François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.Eben so ruhig ließ sie sich darauf, meinem stum¬ "Faber," so sagte sie, "befand sich seit Wochen "Ich mußte mich seinem Willen füge n," fuhr sie Eben ſo ruhig ließ ſie ſich darauf, meinem ſtum¬ „Faber,“ ſo ſagte ſie, „befand ſich ſeit Wochen „Ich mußte mich ſeinem Willen füge n,“ fuhr ſie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0137" n="133"/> <p>Eben ſo ruhig ließ ſie ſich darauf, meinem ſtum¬<lb/> men Winke folgend, wieder nieder, und nachdem ich<lb/> neben ihr Platz genommen hatte, erklärte ſie, ohne<lb/> meine Aufforderung abzuwarten, ihr überraſchendes<lb/> Erſcheinen. Sie that es mit klaren, knappen Wor¬<lb/> ten, wie man berichtet, nicht wie man erzählt. Ihr<lb/> Laut war reiner, der Ausdruck reifer geworden, aber<lb/> der ſilberne Lerchenklang der Stimme drang wie durch<lb/> einen Flor.</p><lb/> <p>„Faber,“ ſo ſagte ſie, „befand ſich ſeit Wochen<lb/> im Gefolge des Königs bei der Armee. Ich konnte<lb/> ohne Entdeckung, und wenn entdeckt, ohne Aufſehen,<lb/> eine Reiſe in die Heimath wagen, wegen der Zukunft<lb/> des Knaben Verabredungen treffen, vielleicht ihn ſehen.<lb/> Von der letzten Station ab ging ich zu Fuße nach<lb/> der Anſtalt. Es war Abend geworden. Der Probſt<lb/> verweigerte es, mich heute noch, kurz vor Schlafen¬<lb/> gehen, einen Blick auf den Knaben wer fen zu laſſen.<lb/> Es werde auffallen; Ahnungen, Erinner ungen, Ent¬<lb/> deckungen wecken. Der Knabe dürfe nicht an eine<lb/> Mutter denken, die ihm weder einen Va ter nennen,<lb/> noch ihn in ein Elternhaus führen könne.</p><lb/> <p>„Ich mußte mich ſeinem Willen füge n,“ fuhr ſie<lb/> nach einer Pauſe mit faſt eiſiger Star rheit fort.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [133/0137]
Eben ſo ruhig ließ ſie ſich darauf, meinem ſtum¬
men Winke folgend, wieder nieder, und nachdem ich
neben ihr Platz genommen hatte, erklärte ſie, ohne
meine Aufforderung abzuwarten, ihr überraſchendes
Erſcheinen. Sie that es mit klaren, knappen Wor¬
ten, wie man berichtet, nicht wie man erzählt. Ihr
Laut war reiner, der Ausdruck reifer geworden, aber
der ſilberne Lerchenklang der Stimme drang wie durch
einen Flor.
„Faber,“ ſo ſagte ſie, „befand ſich ſeit Wochen
im Gefolge des Königs bei der Armee. Ich konnte
ohne Entdeckung, und wenn entdeckt, ohne Aufſehen,
eine Reiſe in die Heimath wagen, wegen der Zukunft
des Knaben Verabredungen treffen, vielleicht ihn ſehen.
Von der letzten Station ab ging ich zu Fuße nach
der Anſtalt. Es war Abend geworden. Der Probſt
verweigerte es, mich heute noch, kurz vor Schlafen¬
gehen, einen Blick auf den Knaben wer fen zu laſſen.
Es werde auffallen; Ahnungen, Erinner ungen, Ent¬
deckungen wecken. Der Knabe dürfe nicht an eine
Mutter denken, die ihm weder einen Va ter nennen,
noch ihn in ein Elternhaus führen könne.
„Ich mußte mich ſeinem Willen füge n,“ fuhr ſie
nach einer Pauſe mit faſt eiſiger Star rheit fort.
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