Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

stellung des souveränen Thrones für ein Kinderspiel
erklärt, er hatte jetzt tausend Bedenken, welche das
geflissentliche Zaudern in seinen Augen bemäntelten.
Der Zwiespalt der verbündeten Kabinette, der im
eigenen preußischen Lager, die Wahl des Braunschwei¬
gers statt des Königs zum Oberfeldherrn, die unfer¬
tige Rüstung, die Verspätung für einen Sommerfeld¬
zug -- alles Bedenken, welche die Folgezeit nur gar
zu schmerzlich gerechtfertigt hat! Diesem feurigen
Jünglingsmuthe aber waren sie angekünstelt und ein¬
geklügelt, weil es eine Macht gab, die ihn zurückhielt,
eben so stark, wie die, welche ihn vorwärts trieb.

Ich theilte die Auffassung meiner Lebensgenossen
über die Natur dieses Krieges. Ich hielt es für eine
gerechte, ja heilige Sache, die Wohlfahrt, vielleicht die
Existenz des eigenen Volks auf's Spiel zu setzen, um
einem fremden König seine Krone zu retten. Ich zwei¬
felte auch nicht an einem raschen Sieg der sieggewohn¬
ten preußischen Armee und es war mir eine genug¬
thuende Vorstellung, die Tochter Maria Theresia's
durch den Erben Friedrichs wieder in ihre Rechte ein¬
geführt zu sehen. Ich verhehlte mir überdies nicht,
daß die Mannesschule für meinen jungen Freund allein

ſtellung des ſouveränen Thrones für ein Kinderſpiel
erklärt, er hatte jetzt tauſend Bedenken, welche das
gefliſſentliche Zaudern in ſeinen Augen bemäntelten.
Der Zwieſpalt der verbündeten Kabinette, der im
eigenen preußiſchen Lager, die Wahl des Braunſchwei¬
gers ſtatt des Königs zum Oberfeldherrn, die unfer¬
tige Rüſtung, die Verſpätung für einen Sommerfeld¬
zug — alles Bedenken, welche die Folgezeit nur gar
zu ſchmerzlich gerechtfertigt hat! Dieſem feurigen
Jünglingsmuthe aber waren ſie angekünſtelt und ein¬
geklügelt, weil es eine Macht gab, die ihn zurückhielt,
eben ſo ſtark, wie die, welche ihn vorwärts trieb.

Ich theilte die Auffaſſung meiner Lebensgenoſſen
über die Natur dieſes Krieges. Ich hielt es für eine
gerechte, ja heilige Sache, die Wohlfahrt, vielleicht die
Exiſtenz des eigenen Volks auf's Spiel zu ſetzen, um
einem fremden König ſeine Krone zu retten. Ich zwei¬
felte auch nicht an einem raſchen Sieg der ſieggewohn¬
ten preußiſchen Armee und es war mir eine genug¬
thuende Vorſtellung, die Tochter Maria Thereſia's
durch den Erben Friedrichs wieder in ihre Rechte ein¬
geführt zu ſehen. Ich verhehlte mir überdies nicht,
daß die Mannesſchule für meinen jungen Freund allein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0268" n="261"/>
&#x017F;tellung des &#x017F;ouveränen Thrones für ein Kinder&#x017F;piel<lb/>
erklärt, er hatte jetzt tau&#x017F;end Bedenken, welche das<lb/>
gefli&#x017F;&#x017F;entliche Zaudern in &#x017F;einen Augen bemäntelten.<lb/>
Der Zwie&#x017F;palt der verbündeten Kabinette, der im<lb/>
eigenen preußi&#x017F;chen Lager, die Wahl des Braun&#x017F;chwei¬<lb/>
gers &#x017F;tatt des Königs zum Oberfeldherrn, die unfer¬<lb/>
tige Rü&#x017F;tung, die Ver&#x017F;pätung für einen Sommerfeld¬<lb/>
zug &#x2014; alles Bedenken, welche die Folgezeit nur gar<lb/>
zu &#x017F;chmerzlich gerechtfertigt hat! Die&#x017F;em feurigen<lb/>
Jünglingsmuthe aber waren &#x017F;ie angekün&#x017F;telt und ein¬<lb/>
geklügelt, weil es eine Macht gab, die ihn zurückhielt,<lb/>
eben &#x017F;o &#x017F;tark, wie die, welche ihn vorwärts trieb.</p><lb/>
        <p>Ich theilte die Auffa&#x017F;&#x017F;ung meiner Lebensgeno&#x017F;&#x017F;en<lb/>
über die Natur die&#x017F;es Krieges. Ich hielt es für eine<lb/>
gerechte, ja heilige Sache, die Wohlfahrt, vielleicht die<lb/>
Exi&#x017F;tenz des eigenen Volks auf's Spiel zu &#x017F;etzen, um<lb/>
einem fremden König &#x017F;eine Krone zu retten. Ich zwei¬<lb/>
felte auch nicht an einem ra&#x017F;chen Sieg der &#x017F;ieggewohn¬<lb/>
ten preußi&#x017F;chen Armee und es war mir eine genug¬<lb/>
thuende Vor&#x017F;tellung, die Tochter Maria There&#x017F;ia's<lb/>
durch den Erben Friedrichs wieder in ihre Rechte ein¬<lb/>
geführt zu &#x017F;ehen. Ich verhehlte mir überdies nicht,<lb/>
daß die Mannes&#x017F;chule für meinen jungen Freund allein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0268] ſtellung des ſouveränen Thrones für ein Kinderſpiel erklärt, er hatte jetzt tauſend Bedenken, welche das gefliſſentliche Zaudern in ſeinen Augen bemäntelten. Der Zwieſpalt der verbündeten Kabinette, der im eigenen preußiſchen Lager, die Wahl des Braunſchwei¬ gers ſtatt des Königs zum Oberfeldherrn, die unfer¬ tige Rüſtung, die Verſpätung für einen Sommerfeld¬ zug — alles Bedenken, welche die Folgezeit nur gar zu ſchmerzlich gerechtfertigt hat! Dieſem feurigen Jünglingsmuthe aber waren ſie angekünſtelt und ein¬ geklügelt, weil es eine Macht gab, die ihn zurückhielt, eben ſo ſtark, wie die, welche ihn vorwärts trieb. Ich theilte die Auffaſſung meiner Lebensgenoſſen über die Natur dieſes Krieges. Ich hielt es für eine gerechte, ja heilige Sache, die Wohlfahrt, vielleicht die Exiſtenz des eigenen Volks auf's Spiel zu ſetzen, um einem fremden König ſeine Krone zu retten. Ich zwei¬ felte auch nicht an einem raſchen Sieg der ſieggewohn¬ ten preußiſchen Armee und es war mir eine genug¬ thuende Vorſtellung, die Tochter Maria Thereſia's durch den Erben Friedrichs wieder in ihre Rechte ein¬ geführt zu ſehen. Ich verhehlte mir überdies nicht, daß die Mannesſchule für meinen jungen Freund allein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/268
Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/268>, abgerufen am 14.05.2024.