Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

Hardine! wann kommt Fräulein Hardine?"" -- ""Wir
erwarten sie bis Mitte nächster Woche, liebe Dorothee,""
-- beruhigte sie Adelheid und ließ die Brautleute
allein. --

-- "Unten angekommen, sagte sie zu mir: ""Das
arme Mädchen ist über die Maßen bestürzt, Eberhard.
Mehr als ein Kopfnicken und Schütteln wird ihr auch im
tete a tete nicht abzuschmeicheln sein. Was Wunder
aber auch? Der Mann ist ihr in acht Jahren ein
Fremder geworden; ja, als Mann betrachtet, ihr auch
vorher nur ein Fremder gewesen. Nun über Hals
und Kopf: Wiedersehen, Hochzeit, Abreise, eine gänz¬
lich neue Welt, und alles das ohne die getreue Be¬
ratherin, unsere Tochter Hardine."" --

-- "Ich bin der Ansicht, Probst: nichts hilft einem
Menschen gemüthlicher über eine verlegene Situation
als im Kreise guter Freunde eine heitere Tafelei, und
Adelheid und ich waren daher auch auf der Stelle
einig, das Beste, was Küche und Keller boten, eilig
zu einem Bewillkommnungsschmause aufzutischen. Kaum
daß ein Stündchen vergangen war, stieg ich die Treppe
hinauf, die Gäste zu unserem Extempore einzuladen.
Ich machte der Braut, die noch immer die Sprache
nicht wiedergefunden zu haben schien, meine Gratu¬

Hardine! wann kommt Fräulein Hardine?““ — „„Wir
erwarten ſie bis Mitte nächſter Woche, liebe Dorothee,““
— beruhigte ſie Adelheid und ließ die Brautleute
allein. —

— „Unten angekommen, ſagte ſie zu mir: „„Das
arme Mädchen iſt über die Maßen beſtürzt, Eberhard.
Mehr als ein Kopfnicken und Schütteln wird ihr auch im
tête à tête nicht abzuſchmeicheln ſein. Was Wunder
aber auch? Der Mann iſt ihr in acht Jahren ein
Fremder geworden; ja, als Mann betrachtet, ihr auch
vorher nur ein Fremder geweſen. Nun über Hals
und Kopf: Wiederſehen, Hochzeit, Abreiſe, eine gänz¬
lich neue Welt, und alles das ohne die getreue Be¬
ratherin, unſere Tochter Hardine.““ —

— „Ich bin der Anſicht, Probſt: nichts hilft einem
Menſchen gemüthlicher über eine verlegene Situation
als im Kreiſe guter Freunde eine heitere Tafelei, und
Adelheid und ich waren daher auch auf der Stelle
einig, das Beſte, was Küche und Keller boten, eilig
zu einem Bewillkommnungsſchmauſe aufzutiſchen. Kaum
daß ein Stündchen vergangen war, ſtieg ich die Treppe
hinauf, die Gäſte zu unſerem Extemporé einzuladen.
Ich machte der Braut, die noch immer die Sprache
nicht wiedergefunden zu haben ſchien, meine Gratu¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0088" n="84"/>
Hardine! wann kommt Fräulein Hardine?&#x201C;&#x201C; &#x2014; &#x201E;&#x201E;Wir<lb/>
erwarten &#x017F;ie bis Mitte näch&#x017F;ter Woche, liebe Dorothee,&#x201C;&#x201C;<lb/>
&#x2014; beruhigte &#x017F;ie Adelheid und ließ die Brautleute<lb/>
allein. &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Unten angekommen, &#x017F;agte &#x017F;ie zu mir: &#x201E;&#x201E;Das<lb/>
arme Mädchen i&#x017F;t über die Maßen be&#x017F;türzt, Eberhard.<lb/>
Mehr als ein Kopfnicken und Schütteln wird ihr auch im<lb/><hi rendition="#aq">tête à tête</hi> nicht abzu&#x017F;chmeicheln &#x017F;ein. Was Wunder<lb/>
aber auch? Der Mann i&#x017F;t ihr in acht Jahren ein<lb/>
Fremder geworden; ja, als Mann betrachtet, ihr auch<lb/>
vorher nur ein Fremder gewe&#x017F;en. Nun über Hals<lb/>
und Kopf: Wieder&#x017F;ehen, Hochzeit, Abrei&#x017F;e, eine gänz¬<lb/>
lich neue Welt, und alles das ohne die getreue Be¬<lb/>
ratherin, un&#x017F;ere Tochter Hardine.&#x201C;&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Ich bin der An&#x017F;icht, Prob&#x017F;t: nichts hilft einem<lb/>
Men&#x017F;chen gemüthlicher über eine verlegene Situation<lb/>
als im Krei&#x017F;e guter Freunde eine heitere Tafelei, und<lb/>
Adelheid und ich waren daher auch auf der Stelle<lb/>
einig, das Be&#x017F;te, was Küche und Keller boten, eilig<lb/>
zu einem Bewillkommnungs&#x017F;chmau&#x017F;e aufzuti&#x017F;chen. Kaum<lb/>
daß ein Stündchen vergangen war, &#x017F;tieg ich die Treppe<lb/>
hinauf, die Gä&#x017F;te zu un&#x017F;erem Extemporé einzuladen.<lb/>
Ich machte der Braut, die noch immer die Sprache<lb/>
nicht wiedergefunden zu haben &#x017F;chien, meine Gratu¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0088] Hardine! wann kommt Fräulein Hardine?““ — „„Wir erwarten ſie bis Mitte nächſter Woche, liebe Dorothee,““ — beruhigte ſie Adelheid und ließ die Brautleute allein. — — „Unten angekommen, ſagte ſie zu mir: „„Das arme Mädchen iſt über die Maßen beſtürzt, Eberhard. Mehr als ein Kopfnicken und Schütteln wird ihr auch im tête à tête nicht abzuſchmeicheln ſein. Was Wunder aber auch? Der Mann iſt ihr in acht Jahren ein Fremder geworden; ja, als Mann betrachtet, ihr auch vorher nur ein Fremder geweſen. Nun über Hals und Kopf: Wiederſehen, Hochzeit, Abreiſe, eine gänz¬ lich neue Welt, und alles das ohne die getreue Be¬ ratherin, unſere Tochter Hardine.““ — — „Ich bin der Anſicht, Probſt: nichts hilft einem Menſchen gemüthlicher über eine verlegene Situation als im Kreiſe guter Freunde eine heitere Tafelei, und Adelheid und ich waren daher auch auf der Stelle einig, das Beſte, was Küche und Keller boten, eilig zu einem Bewillkommnungsſchmauſe aufzutiſchen. Kaum daß ein Stündchen vergangen war, ſtieg ich die Treppe hinauf, die Gäſte zu unſerem Extemporé einzuladen. Ich machte der Braut, die noch immer die Sprache nicht wiedergefunden zu haben ſchien, meine Gratu¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/88
Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/88>, abgerufen am 21.11.2024.