Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.sam plaudernde Frau zu und sah sie langsam den Er fragte, was aus dem Mädchen und ihrer "'s wird Ihne Ihr Schätzle sei'," sagte die Frau Michel verzog zornig das Gesicht. "D' Wahrheit wird scho a' Tag komme," ſam plaudernde Frau zu und ſah ſie langſam den Er fragte, was aus dem Mädchen und ihrer „'s wird Ihne Ihr Schätzle ſei',“ ſagte die Frau Michel verzog zornig das Geſicht. „D' Wahrheit wird ſcho a’ Tag komme,“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0188" n="172"/> ſam plaudernde Frau zu und ſah ſie langſam den<lb/> Faden durch den Stoff ziehen; der „kleine Riß“ war<lb/> leider ſehr beträchtlich, und dumpfe Beſchämung und<lb/> drückende Sorge überfielen ihn. Was hatte er im<lb/> Jähzorn alles aufs Spiel geſetzt! Er war ja ſchwe¬<lb/> rer Strafe verfallen, wenn es irgendwie bekannt<lb/> wurde, daß er von ſeiner Waffe Gebrauch gemacht.</p><lb/> <p>Er fragte, was aus dem Mädchen und ihrer<lb/> Begleiterin geworden, aber die Frau wußte davon<lb/> nichts; als ſie ihn herübertrugen, war jedenfalls kein<lb/> Mädchen mehr dageweſen. „’s iſcht e kreuzbraves<lb/> Mädele,“ ſagte er zutraulich zu der Frau, während<lb/> er, die Hände auf dem Rücken verſchränkt, neben ihr<lb/> ſtand und Stich um Stich verfolgte, „und e arg netts<lb/> G’ſicht, i ben miter b'kannt,“ er ſtockte und wurde<lb/> roth, „da muß ebe e Mißverſtändniß ſtecke?“</p><lb/> <p>„'s wird Ihne Ihr Schätzle ſei',“ ſagte die Frau<lb/> und blinzelte ihm pfiffig zu, „aber mer lobt keine',<lb/> außer er brauch es, jo!“</p><lb/> <p>Michel verzog zornig das Geſicht.</p><lb/> <p>„D' Wahrheit wird ſcho a’ Tag komme,“<lb/> brummte er. „Wieviel Uhr iſcht no?“ Und als er<lb/> hörte, daß es kaum halb neun geſchlagen habe, hellte<lb/> ſich ſeine Miene auf. So war noch nichts verſäumt,<lb/> und er konnte Monika noch heute ſprechen. Er beſah<lb/> die nicht eben glänzend geheilte Wunde ſeines Uniform¬<lb/> rockes, — zum Glück war da ein Soldat, ein gelern¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [172/0188]
ſam plaudernde Frau zu und ſah ſie langſam den
Faden durch den Stoff ziehen; der „kleine Riß“ war
leider ſehr beträchtlich, und dumpfe Beſchämung und
drückende Sorge überfielen ihn. Was hatte er im
Jähzorn alles aufs Spiel geſetzt! Er war ja ſchwe¬
rer Strafe verfallen, wenn es irgendwie bekannt
wurde, daß er von ſeiner Waffe Gebrauch gemacht.
Er fragte, was aus dem Mädchen und ihrer
Begleiterin geworden, aber die Frau wußte davon
nichts; als ſie ihn herübertrugen, war jedenfalls kein
Mädchen mehr dageweſen. „’s iſcht e kreuzbraves
Mädele,“ ſagte er zutraulich zu der Frau, während
er, die Hände auf dem Rücken verſchränkt, neben ihr
ſtand und Stich um Stich verfolgte, „und e arg netts
G’ſicht, i ben miter b'kannt,“ er ſtockte und wurde
roth, „da muß ebe e Mißverſtändniß ſtecke?“
„'s wird Ihne Ihr Schätzle ſei',“ ſagte die Frau
und blinzelte ihm pfiffig zu, „aber mer lobt keine',
außer er brauch es, jo!“
Michel verzog zornig das Geſicht.
„D' Wahrheit wird ſcho a’ Tag komme,“
brummte er. „Wieviel Uhr iſcht no?“ Und als er
hörte, daß es kaum halb neun geſchlagen habe, hellte
ſich ſeine Miene auf. So war noch nichts verſäumt,
und er konnte Monika noch heute ſprechen. Er beſah
die nicht eben glänzend geheilte Wunde ſeines Uniform¬
rockes, — zum Glück war da ein Soldat, ein gelern¬
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