Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.ich's gleich!" Er erhob das Messer, das er aus der "Ich bleibe!" rief es da dicht neben ihm und Eine warme Thräne fiel auf seine Hand. "Weinst Du um mich?" sagte er ganz leise, Und vor seinem innern Auge stieg die schönste, "Ach, wie wohl!" seufzte er; "nun möcht' ich "Ich bleibe da." "Wirst Du auch nicht weg sein, wenn ich auf¬ "Gewiß nicht." Ein tiefer Seufzer der Erleichterung belohnte sie. ich's gleich!“ Er erhob das Meſſer, das er aus der „Ich bleibe!“ rief es da dicht neben ihm und Eine warme Thräne fiel auf ſeine Hand. „Weinſt Du um mich?“ ſagte er ganz leiſe, Und vor ſeinem innern Auge ſtieg die ſchönſte, „Ach, wie wohl!“ ſeufzte er; „nun möcht' ich „Ich bleibe da.“ „Wirſt Du auch nicht weg ſein, wenn ich auf¬ „Gewiß nicht.“ Ein tiefer Seufzer der Erleichterung belohnte ſie. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0101" n="85"/> ich's gleich!“ Er erhob das Meſſer, das er aus der<lb/> Lederſcheide gezogen hatte.</p><lb/> <p>„Ich bleibe!“ rief es da dicht neben ihm und<lb/> dann ſchmeichelnd: „Geben Sie mir das Meſſer, bis<lb/> — bis der Arzt dageweſen iſt!“</p><lb/> <p>Eine warme Thräne fiel auf ſeine Hand.</p><lb/> <p>„Weinſt Du um mich?“ ſagte er ganz leiſe,<lb/> „ach wie gut biſt Du! wie gut! wie gut.“</p><lb/> <p>Und vor ſeinem innern Auge ſtieg die ſchönſte,<lb/> die rührendſte Geſtalt auf, in der er ſie geſehen, die<lb/> tröſtende Gottheit mit der Erquickungsſchale.</p><lb/> <p>„Ach, wie wohl!“ ſeufzte er; „nun möcht' ich<lb/> ſchlafen! Aber — bleibſt Du auch da?“</p><lb/> <p>„Ich bleibe da.“</p><lb/> <p>„Wirſt Du auch nicht weg ſein, wenn ich auf¬<lb/> wache?“</p><lb/> <p>„Gewiß nicht.“</p><lb/> <p>Ein tiefer Seufzer der Erleichterung belohnte ſie.<lb/> Dann ſchien wirklich der Schlaf zu kommen. Doch<lb/> blieb der Schmerzenszug um den Mund ſtehen und<lb/> machte das Geſicht älter und reifer für die Augen<lb/> der Beſchauerin, die ſich im tiefen Weh darauf hef¬<lb/> teten. Als er ſich nicht rührte, ging ſie durch das<lb/> verdunkelte Zimmer bis zur offenen Thür des Nach¬<lb/> barraums, aus dem das Tageslicht drang, und ſetzte<lb/> ſich auf einen Stuhl dort an der Schwelle. Ein<lb/> Haufen dichten dunkelgrünen Stoffs lag auf einem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [85/0101]
ich's gleich!“ Er erhob das Meſſer, das er aus der
Lederſcheide gezogen hatte.
„Ich bleibe!“ rief es da dicht neben ihm und
dann ſchmeichelnd: „Geben Sie mir das Meſſer, bis
— bis der Arzt dageweſen iſt!“
Eine warme Thräne fiel auf ſeine Hand.
„Weinſt Du um mich?“ ſagte er ganz leiſe,
„ach wie gut biſt Du! wie gut! wie gut.“
Und vor ſeinem innern Auge ſtieg die ſchönſte,
die rührendſte Geſtalt auf, in der er ſie geſehen, die
tröſtende Gottheit mit der Erquickungsſchale.
„Ach, wie wohl!“ ſeufzte er; „nun möcht' ich
ſchlafen! Aber — bleibſt Du auch da?“
„Ich bleibe da.“
„Wirſt Du auch nicht weg ſein, wenn ich auf¬
wache?“
„Gewiß nicht.“
Ein tiefer Seufzer der Erleichterung belohnte ſie.
Dann ſchien wirklich der Schlaf zu kommen. Doch
blieb der Schmerzenszug um den Mund ſtehen und
machte das Geſicht älter und reifer für die Augen
der Beſchauerin, die ſich im tiefen Weh darauf hef¬
teten. Als er ſich nicht rührte, ging ſie durch das
verdunkelte Zimmer bis zur offenen Thür des Nach¬
barraums, aus dem das Tageslicht drang, und ſetzte
ſich auf einen Stuhl dort an der Schwelle. Ein
Haufen dichten dunkelgrünen Stoffs lag auf einem
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