François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.ich, ich weiß nicht wie lange; das Leben dünkte mich Endlich raffte ich mich auf und tastete mich nach Es war die Todespost, die ihr der alte Freund Eine dunkle Stimme warnte mich, die Eltern oder Und was empfand die spröde, achtzehnjährige ich, ich weiß nicht wie lange; das Leben dünkte mich Endlich raffte ich mich auf und taſtete mich nach Es war die Todespoſt, die ihr der alte Freund Eine dunkle Stimme warnte mich, die Eltern oder Und was empfand die ſpröde, achtzehnjährige <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0019" n="15"/> ich, ich weiß nicht wie lange; das Leben dünkte mich<lb/> eine Nacht, undurchdringlich als die, welche mich umfing.</p><lb/> <p>Endlich raffte ich mich auf und taſtete mich nach<lb/> meiner Thür. Da ſah ich einen hellen Streifen durch<lb/> die Spalte der Nebenſtube fallen, und — Thörin, die<lb/> ich geweſen! ſah mich aus dem Reiche des Grabes<lb/> ſchon wieder inmitten der bewegenden Fluth. Denn<lb/> ich erinnerte mich an Eine, der wahrhaftiger als mir<lb/> des Lebens Leuchte erloſchen war.</p><lb/> <p>Es war die Todespoſt, die ihr der alte Freund<lb/> als eine Freudenpoſt gereicht hatte und tödtlich ſchien<lb/> der Streich, der für ſie ſo jach getroffen. Sie lag<lb/> kalt und ſteif am Boden ausgeſtreckt; in der krampf¬<lb/> haft geballten Hand den Brief Siegmund Fabers. Die<lb/> tiefe Schnuppe des Lichts zeigte wie lange ſie in dieſer<lb/> Erſtarrung hingebracht hatte, und wohl ahnte mir das<lb/> jammervolle Daſein, zu welchem ich ſie erwecken ſollte.</p><lb/> <p>Eine dunkle Stimme warnte mich, die Eltern oder<lb/> Diener um Beiſtand herbeizurufen. Ich trug ſie auf<lb/> ihr Bett, löſte die einengenden Schnüre und — —</p><lb/> <p>Und was empfand die ſpröde, achtzehnjährige<lb/> Ehrenhardine vor der Enthüllung, die ſie nicht geahnt<lb/> hatte und doch mit Blitzesſchärfe verſtand? Erbarmen,<lb/> Empörung, Haß? Schrie ſie Wehe über die Sün¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [15/0019]
ich, ich weiß nicht wie lange; das Leben dünkte mich
eine Nacht, undurchdringlich als die, welche mich umfing.
Endlich raffte ich mich auf und taſtete mich nach
meiner Thür. Da ſah ich einen hellen Streifen durch
die Spalte der Nebenſtube fallen, und — Thörin, die
ich geweſen! ſah mich aus dem Reiche des Grabes
ſchon wieder inmitten der bewegenden Fluth. Denn
ich erinnerte mich an Eine, der wahrhaftiger als mir
des Lebens Leuchte erloſchen war.
Es war die Todespoſt, die ihr der alte Freund
als eine Freudenpoſt gereicht hatte und tödtlich ſchien
der Streich, der für ſie ſo jach getroffen. Sie lag
kalt und ſteif am Boden ausgeſtreckt; in der krampf¬
haft geballten Hand den Brief Siegmund Fabers. Die
tiefe Schnuppe des Lichts zeigte wie lange ſie in dieſer
Erſtarrung hingebracht hatte, und wohl ahnte mir das
jammervolle Daſein, zu welchem ich ſie erwecken ſollte.
Eine dunkle Stimme warnte mich, die Eltern oder
Diener um Beiſtand herbeizurufen. Ich trug ſie auf
ihr Bett, löſte die einengenden Schnüre und — —
Und was empfand die ſpröde, achtzehnjährige
Ehrenhardine vor der Enthüllung, die ſie nicht geahnt
hatte und doch mit Blitzesſchärfe verſtand? Erbarmen,
Empörung, Haß? Schrie ſie Wehe über die Sün¬
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