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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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"Sie werden eines Tages reich sein, sehr reich,
Fräulein Hardine, -- bald vielleicht. -- Aber für den
Augenblick, -- bei der Verwirrung im Lande, -- wenn
Sie vielleicht -- vielleicht -- --"

Ich schüttelte ablehnend den Kopf.

"Sie sollen das Darlehn nicht von mir annehmen,
Fräulein Hardine, Sie würden es nicht, ich weiß es.
Aber -- von Ihm. Er erwirbt so viel und achtet
es so wenig. Er braucht so wenig. Sie würden ihn
glücklich machen, Fräulein Hardine."

"Nein, Dorothee, -- rief ich übereilt, -- nein.
Von Dir dürfte ich ein Darlehn annehmen, eine
Unterstützung, wenn ich ihrer bedürfte. Von Ihm --
nimmermehr!" --

Ich sah sie erbleichen und bereute die böse Mah¬
nung, die mir unwillkürlich entschlüpft war. Ich zog
sie an mein Herz, küßte sie zum ersten Male im Leben
und wir trennten uns ohne weiteres Wort. Wenige
Minuten später hörte ich den Postwagen vorüberrollen.
Bei der allgemeinen Verwirrung hatte niemand in der
verhüllten, schweigsamen Reisenden, die vielbeneidete
einstige Mitbürgerin erkannt. Ihr flüchtiger Heimaths¬
besuch ist ein Geheimniß geblieben.

Auch der Probst konnte in dieser drangvollen

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„Sie werden eines Tages reich ſein, ſehr reich,
Fräulein Hardine, — bald vielleicht. — Aber für den
Augenblick, — bei der Verwirrung im Lande, — wenn
Sie vielleicht — vielleicht — —“

Ich ſchüttelte ablehnend den Kopf.

„Sie ſollen das Darlehn nicht von mir annehmen,
Fräulein Hardine, Sie würden es nicht, ich weiß es.
Aber — von Ihm. Er erwirbt ſo viel und achtet
es ſo wenig. Er braucht ſo wenig. Sie würden ihn
glücklich machen, Fräulein Hardine.“

„Nein, Dorothee, — rief ich übereilt, — nein.
Von Dir dürfte ich ein Darlehn annehmen, eine
Unterſtützung, wenn ich ihrer bedürfte. Von Ihm —
nimmermehr!“ —

Ich ſah ſie erbleichen und bereute die böſe Mah¬
nung, die mir unwillkürlich entſchlüpft war. Ich zog
ſie an mein Herz, küßte ſie zum erſten Male im Leben
und wir trennten uns ohne weiteres Wort. Wenige
Minuten ſpäter hörte ich den Poſtwagen vorüberrollen.
Bei der allgemeinen Verwirrung hatte niemand in der
verhüllten, ſchweigſamen Reiſenden, die vielbeneidete
einſtige Mitbürgerin erkannt. Ihr flüchtiger Heimaths¬
beſuch iſt ein Geheimniß geblieben.

Auch der Probſt konnte in dieſer drangvollen

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[147/0151] „Sie werden eines Tages reich ſein, ſehr reich, Fräulein Hardine, — bald vielleicht. — Aber für den Augenblick, — bei der Verwirrung im Lande, — wenn Sie vielleicht — vielleicht — —“ Ich ſchüttelte ablehnend den Kopf. „Sie ſollen das Darlehn nicht von mir annehmen, Fräulein Hardine, Sie würden es nicht, ich weiß es. Aber — von Ihm. Er erwirbt ſo viel und achtet es ſo wenig. Er braucht ſo wenig. Sie würden ihn glücklich machen, Fräulein Hardine.“ „Nein, Dorothee, — rief ich übereilt, — nein. Von Dir dürfte ich ein Darlehn annehmen, eine Unterſtützung, wenn ich ihrer bedürfte. Von Ihm — nimmermehr!“ — Ich ſah ſie erbleichen und bereute die böſe Mah¬ nung, die mir unwillkürlich entſchlüpft war. Ich zog ſie an mein Herz, küßte ſie zum erſten Male im Leben und wir trennten uns ohne weiteres Wort. Wenige Minuten ſpäter hörte ich den Poſtwagen vorüberrollen. Bei der allgemeinen Verwirrung hatte niemand in der verhüllten, ſchweigſamen Reiſenden, die vielbeneidete einſtige Mitbürgerin erkannt. Ihr flüchtiger Heimaths¬ beſuch iſt ein Geheimniß geblieben. Auch der Probſt konnte in dieſer drangvollen 10*

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/151>, abgerufen am 24.11.2024.