Adelheid und ich mit gespanntem Ohr gelauscht haben. --
-- "Aber freilich ein Anderes sind ein Paar im Grunde doch fremde alte Leute und ein Anderes eine junge bängliche Braut. Die arme, kleine Dorl saß stumm und blaß, Hände und Blicke im Schoß und berührte keinen Bissen noch Tropfen. Eigentlich kam es mir vor, als hätte sie von all' den Mordgeschichten und Geschäften nicht ein Sterbenswort gehört und ganz an was anderes dabei gedacht. Der Erzähler aber dankte ihr dieses angstvolle Erstarren im Rück¬ blick auf die Gefahren, die er fern von ihr durchlebt hatte. Er drückte ihr die Hand und schwenkte geschickt in ein Gebiet, in welchem das schwächlichste Frauen¬ zimmer sich allezeit erholt. Die revolutionairen Damen¬ moden wurden auf's Tapet gebracht; das gesellige Treiben, erst in Paris, dann in Berlin; Namen wurden genannt, als die von Gönnern und Freunden, bei deren Klange dem vormaligen Schenkjüngferchen wohl das Herz im Leibe lachen konnte; und als endlich gar der eigene Hausstand an die Reihe kam, als einer Beletage unter den Linden, der Bedienten, Wagen und Pferde wie selbstverständlicher Dinge Erwähnung ge¬ schah, Freund, da hätten Sie sehen sollen, wie unser
Adelheid und ich mit geſpanntem Ohr gelauſcht haben. —
— „Aber freilich ein Anderes ſind ein Paar im Grunde doch fremde alte Leute und ein Anderes eine junge bängliche Braut. Die arme, kleine Dorl ſaß ſtumm und blaß, Hände und Blicke im Schoß und berührte keinen Biſſen noch Tropfen. Eigentlich kam es mir vor, als hätte ſie von all’ den Mordgeſchichten und Geſchäften nicht ein Sterbenswort gehört und ganz an was anderes dabei gedacht. Der Erzähler aber dankte ihr dieſes angſtvolle Erſtarren im Rück¬ blick auf die Gefahren, die er fern von ihr durchlebt hatte. Er drückte ihr die Hand und ſchwenkte geſchickt in ein Gebiet, in welchem das ſchwächlichſte Frauen¬ zimmer ſich allezeit erholt. Die revolutionairen Damen¬ moden wurden auf’s Tapet gebracht; das geſellige Treiben, erſt in Paris, dann in Berlin; Namen wurden genannt, als die von Gönnern und Freunden, bei deren Klange dem vormaligen Schenkjüngferchen wohl das Herz im Leibe lachen konnte; und als endlich gar der eigene Hausſtand an die Reihe kam, als einer Beletage unter den Linden, der Bedienten, Wagen und Pferde wie ſelbſtverſtändlicher Dinge Erwähnung ge¬ ſchah, Freund, da hätten Sie ſehen ſollen, wie unſer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0090"n="86"/>
Adelheid und ich mit geſpanntem Ohr gelauſcht<lb/>
haben. —</p><lb/><p>—„Aber freilich ein Anderes ſind ein Paar im<lb/>
Grunde doch fremde alte Leute und ein Anderes eine<lb/>
junge bängliche Braut. Die arme, kleine Dorl ſaß<lb/>ſtumm und blaß, Hände und Blicke im Schoß und<lb/>
berührte keinen Biſſen noch Tropfen. Eigentlich kam<lb/>
es mir vor, als hätte ſie von all’ den Mordgeſchichten<lb/>
und Geſchäften nicht ein Sterbenswort gehört und<lb/>
ganz an was anderes dabei gedacht. Der Erzähler<lb/>
aber dankte ihr dieſes angſtvolle Erſtarren im Rück¬<lb/>
blick auf die Gefahren, die er fern von ihr durchlebt<lb/>
hatte. Er drückte ihr die Hand und ſchwenkte geſchickt<lb/>
in ein Gebiet, in welchem das ſchwächlichſte Frauen¬<lb/>
zimmer ſich allezeit erholt. Die revolutionairen Damen¬<lb/>
moden wurden auf’s Tapet gebracht; das geſellige<lb/>
Treiben, erſt in Paris, dann in Berlin; Namen wurden<lb/>
genannt, als die von Gönnern und Freunden, bei<lb/>
deren Klange dem vormaligen Schenkjüngferchen wohl<lb/>
das Herz im Leibe lachen konnte; und als endlich gar<lb/>
der eigene Hausſtand an die Reihe kam, als einer<lb/>
Beletage unter den Linden, der Bedienten, Wagen und<lb/>
Pferde wie ſelbſtverſtändlicher Dinge Erwähnung ge¬<lb/>ſchah, Freund, da hätten Sie ſehen ſollen, wie unſer<lb/></p></div></body></text></TEI>
[86/0090]
Adelheid und ich mit geſpanntem Ohr gelauſcht
haben. —
— „Aber freilich ein Anderes ſind ein Paar im
Grunde doch fremde alte Leute und ein Anderes eine
junge bängliche Braut. Die arme, kleine Dorl ſaß
ſtumm und blaß, Hände und Blicke im Schoß und
berührte keinen Biſſen noch Tropfen. Eigentlich kam
es mir vor, als hätte ſie von all’ den Mordgeſchichten
und Geſchäften nicht ein Sterbenswort gehört und
ganz an was anderes dabei gedacht. Der Erzähler
aber dankte ihr dieſes angſtvolle Erſtarren im Rück¬
blick auf die Gefahren, die er fern von ihr durchlebt
hatte. Er drückte ihr die Hand und ſchwenkte geſchickt
in ein Gebiet, in welchem das ſchwächlichſte Frauen¬
zimmer ſich allezeit erholt. Die revolutionairen Damen¬
moden wurden auf’s Tapet gebracht; das geſellige
Treiben, erſt in Paris, dann in Berlin; Namen wurden
genannt, als die von Gönnern und Freunden, bei
deren Klange dem vormaligen Schenkjüngferchen wohl
das Herz im Leibe lachen konnte; und als endlich gar
der eigene Hausſtand an die Reihe kam, als einer
Beletage unter den Linden, der Bedienten, Wagen und
Pferde wie ſelbſtverſtändlicher Dinge Erwähnung ge¬
ſchah, Freund, da hätten Sie ſehen ſollen, wie unſer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/90>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.