François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.gekehrten oder sehnsüchtig schweifenden Blicken, daß Und immer, immer sah sie doch an jeder Wand ein Bildniß noch Von einem Menschen, der verschwand und ihr als Kind das Herz entwand. Um so mehr war ich daher überrascht, als sie "Unsern Hofmeister? Bewirbt er sich denn um "Er hat mich seit meiner Kinderzeit lieb gehabt, "Und Du?" Sie schüttelte die Locken mit einem unaussprech¬ gekehrten oder ſehnſüchtig ſchweifenden Blicken, daß Und immer, immer ſah ſie doch an jeder Wand ein Bildniß noch Von einem Menſchen, der verſchwand und ihr als Kind das Herz entwand. Um ſo mehr war ich daher überraſcht, als ſie „Unſern Hofmeiſter? Bewirbt er ſich denn um „Er hat mich ſeit meiner Kinderzeit lieb gehabt, „Und Du?“ Sie ſchüttelte die Locken mit einem unausſprech¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0061" n="57"/> gekehrten oder ſehnſüchtig ſchweifenden Blicken, daß<lb/> der kurze Sommerrauſch des Glücks nicht erloſchen<lb/> ſei und jedes nüchterne Nachſpiel dämpfe.</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Und immer, immer ſah ſie doch an jeder Wand ein Bildniß noch</l><lb/> <l>Von einem Menſchen, der verſchwand und ihr als Kind das<lb/><hi rendition="#et">Herz entwand.</hi></l><lb/> </lg> <p>Um ſo mehr war ich daher überraſcht, als ſie<lb/> jetzt auf meine Frage: Was ſie über die Zukunft ihres<lb/> Sohnes beſchloſſen habe? mit niedergeſchlagenen Augen<lb/> antwortete: „Wenn ich den Taube heirathete, Fräu¬<lb/> lein Hardine?“</p><lb/> <p>„Unſern Hofmeiſter? Bewirbt er ſich denn um<lb/> Dich, Dorothee?“</p><lb/> <p>„Er hat mich ſeit meiner Kinderzeit lieb gehabt,<lb/> und es mir vor wenig Tagen geſtanden.“</p><lb/> <p>„Und Du?“</p><lb/> <p>Sie ſchüttelte die Locken mit einem unausſprech¬<lb/> lichen Ausdruck von Wehmuth und ſtolzer Erinnerung.<lb/> „Lieben ich?“ rief ſie mit einem Schauder. „O nie¬<lb/> mals, niemals wieder! Aber,“ ſetzte ſie nach einer<lb/> Pauſe gelaſſen hinzu, „aber ich würde friedlich mit<lb/> ihm leben und er würde meinem Knaben ein guter<lb/> Vater ſein.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [57/0061]
gekehrten oder ſehnſüchtig ſchweifenden Blicken, daß
der kurze Sommerrauſch des Glücks nicht erloſchen
ſei und jedes nüchterne Nachſpiel dämpfe.
Und immer, immer ſah ſie doch an jeder Wand ein Bildniß noch
Von einem Menſchen, der verſchwand und ihr als Kind das
Herz entwand.
Um ſo mehr war ich daher überraſcht, als ſie
jetzt auf meine Frage: Was ſie über die Zukunft ihres
Sohnes beſchloſſen habe? mit niedergeſchlagenen Augen
antwortete: „Wenn ich den Taube heirathete, Fräu¬
lein Hardine?“
„Unſern Hofmeiſter? Bewirbt er ſich denn um
Dich, Dorothee?“
„Er hat mich ſeit meiner Kinderzeit lieb gehabt,
und es mir vor wenig Tagen geſtanden.“
„Und Du?“
Sie ſchüttelte die Locken mit einem unausſprech¬
lichen Ausdruck von Wehmuth und ſtolzer Erinnerung.
„Lieben ich?“ rief ſie mit einem Schauder. „O nie¬
mals, niemals wieder! Aber,“ ſetzte ſie nach einer
Pauſe gelaſſen hinzu, „aber ich würde friedlich mit
ihm leben und er würde meinem Knaben ein guter
Vater ſein.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |