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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.

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tigen, schleppenden Gewandes und die Strahlen der
sinkenden Sonne spiegelten sich in einem Diadem über
dem vollen, schwarzen Haar. Der Herr sprach mit
Eifer; ernst und gedankenvoll hörte die Dame zu.

In der Nähe des Laubenganges stand sie still.
Sie schien eine Antwort zu suchen, legte den Arm auf
eine Vase; in welcher eine Aloe ein verkümmertes Ur¬
alter fristete und wendete bei dieser Bewegung das
volle Gesicht dem heimlichen Lauscher zu.

Alle Vorsätze der Zurückhaltung, alle beklemmende
Scheu waren jählings verschwunden. "Fräulein Har¬
dine!" schrie er auf. "Sie ist es! ja, das ist Fräulein
Hardine!" Er stürzte aus der Laube und mit ausge¬
streckter Hand der Dame entgegen.


So haben wir denn das, was wir zu Anfang ein
Geheimniß genannt, nebelartig aus losen Erinnerungen,
so gleichsam aus dem Hauche eines Namens aufsteigen
und sich in vorlauten, eigennützigen Deutungen immer
dichter und dichter herandrängen sehen, bis es als eine
drohende Wetterwolke über dem Haupte Fräulein Har¬
dinens hing. Ueber dem Haupte einer Frau, die wir
als die Schöpferin unseres heimathlichen Wohlstandes
verehrten, die in ihre mit männlicher Kraft und Aus¬

tigen, ſchleppenden Gewandes und die Strahlen der
ſinkenden Sonne ſpiegelten ſich in einem Diadem über
dem vollen, ſchwarzen Haar. Der Herr ſprach mit
Eifer; ernſt und gedankenvoll hörte die Dame zu.

In der Nähe des Laubenganges ſtand ſie ſtill.
Sie ſchien eine Antwort zu ſuchen, legte den Arm auf
eine Vaſe; in welcher eine Aloe ein verkümmertes Ur¬
alter friſtete und wendete bei dieſer Bewegung das
volle Geſicht dem heimlichen Lauſcher zu.

Alle Vorſätze der Zurückhaltung, alle beklemmende
Scheu waren jählings verſchwunden. „Fräulein Har¬
dine!“ ſchrie er auf. „Sie iſt es! ja, das iſt Fräulein
Hardine!“ Er ſtürzte aus der Laube und mit ausge¬
ſtreckter Hand der Dame entgegen.


So haben wir denn das, was wir zu Anfang ein
Geheimniß genannt, nebelartig aus loſen Erinnerungen,
ſo gleichſam aus dem Hauche eines Namens aufſteigen
und ſich in vorlauten, eigennützigen Deutungen immer
dichter und dichter herandrängen ſehen, bis es als eine
drohende Wetterwolke über dem Haupte Fräulein Har¬
dinens hing. Ueber dem Haupte einer Frau, die wir
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[73/0080] tigen, ſchleppenden Gewandes und die Strahlen der ſinkenden Sonne ſpiegelten ſich in einem Diadem über dem vollen, ſchwarzen Haar. Der Herr ſprach mit Eifer; ernſt und gedankenvoll hörte die Dame zu. In der Nähe des Laubenganges ſtand ſie ſtill. Sie ſchien eine Antwort zu ſuchen, legte den Arm auf eine Vaſe; in welcher eine Aloe ein verkümmertes Ur¬ alter friſtete und wendete bei dieſer Bewegung das volle Geſicht dem heimlichen Lauſcher zu. Alle Vorſätze der Zurückhaltung, alle beklemmende Scheu waren jählings verſchwunden. „Fräulein Har¬ dine!“ ſchrie er auf. „Sie iſt es! ja, das iſt Fräulein Hardine!“ Er ſtürzte aus der Laube und mit ausge¬ ſtreckter Hand der Dame entgegen. So haben wir denn das, was wir zu Anfang ein Geheimniß genannt, nebelartig aus loſen Erinnerungen, ſo gleichſam aus dem Hauche eines Namens aufſteigen und ſich in vorlauten, eigennützigen Deutungen immer dichter und dichter herandrängen ſehen, bis es als eine drohende Wetterwolke über dem Haupte Fräulein Har¬ dinens hing. Ueber dem Haupte einer Frau, die wir als die Schöpferin unſeres heimathlichen Wohlſtandes verehrten, die in ihre mit männlicher Kraft und Aus¬

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin01_1871/80>, abgerufen am 22.11.2024.