten¬
dienst nach der Stadt -- "begleitet Dich und zeigt
Dir das Haus." Damit ging er. Wir Jungen
rannten in den Wald. Ich war zu oberst auf den
Bäumen und warf die Zweige herab, die unten um
einen Faßreif gebunden wurden. Es war ein Stück,
daß eine Kuh sich daran satt hätte fressen können,
Lisette. Kaum eine Stunde und ich trabte neben der
alten Beckern auf dem Wege nach der Stadt."

"Wenn die Botenfrau so wie so nach der Stadt
ging," fiel hier Frau Lisette, höchlichst gespannt, dem
Redner in's Wort, "warum mußtest Du sie begleiten,
August? Du den Kranz zu Fräulein Hardinen tra¬
gen? von Allen just Du? Mann, Mann, das war
eine Finte!"

"Du kommst auf die Sprünge der alten Kloster¬
klatsche, Lisette," versetzte der Invalid, der allmälig
Feuer und Flamme über seiner Erzählung gewor¬
den war. "Aber höre nur weiter. Auf dem Wege
hatte ich meinen Heidenärger mit dem dummen Weib.
Es wäre im Oberlande eine Schlacht geschlagen wor¬

Louise v. Francois, Die letzte Reckenburgerin. I. 2

Vater von Fräulein Hardinen, den man geſtern als
Leiche in ihr Haus gebracht hat. Dort erwarte ich
Dich, Auguſt, mit dem Kranze. Die Waſchfrau
Becker“ — ſie verſah nämlich nebenbei den Boten¬
dienſt nach der Stadt — „begleitet Dich und zeigt
Dir das Haus.“ Damit ging er. Wir Jungen
rannten in den Wald. Ich war zu oberſt auf den
Bäumen und warf die Zweige herab, die unten um
einen Faßreif gebunden wurden. Es war ein Stück,
daß eine Kuh ſich daran ſatt hätte freſſen können,
Liſette. Kaum eine Stunde und ich trabte neben der
alten Beckern auf dem Wege nach der Stadt.“

„Wenn die Botenfrau ſo wie ſo nach der Stadt
ging,“ fiel hier Frau Liſette, höchlichſt geſpannt, dem
Redner in's Wort, „warum mußteſt Du ſie begleiten,
Auguſt? Du den Kranz zu Fräulein Hardinen tra¬
gen? von Allen juſt Du? Mann, Mann, das war
eine Finte!“

„Du kommſt auf die Sprünge der alten Kloſter¬
klatſche, Liſette,“ verſetzte der Invalid, der allmälig
Feuer und Flamme über ſeiner Erzählung gewor¬
den war. „Aber höre nur weiter. Auf dem Wege
hatte ich meinen Heidenärger mit dem dummen Weib.
Es wäre im Oberlande eine Schlacht geſchlagen wor¬

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[17/0024] Vater von Fräulein Hardinen, den man geſtern als Leiche in ihr Haus gebracht hat. Dort erwarte ich Dich, Auguſt, mit dem Kranze. Die Waſchfrau Becker“ — ſie verſah nämlich nebenbei den Boten¬ dienſt nach der Stadt — „begleitet Dich und zeigt Dir das Haus.“ Damit ging er. Wir Jungen rannten in den Wald. Ich war zu oberſt auf den Bäumen und warf die Zweige herab, die unten um einen Faßreif gebunden wurden. Es war ein Stück, daß eine Kuh ſich daran ſatt hätte freſſen können, Liſette. Kaum eine Stunde und ich trabte neben der alten Beckern auf dem Wege nach der Stadt.“ „Wenn die Botenfrau ſo wie ſo nach der Stadt ging,“ fiel hier Frau Liſette, höchlichſt geſpannt, dem Redner in's Wort, „warum mußteſt Du ſie begleiten, Auguſt? Du den Kranz zu Fräulein Hardinen tra¬ gen? von Allen juſt Du? Mann, Mann, das war eine Finte!“ „Du kommſt auf die Sprünge der alten Kloſter¬ klatſche, Liſette,“ verſetzte der Invalid, der allmälig Feuer und Flamme über ſeiner Erzählung gewor¬ den war. „Aber höre nur weiter. Auf dem Wege hatte ich meinen Heidenärger mit dem dummen Weib. Es wäre im Oberlande eine Schlacht geſchlagen wor¬ Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. I. 2

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/24>, abgerufen am 21.11.2024.