Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.begriff erinnert. "Und wo ist denn das Dummerl?" Emerenz sah das Fräulein ganz verwundert an, Die Nachbarkinder schoben einander vorwärts, Sie stieg mit ihrem Schützling in seine alte begriff erinnert. „Und wo iſt denn das Dummerl?“ Emerenz ſah das Fräulein ganz verwundert an, Die Nachbarkinder ſchoben einander vorwärts, Sie ſtieg mit ihrem Schützling in ſeine alte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0142" n="126"/> begriff erinnert. „Und wo iſt denn das Dummerl?“<lb/> Ja, das zierliche Kätzchen war ein Rieſenkater gewor¬<lb/> den und wild obendrein, und es war aus dem Eiſen¬<lb/> bahnwagen wieder hinaus und in die Holzſtälle und<lb/> Scheunen zurück geſprungen, drin es ſich ſo lange<lb/> getummelt hatte. „Dem hat's in Schliers zu gut ge¬<lb/> fallen, das kommt nimmer.“</p><lb/> <p>Emerenz ſah das Fräulein ganz verwundert an,<lb/> das klang arg gleichgültig.</p><lb/> <p>Die Nachbarkinder ſchoben einander vorwärts,<lb/> dem Fräulein Marianne zu. Sie faßte auch all die<lb/> kleinen, nicht durchweg reinen Pfötchen, die ſich ihr<lb/> entgegenſtreckten, aber ſonſt hatte ſie dabei ein freund¬<lb/> liches Wort für ſie gehabt, ein Streicheln übers<lb/> Haar, eine Frage nach den Eltern; heute ſah ſie die<lb/> Kleinen zerſtreut an, und das Häuflein ſtarrte ihr<lb/> enttäuſcht nach — es war nichts von Bretzeln oder<lb/> Zwetſchen vorgekommen.</p><lb/> <p>Sie ſtieg mit ihrem Schützling in ſeine alte<lb/> Wohnung und machte es ihm dort behaglich, ehe ſie<lb/> ſich in ihr eignes Quartier im Hauſe gegenüber be¬<lb/> gab. Mit einem gewiſſen Wohlgefühl ſetzte ſich Al¬<lb/> fred wieder auf das kleine ſteife Sopha, — hier<lb/> hatte er glückliche, hoffnungsvolle Stunden verbracht,<lb/> hier hatte er Marianne zum erſten Mal ſingen hören.<lb/> Wie war doch ſein Leben ſo zu einem Traum zer¬<lb/> ronnen! —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [126/0142]
begriff erinnert. „Und wo iſt denn das Dummerl?“
Ja, das zierliche Kätzchen war ein Rieſenkater gewor¬
den und wild obendrein, und es war aus dem Eiſen¬
bahnwagen wieder hinaus und in die Holzſtälle und
Scheunen zurück geſprungen, drin es ſich ſo lange
getummelt hatte. „Dem hat's in Schliers zu gut ge¬
fallen, das kommt nimmer.“
Emerenz ſah das Fräulein ganz verwundert an,
das klang arg gleichgültig.
Die Nachbarkinder ſchoben einander vorwärts,
dem Fräulein Marianne zu. Sie faßte auch all die
kleinen, nicht durchweg reinen Pfötchen, die ſich ihr
entgegenſtreckten, aber ſonſt hatte ſie dabei ein freund¬
liches Wort für ſie gehabt, ein Streicheln übers
Haar, eine Frage nach den Eltern; heute ſah ſie die
Kleinen zerſtreut an, und das Häuflein ſtarrte ihr
enttäuſcht nach — es war nichts von Bretzeln oder
Zwetſchen vorgekommen.
Sie ſtieg mit ihrem Schützling in ſeine alte
Wohnung und machte es ihm dort behaglich, ehe ſie
ſich in ihr eignes Quartier im Hauſe gegenüber be¬
gab. Mit einem gewiſſen Wohlgefühl ſetzte ſich Al¬
fred wieder auf das kleine ſteife Sopha, — hier
hatte er glückliche, hoffnungsvolle Stunden verbracht,
hier hatte er Marianne zum erſten Mal ſingen hören.
Wie war doch ſein Leben ſo zu einem Traum zer¬
ronnen! —
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