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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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"Ob Fräulein Hardine dazumal noch eine Mutter
gehabt hat, weiß ich nicht. Das aber weiß ich, daß
es nicht die Stimme einer alten Frau gewesen ist,
die da hinter dem Ofen jammerte. Weit eher die
eines kleinen, bekümmerten Kindes. Aber höre nur
weiter, Lisette.

"Du bist zum Soldaten noch zu jung, August,"
sagte der Probst. "Auch muß das Schicksal unseres
Vaterlandes erst entschieden sein. Möchtest Du für
den Napoleon kämpfen, wie die Deutschen draußen
im Reich?" -- Nein! -- antwortete ich, -- aber
überall gegen ihn. -- Und zum zweiten Male drückte
mir Fräulein Hardine stumm die Hand.

"Die Zeit kann kommen, mein Sohn," versetzte
der Probst. "Für den Augenblick gilt es zu warten.
Erhalten wir Frieden und bleibt alles beim Alten,
darfst Du nimmer an den Soldaten denken. Du bist
nicht von dem Stande, um Officier zu werden, und
als Gemeiner ertrügst Du's nicht bei Deiner Sinnes¬
art. Die laufen noch Spießruthen. Möchtest Du
Dich peitschen lassen, August?" Ich ballte statt aller
Antwort nur die Faust. Der Probst aber fuhr fort:

"Du hast Dich immer in den Wald zurückgesehnt.
Wie wär's mit einem Jägersmann, mein Sohn?" --

„Ob Fräulein Hardine dazumal noch eine Mutter
gehabt hat, weiß ich nicht. Das aber weiß ich, daß
es nicht die Stimme einer alten Frau geweſen iſt,
die da hinter dem Ofen jammerte. Weit eher die
eines kleinen, bekümmerten Kindes. Aber höre nur
weiter, Liſette.

„Du biſt zum Soldaten noch zu jung, Auguſt,“
ſagte der Probſt. „Auch muß das Schickſal unſeres
Vaterlandes erſt entſchieden ſein. Möchteſt Du für
den Napoleon kämpfen, wie die Deutſchen draußen
im Reich?“ — Nein! — antwortete ich, — aber
überall gegen ihn. — Und zum zweiten Male drückte
mir Fräulein Hardine ſtumm die Hand.

„Die Zeit kann kommen, mein Sohn,“ verſetzte
der Probſt. „Für den Augenblick gilt es zu warten.
Erhalten wir Frieden und bleibt alles beim Alten,
darfſt Du nimmer an den Soldaten denken. Du biſt
nicht von dem Stande, um Officier zu werden, und
als Gemeiner ertrügſt Du's nicht bei Deiner Sinnes¬
art. Die laufen noch Spießruthen. Möchteſt Du
Dich peitſchen laſſen, Auguſt?“ Ich ballte ſtatt aller
Antwort nur die Fauſt. Der Probſt aber fuhr fort:

„Du haſt Dich immer in den Wald zurückgeſehnt.
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[22/0029] „Ob Fräulein Hardine dazumal noch eine Mutter gehabt hat, weiß ich nicht. Das aber weiß ich, daß es nicht die Stimme einer alten Frau geweſen iſt, die da hinter dem Ofen jammerte. Weit eher die eines kleinen, bekümmerten Kindes. Aber höre nur weiter, Liſette. „Du biſt zum Soldaten noch zu jung, Auguſt,“ ſagte der Probſt. „Auch muß das Schickſal unſeres Vaterlandes erſt entſchieden ſein. Möchteſt Du für den Napoleon kämpfen, wie die Deutſchen draußen im Reich?“ — Nein! — antwortete ich, — aber überall gegen ihn. — Und zum zweiten Male drückte mir Fräulein Hardine ſtumm die Hand. „Die Zeit kann kommen, mein Sohn,“ verſetzte der Probſt. „Für den Augenblick gilt es zu warten. Erhalten wir Frieden und bleibt alles beim Alten, darfſt Du nimmer an den Soldaten denken. Du biſt nicht von dem Stande, um Officier zu werden, und als Gemeiner ertrügſt Du's nicht bei Deiner Sinnes¬ art. Die laufen noch Spießruthen. Möchteſt Du Dich peitſchen laſſen, Auguſt?“ Ich ballte ſtatt aller Antwort nur die Fauſt. Der Probſt aber fuhr fort: „Du haſt Dich immer in den Wald zurückgeſehnt. Wie wär's mit einem Jägersmann, mein Sohn?“ —

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/29>, abgerufen am 21.11.2024.