François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 1. Berlin, 1871.ter drein bis dicht in ihre Nähe geschlichen, und jetzt "Meine Großmutter Hardine," sagte das Kind. Auch das hörte das stolze Fräulein mit an; sie "Schweig, Hardine!" herrschte jetzt der Invalid Damit wendete er sich zum Gehen. Nach ein ter drein bis dicht in ihre Nähe geſchlichen, und jetzt „Meine Großmutter Hardine,“ ſagte das Kind. Auch das hörte das ſtolze Fräulein mit an; ſie „Schweig, Hardine!“ herrſchte jetzt der Invalid Damit wendete er ſich zum Gehen. Nach ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0084" n="77"/> ter drein bis dicht in ihre Nähe geſchlichen, und jetzt<lb/> von einer Gruppe mitleidiger oder neugieriger Gäſte<lb/> umringt worden war. „Wie heißt Du?“ fragte eine<lb/> Dame. „Hardine,“ murmelte die Kleine. Es folgte<lb/> noch eine weitere Examination, auf welche ſie mit ſtumpf¬<lb/> ſinniger Gleichgültigkeit den Kopf ſchüttelte. Endlich:<lb/> „Was wollt Ihr, wen ſucht Ihr hier?“</p><lb/> <p>„Meine Großmutter Hardine,“ ſagte das Kind.</p><lb/> <p>Auch <hi rendition="#g">das</hi> hörte das ſtolze Fräulein mit an; ſie<lb/> ſah die verblüfften Mienen der hohen Geſellſchaft und<lb/> — ſie ſchwieg. Sie ſchien wie erſtarrt oder in ferne<lb/> Erinnerungen verloren.</p><lb/> <p>„Schweig, Hardine!“ herrſchte jetzt der Invalid<lb/> ſeine Tochter an, indem er ſie mit Gewalt aus der<lb/> Gruppe zog. „Schweig und komm! Gott iſt ein Va¬<lb/> ter der Waiſen. Es wird anderwärts barmherzigere<lb/> Seelen geben.“</p><lb/> <p>Damit wendete er ſich zum Gehen. Nach ein<lb/> Paar Schritten aber ſah man einen bleifarbenen<lb/> Schatten über ſeine Züge fliegen. Er ſchauderte zu¬<lb/> ſammen und klammerte ſich zitternd an das Lauben¬<lb/> gitter. Auf einen Wink des Fräuleins eilte der Pre¬<lb/> diger ihm zu Hülfe; ſein Sohn, der uns ſchon be¬<lb/> kannte Gymnaſiaſt, ſprang zwiſchen den Hecken her¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0084]
ter drein bis dicht in ihre Nähe geſchlichen, und jetzt
von einer Gruppe mitleidiger oder neugieriger Gäſte
umringt worden war. „Wie heißt Du?“ fragte eine
Dame. „Hardine,“ murmelte die Kleine. Es folgte
noch eine weitere Examination, auf welche ſie mit ſtumpf¬
ſinniger Gleichgültigkeit den Kopf ſchüttelte. Endlich:
„Was wollt Ihr, wen ſucht Ihr hier?“
„Meine Großmutter Hardine,“ ſagte das Kind.
Auch das hörte das ſtolze Fräulein mit an; ſie
ſah die verblüfften Mienen der hohen Geſellſchaft und
— ſie ſchwieg. Sie ſchien wie erſtarrt oder in ferne
Erinnerungen verloren.
„Schweig, Hardine!“ herrſchte jetzt der Invalid
ſeine Tochter an, indem er ſie mit Gewalt aus der
Gruppe zog. „Schweig und komm! Gott iſt ein Va¬
ter der Waiſen. Es wird anderwärts barmherzigere
Seelen geben.“
Damit wendete er ſich zum Gehen. Nach ein
Paar Schritten aber ſah man einen bleifarbenen
Schatten über ſeine Züge fliegen. Er ſchauderte zu¬
ſammen und klammerte ſich zitternd an das Lauben¬
gitter. Auf einen Wink des Fräuleins eilte der Pre¬
diger ihm zu Hülfe; ſein Sohn, der uns ſchon be¬
kannte Gymnaſiaſt, ſprang zwiſchen den Hecken her¬
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