François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.Weibes Gatte werden. Welch mildere Täuschung aber Doch beschlossen wir, den Fall unserem treuen "Ich spreche Ihnen, mein Kind," so ließ der Weibes Gatte werden. Welch mildere Täuſchung aber Doch beſchloſſen wir, den Fall unſerem treuen „Ich ſpreche Ihnen, mein Kind,“ ſo ließ der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="59"/> Weibes Gatte werden. Welch mildere Täuſchung aber<lb/> hätte ſich für ihn finden laſſen, als die lange Getreue<lb/> endlich einem natürlichen Berufe gefolgt zu ſehen.<lb/> Ich wußte demnach nichts Stichhaltiges einzuwenden,<lb/> inſofern ſich wirklich ein Mann fand, der ſeine Ehre<lb/> nicht durch die bewußte Unehre ſeiner Frau beleidigt fand.<lb/></p> <p>Doch beſchloſſen wir, den Fall unſerem treuen<lb/> Gewiſſensrathe vorzulegen und machten uns auf den<lb/> Weg nach dem Kloſter.</p><lb/> <p>„Ich ſpreche Ihnen, mein Kind,“ ſo ließ der<lb/> Probſt ſich vernehmen, „die Berechtigung zur Freiheit<lb/> nicht ab, und ich für mein Theil würde den Mann<lb/> nicht tadeln, der dem geliebten Weibe einen Fehltritt<lb/> vergiebt und mit ihr vereint ſich bemüht, deſſen Wir¬<lb/> kungen auf Andere in Segen zu verwandeln. Ich<lb/> habe aber Grund zu glauben, daß unſer hohes Con¬<lb/> ſiſtorium dieſe Auffaſſung nicht theilt. Die Gegen¬<lb/> wart des Knaben brächte vorausſichtlich Ihr Geheim¬<lb/> niß an's Licht, Ihr Mann würde aus ſeinem Lehr¬<lb/> amte ſcheiden müſſen, dem einzigen, zu dem er gebil¬<lb/> det und berufen iſt.“ „Wir würden ſtill auf dem<lb/> Lande leben und — ich bin nicht unbemittelt, Hoch¬<lb/> würden,“ ſtammelte Dorothee, den Purpur der Scham<lb/> auf den Wangen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [59/0063]
Weibes Gatte werden. Welch mildere Täuſchung aber
hätte ſich für ihn finden laſſen, als die lange Getreue
endlich einem natürlichen Berufe gefolgt zu ſehen.
Ich wußte demnach nichts Stichhaltiges einzuwenden,
inſofern ſich wirklich ein Mann fand, der ſeine Ehre
nicht durch die bewußte Unehre ſeiner Frau beleidigt fand.
Doch beſchloſſen wir, den Fall unſerem treuen
Gewiſſensrathe vorzulegen und machten uns auf den
Weg nach dem Kloſter.
„Ich ſpreche Ihnen, mein Kind,“ ſo ließ der
Probſt ſich vernehmen, „die Berechtigung zur Freiheit
nicht ab, und ich für mein Theil würde den Mann
nicht tadeln, der dem geliebten Weibe einen Fehltritt
vergiebt und mit ihr vereint ſich bemüht, deſſen Wir¬
kungen auf Andere in Segen zu verwandeln. Ich
habe aber Grund zu glauben, daß unſer hohes Con¬
ſiſtorium dieſe Auffaſſung nicht theilt. Die Gegen¬
wart des Knaben brächte vorausſichtlich Ihr Geheim¬
niß an's Licht, Ihr Mann würde aus ſeinem Lehr¬
amte ſcheiden müſſen, dem einzigen, zu dem er gebil¬
det und berufen iſt.“ „Wir würden ſtill auf dem
Lande leben und — ich bin nicht unbemittelt, Hoch¬
würden,“ ſtammelte Dorothee, den Purpur der Scham
auf den Wangen.
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